1. Bundesliga
Oktober-Kracher: Gummersbach gegen Füchse, BHC in Magdeburg
Dem VfL fehlen nur Kleinigkeiten beim 26:28 gegen die Löwen. Bergischer HC behält beim 33:30 gegen Göppingen die Nerven.

Der mit dem festen Blick: Julian Köster ging mit viel Leidenschaft als gutes Beispiel voran: Gummersbachs Kapitän war mit sechs Toren diesmal auch der beste Werfer des VfL. Kurz vor Schluss sah der Kapitän dann, als die Partie bereits entschieden war, nach der dritten Zeitstrafe noch die Rote Karte. (Foto: Thomas Wirczikowski).

Sie sind beide bereit für die ganz großen Aufgaben. Und beide bekommen sie auch. Womit sie auf keinen Fall rechnen dürfen: Dass die Gegner, die jeweils zur Elite in Handball-Deutschland gehören, ihnen etwas leichtfertig überlassen oder sie gar unterschätzen. Dafür ist das, was der VfL Gummersbach und der Bergische HC in den vergangenen Wochen anzubieten hatten, einfach zu überzeugend. Dass die Gummersbacher jetzt nach vier Siegen hintereinander mit dem 26:28 beim Pokalsieger Rhein-Neckar Löwen mal wieder eine Niederlage hinnehmen mussten, ändert wenig daran, dass ihnen nach dem durchwachsenen Saisonstart (3:7 Punkte) inzwischen längst (wieder) jeder Gegner mit dem höchsten Respekt begegnet. Außerdem kam das Team von Trainer Jamal Naji bei den Löwen bis zum 23:23 in der 52. Minute erneut für etwas Zählbares in Frage. Tatsächlich gaben vor allem ein paar Kleinigkeiten den Ausschlag und mit 11:9 Punkten ist der VfL als Sechster direkt hinter den Löwen (11:7) immer noch ein Mitglied des oberen Tabellendrittels. Das erlaubt den Gummersbachern nun erst recht den Griff ins oberste handballerische Regal – falls das nach dem Duell mit den Löwen überhaupt möglich ist. Gegner sind aber am Freitagabend die Füchse aus Berlin. Das heißt: Der Tabellenführer kommt, die einzige Mannschaft in der höchsten deutschen Klasse, die nach zehn Runden mit 20:0 Punkten über eine weiße Weste verfügt. Ein Grund dafür ist die bisher herausragende Offensiv-Leistung der Füchse, deren Durchschnitt pro Partie bei 34,4 erzielten Treffern liegt. Dass ihre beiden Top-Dänen Matthias Gidsel (75 Treffer) und Lasse Andersen (67) in der Bundesliga-Torschützenliste auf den Plätzen eins und vier liegen, passt ins Bild.

Die Augen werden sich viele auch beim Blick auf den Bergischen HC reiben – vermutlich sogar bei den Fans des mit seiner Führung in Solingen angesiedelten Vereins, der seine Heimspiele allerdings in Wuppertal und Düsseldorf austrägt. Den irritierenden/unglücklichen Start in die Saison mit 0:8 Punkten korrigierte das Team von Trainer Jamal Naji zunächst ausgerechnet durch ein 33:27 in Gummersbach. Es folgten ein 29:31 gegen die Rhein-Neckar Löwen und ein 28:33 bei der SG Flensburg-Handewitt – was trotz der Niederlagen ein Stück weit als Nachweis für einen Aufschwung gelten konnte. Das Beste (jedenfalls ergebnistechnisch) lieferte der BHC allerdings erst im Oktober und nach drei Aufgaben dort ist er im Herbst 2023 ungeschlagen. Erst gab es das 31:30 gegen den damals ungeschlagenen Ersten MT Melsungen (mittlerweile Dritter), dann das 32:28 bei der HSG Wetzlar und nun praktisch als dritten Streich den hart erarbeiteten 33:30-Sieg über Frisch Auf Göppingen. Weil Göppingen (Zwölfter/7:13) wie Wetzlar (Rang 15/6:12) zu den direkten Konkurrenten im Kampf um mehr Sicherheit gehört, war dieser Erfolg sogar doppelt wertvoll. Er lässt den BHC der nächsten Aufgabe ein bisschen gelassener entgegensehen und anspruchsvoll genug ist die bevorstehende Hürde tatsächlich: Am Sonntag geht es zum Tabellenzweiten SC Magdeburg (17:3), dessen Empfehlungen alleine aus der jüngeren Vergangenheit beeindruckend sind. Nach der Deutschen Meisterschaft 2022 folgte 2023 der Triumph in der Champions League. Dass es in der 1. Bundesliga gleichzeitig „nur“ zur Vizemeisterschaft reichte, werden sie inzwischen rund um den Hexenkessel „Getec Arena“ weggesteckt haben.

Gummersbach machte den Löwen das Leben über weite Strecken schwer und ließ sich selbst vom 4:7 (11.) nicht aus der Bahn werfen. Dass die Gastgeber anschließend fünf Minuten ohne weiteren Treffer blieben und der VfL zunächst zum 7:7 (16.) ausgleichen konnte, lag vor allem an der starken Kombination aus der kompakten Deckung und einem guten Torhüter Tibor Ivanisevic (elf Paraden/Quote an abgewehrten Würfen bei 34,38 Prozent). „Wir haben die beste Abwehrleistung in dieser Saison gezeigt“, fand Trainer Gudjon Valur Sigurdsson sogar. Mit dem 13:12 (26.) von Lukas Blohme ging Gummersbach vor der Pause zum ersten Mal in Führung, die es aber bis zum 13:14 (30.) am Ende der ersten Halbzeit nicht halten konnte. Beim 16:19 (38.) schien den Gästen der Abend zu entgleiten, doch sie antworteten noch einmal und glichen aus – 21:21 (47.), 23:23 (52.). Erst die 3:0-Serie zum 26:23 (57.) machte anschließend den Weg der Gastgeber zum Erfolg frei, der für Sigurdsson auch in Ordnung ging: „Das war ein verdienter Sieg der Löwen am Ende. Ich bin eigentlich zufrieden mit der Leistung meiner Jungs heute, wir haben haben den Löwen das Leben ein bisschen schwer machen können. Im Angriff machen wir ein bisschen zu viele Fehler – insgesamt 14 technische Fehler. Das ist deutlich zu hoch, um hier etwas zu holen. Wir müssen vielleicht aus einigen Situationen lernen gegen Ende des Spiels, wo wir vielleicht etwas zu naiv sind.“

Der BHC hatte auf gleich vier Stammkräfte zu verzichten – neben Tom Kare Nikolaisen, der verletzt schon seit Wochen fehlt, standen Torhüter Christopher Rudeck (Muskel-Bündelriss), Alexander Weck (Knie) und Djibril M’Bengue (krank) auf der Liste der Ausfälle. Weil Louis Oberosler (noch angeschlagen), der dritte Torhüter, ebenfalls nicht zur Verfügung stand, holte Naji für den Fall der Fälle den Nachwuchs-Keeper Roman Babic (18) aus der A-Jugend in den Kader. Daran lag es allerdings sicher nicht, dass der BHC gegen ebenfalls nicht in bester Besetzung angetretene Göppinger (ohne die Rückraumspieler Tobias Ellebaek und Josip Sarac) mit 0:3 (4.) in Rückstand geriet und erst nach dem 7:11 (21.) besser in die Partie fand. Übers 14:14 (30.) nach der ersten Halbzeit legten die Gastgeber sogar das 17:14 (33.) vor und sie schienen bald endgültig auf dem Weg zu einem Sieg zu sein – 24:20 (41.), 25:21 (43.). Göppingen kämpfte sich aber auf 26:27 (48.) und 27:28 (50.) heran, bevor es der BHC nach der nächsten Vier-Tore-Führung beim 31:27 (52.) erneut spannend machte. Erst nach dem 31:30 (56.) sorgte Najis Team in der von vielen Fehlern geprägten Schlussphase für die Entscheidung: Noah Beyer (Siebenmeter) und Tim Nothdurft trafen jeweils in der 60. Minute zum 32:30 und 33:30. „Der gute Start in die zweite Halbzeit war sehr wichtig, aber genau so wichtig war es, dass wir das Spiel in der ersten Hälfte noch ausgleichen“, stellte Naji fest, „zur Wahrheit gehört auch, dass das Spiel beim 31:30 wieder kippen kann. Das zeigt, dass uns eine gewisse Reife noch fehlt. Wir waren mit vier vorne und sehr dominant – da müssen wir den Sack zumachen. Letztlich sind wir sehr froh, dass wir gewonnen haben.“

 

Bergischer HC – Frisch Auf Göppingen 33:30 (14;14).

Bergischer HC: Johannesson, Babic – Beyer (2/2), Persson, Scholtes (4), Nothdurft (6), Ladefoged (2), Andersen (4), Fraatz (4), Babak, Arnesson (1), Morante Maldonado (4), Stutzke (3), Santos, Seesing (3).

 

Rhein-Neckar Löwen – VfL Gummersbach 28:26 (14:13).

VfL Gummersbach: Rebmann, Ivanisevic – Vidarsson, Kodrin (3), Vujovic (2/2), J. Köster (6), Blohme (4), Häseler, Schluroff (4), Tskhovrebadze (2), Mappes, Pregler (1), Horzen (4), Kiesler, Zeman.