3. Liga
Derby im Dorf: Gewinnen unmöglich für Aldekerk?
TVA ist Außenseiter gegen die Eagles. Panther haben eigenes "Spitzenspiel". Longerich und Opladen kämpfen um obere Hälfte, Interaktiv will noch mehr Sicherheit.

Enteilt? Stanko Sabljic (mit Ball) und seine Ratinger hatten zumindest am vergangenen Wochenende in Aldekerk mit dem 34:30 definitiv das bessere Ende für sich. Roman Grützner (links) und Jonas Mumme (Nummer 2) rennen dem rettenden Ufer mit dem TVA im Moment tatsächlich hinterher. (Foto: Herbert Mölleken)

Krasser könnten die Gegensätze doch kaum sein. Der eine steht auf der Sonnenseite des Handball-Lebens, obwohl er am vergangenen Wochenende mit dem 29:31 im Spitzenspiel beim TuS Ferndorf die erste Niederlage in dieser Saison hinnehmen und die Tabellenführung an die Gastgeber aus Kreuztal abgeben musste. Mit ihren 14:2 Punkten ist die HSG Krefeld Niederrhein jetzt „nur“ noch Zweiter hinter dem TuS (15:1) und grundsätzlich trotzdem weiter im Soll. Der andere mag derlei „Probleme“ wohl sehr gerne haben, sieht sich aber mit einer viel härteren Realität konfrontiert – und schafft es derzeit einfach nicht, sich wenigstens ein Stück aus dem Keller der Tabelle zu befreien. Dort scheint der TV Aldekerk (Vorletzter/2:14) erst recht nach dem 30:34 im Heimspiel gegen den Aufsteiger Interaktiv.Handball mehr denn je auf einem der Abstiegsplätze festgenagelt zu sein. Daraus ergibt sich ganz logisch: Fürs Duell der Nachbarn gegen Krefeld, mit der die 3. Liga Süd-West am Freitagabend in der natürlich bereits ausverkauften Vogteihalle den neunten Spieltag einläutet, gilt der TVA als größer möglicher Außenseiter und die HSG als größter möglicher Favorit. Was wohl einzig und alleine für den Gastgeber Aldekerk spricht: Er war nach der Pleite gegen Interaktiv enttäuscht, bitter enttäuscht sogar – und denkt trotz aller Probleme tatsächlich nicht daran, sich in eine trüb-herbstliche Situation zu begeben und sich dort selbst zu bemitleiden. „Wir haben gegen Krefeld nichts zu verlieren und wir können frisch und fromm aufspielen“, findet der spielende Trainer Tim Gentges, „in der jetzigen Situation müssen einfach mit Spaß spielen und das Ganze genießen.“

Dass die Aldekerker 2022/2023 als damaliger Aufsteiger zum Teil völlig losgelöst durch die Saison segelten, scheint Lichtjahre zurückzuliegen, doch sie erinnern sich noch ganz gerne dran – etwa ans packende 30:32 zu Hause gegen die Eagles und erst recht ans 32:32 in Krefeld, als Sjuul Rutten vier Sekunden vor dem Ende den in der Summe verdienten Ausgleich herstellte. Gentges geht natürlich nicht ernsthaft davon aus, dass der TVA die Eagles diesmal ähnlich in Bedrängnis bringen wird. Er erhofft sich in erster Linie eine attraktive Leistung der Hausherren: „Wir müssen – vom Ergebnis unabhängig – das bestmögliche Spiel auf die Platte bringen. Viele Spieler, die mit ihrer Leistung selber nicht zufrieden sind, kann das auch beflügeln, wenn ihnen gegen solch eine Top-Mannschaft eine gute Aktion gelingt. Darum ist dieses Spiel in meinen Augen auch eine Chance, sich neues Selbstbewusstsein zu holen und die Leichtigkeit wiederzufinden. Wir müssen die Sachen abfeiern, die wir uns erarbeiten, vorne wie hinten. Jeder rechnet damit, dass uns Krefeld schlägt – und deutlich schlägt. Vielleicht können wir ja einen Punkt davon tilgen.“ Das wäre aus einer Sicht ein echter Hoffnungsschimmer und gleichzeitig eine Art Dank an die Fans, deren nicht nachlassende Unterstützung bei Team und Trainer für eine Gänsehaut sorgt. „Wir stehen mit zwei Punkten auf der Habenseite – und die Leute kommen immer noch“, sagt Gentges, „das ganze Dorf steht hinter uns. Das zeigt, dass wir als Mannschaft vieles richtig machen, aber es nur noch nicht in Punkte umgesetzt haben.“ Womit die Hausherren allerdings nicht kalkulieren dürfen: Dass Krefeld seine Aufgabe unterschätzt.

Vor einem besonderen Spitzenspiel stehen die Bergischen Panther – obwohl sie keine realitätsnahe Idee haben, in der etwa die Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga vorkommt. Die beiden Plätze, die zur Teilnahme dort berechtigen, scheinen ja wenigstens im Augenblick irgendwie für Ferndorf und Krefeld reserviert zu sein. Dahinter ist das Team von Trainer Marcel Mutz trotz einer bisher nicht ruckelfreien Saison als Vierter mit 10:6 Punkten ein ernsthafter Kandidat für den dritten Platz, den momentan die HSG Rodgau Nieder-Roden einnimmt (11:5). Weil genau jener Kontrahent aus Südhessen jetzt zu den Panthern kommt, geht es um Rang drei hinter einem fast unerreichbaren Terrain – und durch einen Sieg könnten sich die Gastgeber an Nieder-Roden vorbeischieben. Wie eng die beiden Kontrahenten beieinanderliegen, zeigt das Torverhältnis von jeweils plus 13 – 268:255 bei Nieder-Roden, 226:213 bei den Panthern. Damit treffen gleichzeitig der aktuell beste Angriff und die momentan beste Abwehr der 3. Liga Süd-West aufeinander. Geht es nach der Pokalrunde 2022/2023 in der 3. Liga, sind vielleicht ganz winzige Vorteile für die Panther zu sehen: Neben dem 23:23 in eigener Halle gab es in Nieder-Roden ein 34:31. Mutz, der personell erneut die eine oder andere Baustelle bearbeiten muss, rechnet auf jeden Fall mit einem intensiven Kampf und viel Spannung: „Nieder-Roden ist eine sehr eingespielte Mannschaft, die eine sehr gute Spielstruktur und Spielanlage hat und sehr konsequent auf Tempo geht. Wir wissen, dass wir einen guten Rückzug brauchen und eine überragende Deckungsleistung inklusive Torhüter. Wir wollen das Selbstvertrauen aus dem letzten Spiel mitnehmen und wir spielen zu Hause und wir sind da noch ungeschlagen. Ich hoffe, dass wir das Spiel lange offenhalten können. Wir müssen alles investieren, um zwei Punkte zu behalten.“

Mit ausgeglichenen Konten (jeweils 8:8 Punkte) und Rückenwind aus den jüngsten Heimsiegen treten der Neunte Longericher SC und der Zehnte TuS 82 Opladen an. Für die Longericher, die zuletzt den TV Gelnhausen mit 31:25 bezwangen, ist die Aufgabe bei der HSG Hanau (Fünfter/10:6) ebenso eine Art Richtungs-Entscheidung wie der Auftritt der Opladener bei der HG Saarlouis (Sechster/9:7). Es geht darum, nach Möglichkeit den Weg in die oberen Tabellenhälfte zu finden – die ja zumindest aus Kölner Sicht sowieso das eigentliche Zuhause sein sollte. Dem Aufsteiger Interaktiv.Handball (Zwölfter/6:10) wäre es eher gleichgültig, dauerhaft zur unteren Hälfte zu gehören – solange nur ausreichend Abstand nach ganz unten da ist. Und nach dem jüngsten 34:30 in Aldekerk bekommt die Mannschaft des Trainergespanns Filip Lazarov/Alexander Oelze nun in eigener Halle gegen den Drittletzten TV Homburg (4:12) sogar eine Art Matchball für noch mehr Sicherheit serviert. Ein weiterer Sieg über einen direkten Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt wäre sicher erneut ein Meilenstein.