02. November 2023 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Die Situation ist einigermaßen verzwickt und beim Rückblick auf die vergangene Saison 2022/2023 wird alles noch ein bisschen komplizierter. Da hatte der spätere Vizemeister TV Korschenbroich im selben Stadium wie jetzt nach knapp einem Drittel der Serie erst zwei Minuspunkte auf dem Konto – resultierend aus der Auftakt-Niederlage (24:25) gegen den späteren Meister und heutigen Drittligisten Interaktiv.Handball. Aktuell steht der TVK bei 13:5 Zählern – was bedeutet, dass er die damalige Endbelastung bei sechs Minuspunkten (46:6) bereits im November 2023 fast ausgeschöpft hat. Andererseits ist Korschenbroich nach der Trennung von Trainer Gilbert Lansen, der im Anschluss an den dritten Spieltag nach dem 29:31 bei der HG Remscheid mit einer Bilanz von 2:4 Zählern gehen musste, tatsächlich bei vier Siegen und einem Unentschieden noch ungeschlagen. Außerdem ging das 35:35 zuletzt gegen den HC Gelpe/Strombach (Elfter/7:9) auch nicht als Punktverlust durch, sondern allgemein als Gewinn für den Handball – weil beide Seiten viel zu einem Spektakelabend beitrugen, mit dem am Ende jeder etwas anfangen konnte. Die unromantische Kehrseite der Medaille: Korschenbroich, das als einziger Klub offensiv den Aufstieg als Ziel für diese Saison formuliert hat, ist immer noch nicht da angekommen, wo es mal sein will. Am HC Weiden (11:5) und an der TSV Bonn rrh. (10:6), die vorübergehend jeweils auf Rang eins lagen, ist das Team von Trainer Dirk Wolf inzwischen zwar vorbei – nicht aber an der HG Remscheid (12:4), die jüngst durch ihr 26:25 in Weiden die Spitze übernehmen konnte. Es sind eben diese Remscheider, die dem TVK unter der Regie ihres neuen Trainers Nelson Weisz mit jenem 31:29 eine der beiden Auftakt-Niederlagen beibrachten und immerhin mittelfristig in die 3. Liga wollen.
Einer der Gründe dafür, dass Korschenbroich bisher auf den Sprung an die Spitze warten musste, lässt sich statistisch herausarbeiten. Und er hat damit zu tun, dass der Titelkandidat im Moment bei Weitem nicht über die defensive Klasse der vergangenen Saison verfügt. Vorne produziert der Angriff bislang auf unverändertem Niveau – 33,53 Treffer pro Partie damals, 33,37 pro Partie heute, der Unterschied lässt sich vernachlässigen. Defensiv hinkt der TVK allerdings der alten Effektivität hinterher, obwohl für den Posten zwischen den Pfosten in Mika Schoolmeesters und Felix Krüger zwei starke Keeper zur Verfügung stehen: Die damaligen 27,23 Gegentreffer pro Spiel waren der klare Bestwert in der Regionalliga, während die neuen 30,12 erstens für ein Spitzenteam sehr viel sind und dann auch noch der fünftschlechteste Wert aller Regionalligisten. Nur der Sechste TuSEM Essen II (30,5), der Neunte BTB Aachen (31,12), der Elfte Gelpe/Strombach (31,37) und der Tabellenletzte SG Langenfeld (30,75) liegen noch dahinter. Dirk Wolf weiß, dass die Korschenbroicher da eine Steigerung brauchen: „Wir können nicht jedes Mal fast 40 Tore erzielen, um Spiele zu gewinnen.“ Was er und seine Mannschaft ebenfalls brauchen, sind zwei Punkte aus der Dienstreise zu den Aachenern (Achter/8:8 Punkte), die dem Favoriten ganz sicher mindestens das Leben so schwer wie möglich machen wollen.
Tabellenführer Remscheid, der bis jetzt aus seinen vier Heimspielen vier Siege und makellose 8:0 Punkte erzielte, erwartet die bis vor gar nicht langer Zeit verlustpunktfreien Bonner – die ihren Höhenflug zu 10:0 Punkten in vollen Zügen genossen und gleichzeitig damals bereits wussten, dass sie nicht ewig vorne bleiben würden. Dass es anschließend in Korschenbroich (30:41), gegen den MTV Rheinwacht Dinslaken (28:31) und beim OSC Rheinhausen (22:24) drei Niederlagen hintereinander gab, macht die TSV nun für die Aufgabe in Remscheid vielleicht noch gefährlicher. Sollte das Team von Trainer Frank Berlinger, der einst selbst bei der HG an der Seitenlinie stand, erneut den Kürzeren ziehen, wäre es bei dann 10:8 Zählern endgültig im extrem breiten Mittelfeld angekommen – in dem sich rund zwei Drittel aller Mannschaften ein Hauen und Stechen um jeden Zentimeter Luft liefern. Durchaus denkbar: Vorne setzen sich Remscheid und Korschenbroich durch. Ebenfalls denkbar: Der Dritte Weiden gewinnt sein Heimspiel gegen den Letzten SG Langenfeld (2:14), der noch auf den ersten Erfolg in dieser Saison wartet und trotz des 30:30 jüngst gegen den Bergischen HC (Neunter/7:9) den Anschluss zu verlieren droht. Dann wäre die Regionalliga bis auf Weiteres eine Art Drei-Klassen-Gesellschaft – mit drei Teams vorne, mit einem engen Zehnerpaket dahinter und mit Langenfeld als dem Abstiegskandidaten Nummer eins.
Darüber, wie dicht das Feld zusammenliegt und wie stark sich jedes einzelne Resultat auswirken kann, staunen viele – nicht zuletzt Trainer Martin Berger und der Aufsteiger TSV Bayer Dormagen II, der sein Soll bisher mit Platz fünf (9:7) voll erfüllt hat und nun vor der Hürde beim TuSEM Essen II (Sechster/8:8) steht. „Wir wissen, dass Essen alle seine Heimspiele gewonnen hat“, sagt Berger, „wir wissen alle, die Tabelle ist sehr eng, wird sind gerade zwei Punkte vor dem Abstiegsplatz. Dementsprechend ist das auch das wieder ein wichtiges Spiel, hoffentlich mit einem guten Verlauf für uns, ähnlich wie jetzt gegen den BTB. Das kann man nicht immer erwarten, aber wir wollen daran natürlich ansetzen und weiterhin Punkte sammeln.“ Die Trainingswoche nach dem 37:25-Erfolg über den BTB Aachen sah aus seiner Sicht ein bisschen „zerstückelt“ aus, da etwa Janis Beckers bei einem Lehrgang für die belgische Nationalmannschaft unterwegs war. An der Einstellung zur bevorstehenden Aufgabe ändert das aber wenig: „Wir freuen uns auf das Auswärtsspiel in Essen.“
Vor einem wegweisenden Duell stehen auch die Borussia Mönchengladbach (Vorletzter/5:11) und der Drittletzte OSC Rheinhausen (7:9), wobei die Lage für die Mönchengladbacher nach vier Spielen hintereinander ohne Sieg (1:7 Punkte) sicher ungünstiger ist als die des OSC, der sich am vergangenen Sonntag mit dem 24:22 gegen Bonn mehr Luft verschaffen konnte. Der BHC II (Neunter/7:9) geht wohl mit einem Heimvorteil in die Partie gegen die HSG Refrath/Hand (Siebter/8:8), weil er selbst zu Hause überwiegend erfolgreich ist (6:2 Punkte) und die HSG auswärts eher seltener (2:6). Mehr tabellarische Nachbarschaft als jene zwischen dem Elften HC Gelpe/Strombach und dem Zehnten MTV Rheinwacht Dinslaken gibt es wohl kaum – beide stehen bei 8:8 Punkten und sie haben ein vergleichbares Torverhältnis (minus acht/minus sechs). Ein Stück schwieriger dürfte dieser Vergleich trotzdem für die Gäste werden: Die Entfernung zwischen Dinslaken und Gummersbach beträgt rund 140 Kilometer und das ist schon relativ weit. Logisch: Dinslaken wird dennoch versuchen, nach dem 30:21 gegen Rheinhausen, dem 32:28 in Bonn und dem 32:29 gegen Mönchengladbach erneut zu punkten. Mindestens genauso logisch: Gelpe/Strombach würde sehr gerne wieder für den Handball werben – und noch lieber das eigene Konto ausgleichen.