1. Bundesliga
Gummersbach auf Fuchsjagd, BHC im dicksten Getümmel
VfL steht nach 30:30 gegen Berlin fest in der oberen Hälfte, Bergischer HC nach 28:40-Pleite in Magdeburg nur noch einen Zähler vor den Abstiegsplätzen.

Ich finde meine Lücke: Gummersbachs Ellidi Vidarsson (rechts) steuerte insgesamt sieben Treffer gegen Berlin bei. Die Füchse Matthes Langhoff (Nummer 25), Marko Kopljar (35) und Mathias Gidsel (Mitte) hatten reichlich Arbeit mit dem VfL-Kreisläufer. (Foto: Thomas Wirczikowski)

Es ist irgendwie ein Hauen und Stechen und zurzeit wohl mindestens die halbe Liga in den Kampf um den Klassenerhalt verwickelt. Spätestens beim Neunten SC DHfK Leipzig (10:12 Punkte), bei dem das Feld der Beteiligten mit einem negativen Konto beginnt, geht das Gerangel um jeden Zentimeter mehr Sicherheit los. Und beinahe mittendrin hält sich der Bergische HC auf – bei dem jetzt noch einmal richtig klar geworden ist, wie wertvoll die drei Siege zuvor waren. Ohne die 6:0 Punkte aus den Spielen gegen den damaligen Ersten MT Melsungen (32:31), bei der HSG Wetzlar (32:28) und gegen Frisch Auf Göppingen (33:30) sähe die Lage fürs Team von Trainer Jamal Naji deutlich angespannter aus – denn mit nur zwei Zählern weniger müsste sich der BHC wieder von weiter unten wegarbeiten. Hinter den Solingern (Elfter/8:14 Punkte) und dem HC Erlangen (ebenfalls 8:14) folgen direkt fünf Klubs (jeweils 7:15), die nur über das Torverhältnis voneinander getrennt sind: TVB Stuttgart, TBV Lemgo Lippe, Göppingen, ThSV Eisenach und Wetzlar – das sich mit Schlusslicht HBW Balingen-Weilstetten (5:17) aktuell die beiden Abstiegsplätze teilt. Dass der BHC nach der Länderspielpause übers kommende Wochenende mit der drittschlechtesten Abwehr weitermacht, hatte vor allen Dingen mit der jüngsten Dienstreise zum SC Magdeburg zu tun: Da gab es nicht die geringste Chance, nicht mal die auf ein ordentliches Ergebnis, sondern mit dem 28:40 eine bittere Packung und die bisher höchste Saison-Niederlage. Obwohl Zählbares niemand unbedingt erwartet hatte, erhöhte das Ergebnis den Reiz für die nächsten November-Aufgaben am 11. gegen den HSV Hamburg (Zehnter/10:12), am 16. beim TBV Lemgo-Lippe (Platz 14/7:15) und am 23. gegen Leipzig (Neunter/10:12). Alle drei Gegner gehören zum direkten Tabellen-Umfeld des BHC.

Mut schien dem BHC in Magdeburg der Auftakt zu machen, weil er nach dem 0:1 (1.) zügig ein paar gute Antworten fand – und bis zum 6:5 (8.) von Aron Seesing jeweils die Führung erzielte. Keine Viertelstunde darauf und einen 10:2-Lauf später lag der Favorit aber beim 15:8 (21.) schon deutlich vorne und die Gäste waren fortan nur noch ein Spielball des Champions-League-Siegers. Nach dem 21:14 (30.) am Ende der ersten Halbzeit lag das Team von SC-Trainer Bennet Wiegert mit dem 28:18 (41.) zum ersten Mal zweistellig vorne und selbst auf der Zielgeraden blieben die Magdeburger auf dem Gaspedal: Sehr spät bekam der BHC dann sogar noch den 40. Gegentreffer eingeschenkt. Naji versuchte sich mit einer Einordnung: „Glückwunsch an den SCM zu dem verdienten Sieg – auch wenn mir das Endergebnis einen Schnuff zu hoch ist. Magdeburg spielt allgemein viel zu stabil. Sie können wechseln ohne großen Substanzverlust und so muss man sagen, dass das Spiel für uns heute einfach keinen Spaß gemacht hat.“

In diesem Punkt sah die Welt beim VfL Gummersbach und dessen Cheftrainer Gudjon Valur Sigurdsson nachvollziehbar völlig anders aus. Erstens: Es war schon Leistung genug, dem weiter ungeschlagenen Ersten Füchse Berlin (21:1 Punkte) mit dem 30:30 überhaupt den ersten Punktverlust in dieser Saison zuzufügen. Zweitens: Es gehörte ins Reich der Sensationen, wie die Gummersbacher das anstellten und wie sie die Schwalbe-Arena zunehmend in ein Tollhaus verwandelten. Spätestens in der 46. Minute beim Stande von 18:25 dürfte höchstens eine verschwindend kleine Minderheit auf den VfL gesetzt haben – der fortan aber mit jeder Logik brechen wollte und sich auf eine furiosen Aufholjagd begab, die nach dem 20:26 (49.) Zunächst den 25:26-Anschluss brachte. Aus dem 25:27 (53.) machte Gummersbach kurz darauf die 28:27-Führung (56.) und bis zum 30:29 (59.) von Ellidi Vidarsson durften die Gastgeber vom ganz großen Wurf träumen. Jerry Tolbring rettete dem Favoriten schließlich mit dem 30:30 in der letzten Minute das Unentschieden. „Ich bin am Ende natürlich sehr stolz auf die Jungs, dass wir nach sieben Toren Rückstand einen Punkt geholt haben. Wir sind glücklich über den Punkt, auch wenn es natürlich ärgerlich ist, dass wir die Chance auf die Zwei-Tore-Führung und beim 30:30 noch einmal auf eine Führung hatten – und beides ungenutzt gelassen haben. Aber das ist Meckern auf ganz hohem Niveau.“ Fast einem Ritterschlag ähnelte das Urteil des Berliner Trainers Jaron Siewert: „Am Ende sind wir über den Punktgewinn noch froh, denn es hätte auch noch anders kommen können.“

In der Summe der ersten elf Spieltage lässt sich klar ablesen, dass die Gummersbacher nach ihren 3:7 Auftaktpunkten verdient den Anschluss an die obere Tabellenhälfte gefunden haben. Dafür waren zuerst die Erfolge beim TVB Stuttgart (31:29), gegen den HC Erlangen (33:28), beim einen Aufsteiger HBW Balingen-Weilstetten (34:31) und gegen den anderen Aufsteiger ThSV Eisenach (37:31) verantwortlich – also gegen Teams, die sich allesamt hinter dem VfL aufhalten. Es folgten zwei Aufgaben, in denen gegen favorisierte Konkurrenz aus dem oberen Drittel nicht viel fehlte – 26:28 beim Pokalsieger Rhein-Neckar Löwen (Siebter/11:9) und jetzt 30:30 gegen Berlin. Die inzwischen erreichten 12:10 Punkte entsprechen im Übrigen fast der Ausbeute aus der Saison 2022/2023 von 13:9 Zählern, denen sich nach dem aufregenden 31:29 über die SG Flensburg-Handewitt eine Serie von vier Spielen ohne Sieg anschloss (drei Niederlagen, ein Unentschieden) und das Konto ins Negative abrutschen ließ (14:16). Ob die Gummersbacher die damalige Ausbeute erreichen oder sich selbst übertreffen können? Vielleicht – wenn das Duell mit Berlin als Maßstab gilt. Auf jeden Fall freuen sie sich im Oberbergischen auf die Aufgaben am 12. November gegen den Dritten MT Melsungen (18:4), am 20. November beim Vorletzten HSG Wetzlar (/7:15), am 25. November gegen den Vierten Flensburg (16:6) und am 3. Dezember beim Zweiten SC Magdeburg (Zweite19:3). Das Hauen und Stechen im Kampf um den Klassenerhalt scheint dabei für Gummersbach meilenweit weg zu sein.

 

VfL Gummersbach – Füchse Berlin 30:30 (11:16).

VfL Gummersbach: Rebmann, Ivanisevic – Vidarsson (7), Kodrin (4), Vujovic (3/2), Köster (2), Blohme (7), Schroven, Häseler, Schluroff (1), Tskhovrebadze (2), Mappes (1), Pregler (2), Horzen (1), Kiesler, Zeman.

 

SC Magdeburg – Bergischer HC 40:28 (21:14).

Bergischer HC: Johannesson, Oberosler – Beyer (6/2), Persson, Scholtes (2), Nothdurft, M’Bengue (1), Ladefoged (2), Andersen (5), Fraatz (1), Babak (1), Arnesson (2), Morante Maldonado (3), Stutzke, Santos, Seesing (5).