Regionalliga Nordrhein
Spitzenreiter: Remscheid genießt – alles mit Vorsicht
Trainer Nelson Weisz sieht die HGR auf dem richtigen Weg, mahnt aber zu Respekt - auch und gerade vor Schlusslicht SG Langenfeld. Korschenbroich will dranbleiben. Immer enger wird das Mittelfeld.

Remscheid sitzt! Und zwar als Tabellenführer der Regionalliga zurzeit ganz gut im Sattel. Linus Mathes (Foto) und Keeper-Kollege Max Conzen tragen dazu in Zusammenarbeit mit der Abwehr vor ihnen nicht wenig bei. (Foto: Thomas Schmidt)

Eigentlich war es ja nur der TV Korschenbroich, der vor dieser Saison das Thema Aufstieg in die 3. Liga auf eine Art Liste mit zu erledigenden Dingen gesetzt hatte. Und sonst eigentlich niemand. Inzwischen stellt sich die Lage aber nach einem Drittel der Saison so dar, dass die Korschenbroicher ihren Erwartungen ein Stück hinterherlaufen, weil sie als aktueller Dritter mit 11:7 Zählern bereits drei Niederlagen und insgesamt mehr Minuspunkte auf dem Konto haben als in der gesamten vergangenen Serie, als ihnen 46:6 Punkte die Vizemeisterschaft hinter dem heutigen Drittligisten Interaktiv.Handball (49:3) einbrachten. Was auffallend anders geworden ist: Damals waren die beiden Top-Teams beinahe in einer eigenen Liga unterwegs und selbst der Dritte (HC Gelpe/Strombach/32:20) lag bereits meilenweit zurück, während heute alles noch relativ dicht zusammenliegt. Spätestens ab Rang vier herrscht ein derart großes Gedränge, dass alle Beteiligten durch ein oder zwei Niederlagen schnell aus dem oberen ins untere Drittel abrutschen können. Weil damit praktisch an jedem Wochenende irgendwo Gefahr droht, lassen sie auch beim aktuellen Spitzenreiter HG Remscheid (14:4) wenigstens vorerst die Kirche im Dorf. „Das ist alles unglaublich eng“, sagt etwa Trainer Nelson Weisz – der die Lage dennoch genießt, weil sie seine Arbeit bestätigt und das, was sie sich im Bergischen vorgenommen haben. Immerhin dieses Fernziel hatte sich die HGR vor dem Start in die Saison verordnet: „Wir wollen in zwei bis drei Jahren die 3. Liga angreifen.“ Diesen Angriff sieht Weisz trotz der erreichten Spitzenposition zurzeit noch lange nicht: „Wir haben Respekt und wir haben bisher auch von der Schwäche der anderen profitiert.“

Auf der Habenseite der Remscheider steht unter anderem das 31:29 vom dritten Spieltag gegen Korschenbroich und das 26:25 kürzlich beim jetzigen Zweiten HC Weiden (13:5). Weniger stark waren die Auftritte bei TuSEM Essen II (21:29), das als Vierter mit 10:8 Zählern das riesige Mittelfeld anführt, und beim Elften Bergischer HC II (24:26), der nur zwei Punkte (8:10), aber sieben Plätze hinter den Essenern folgt. In der Summe erkennt Nelson Weisz allerdings deutlich mehr Licht als Schatten. „Die Entwicklung bei uns geht voll in die richtige Richtung“, sagt Remscheids Coach. Nicht nur er sieht die Remscheider defensiv mit den beiden Torhütern Linus Mathes (27) und Max Conzen  (31) überragend aufgestellt. Weitere Fixpunkte sind die Rückraumspieler Dimitriy Stukalin (30) und Felix Handschke (33), die das Auge und die Erfahrung für Entscheidungen gerade in besonders wichtigen Situationen einbringen. „Die Mischung stimmt“, findet Weisz, in dessen Kader außerdem in Moritz Klose und Adrian Sikic zwei 18 Jahre junge Talente aus dem Jahrgang 2005 stehen. Was das alles für die bevorstehende Aufgabe bei der SG Langenfeld heißt? „Ich will jedes Spiel gewinnen“, sagt Weisz auf der einen Seite. Auf der anderen erkennt er trotz sicherlich vorhandener spielerischer Mittel keinerlei Grund, sich über die anderen zu erheben: „Du musst in dieser Liga jeden sehr ernst nehmen. Das wird für uns eins der schwierigsten Spiele überhaupt.“ Dass Langenfeld bisher praktisch nicht stattfindet und als einziges siegloses Team auf dem letzten Platz liegt (2:16 Punkte), ordnen die Remscheider  jedenfalls vorsichtig ein: „Sie haben ein paar Mal sehr knapp verloren.“ Das war tatsächlich sowohl bei der TSV Bonn rrh. (29:30) als auch gegen Borussia Mönchengladbach (28:29) und gegen den BTB Aachen (30:31) der Fall.

Korschenbroich vollzog nach dem dritten Spieltag bei 2:4 Punkten den Trainerwechsel von Gilbert Lansen zu Dirk Wolf und holte dann unter der Regie des Rückkehrers zunächst 8:0 Punkte aus vier Siegen. Anschließend zeigte sich beim 35:35 in der äußerst attraktiven Partie gegen Gelpe/Strombach wiederum deutlich, dass es dem TVK derzeit vor allen Dingen an für Höheres notwendiger defensiver Qualität fehlt – was sich mit der folgenden 33:37-Niederlage beim BTB Aachen noch nachteiliger auswirkte. Sicher ist danach vor allen Dingen, dass sich die Korschenbroicher zunächst für den Rest der Hinrunde mit den Aufgaben am Samstag gegen TuSEM Essen II, am 17. November beim Bergischen HC II, am 2. Dezember gegen den HC Weiden und am 9. Dezember gegen die SG Langenfeld keinen größeren Ausrutscher mehr erlauben dürfen. Trainer Wolf ist natürlich nicht begeistert angesichts der jüngsten Ergebnisse, sieht allerdings auch ganz und gar nicht schwarz: „Wir haben uns mit meinem Eintritt als Trainer kurzfristige Ziele gesetzt. Die versuchen wir zu erreichen. Wir versuchen, uns in der Abwehr zu stabilisieren und unser Spiel vorne auf gutem Niveau zu halten. Wir haben bis jetzt angriffsmäßig sehr gute Spiele gezeigt, in der Abwehr ist Potenzial nach oben. Da müssen wir uns steigern. Wenn man oben und ein Spitzenteam sein will, muss man da stärker agieren und eine kompaktere und bessere Abwehr stellen. Ansonsten sind wir auf einem guten Weg.“ Mit Erleichterung nahm der TVK-Coach die Nachricht auf, dass die Verletzungen von Mats Wolf und Nicolai Zidorn aus der Partie in Aachen weniger schlimm sind als zunächst befürchtet: „Bei beiden droht kein langfristiger Ausfall.“ Zidorn erlitt eine Innenbandzerrung im Knie, Mats Wolf neben einer Prellung des Schultergelenks eine im Krankenhaus versorgte heftige Platzwunde am Kinn (Klammern bleiben bis zum nächsten Montag drin).

Sehr realistisch geht der HC Weiden damit um, dass er als durchaus hartnäckiger Zweiter gerade genau zwischen den Remscheidern und den Korschenbroichern steht – und Ansprüche auf die 3. Liga leiten sie aus dem aus ihrer Sicht überragenden Zwischenstand keinesfalls ab. Ein echter Vorteil: Das Team von Trainer Marc Schlingensief konnte sechs seiner bisher neun Partien zu Hause in der Halle an der Parkstraße absolvieren – und daraus 8:4 Zähler aufs Konto überweisen, zuletzt mit dem 37:25 gegen Langenfeld den höchsten Saisonsieg. Genau jenes Spiel macht aber den Sprung deutlich, denn die Weidener im Vergleich zur alten Serie 2022/2023 vollbracht haben. Schlingensiefs Urteil über den Sieg gegen die SGL: „In die zweite Halbzeit starten wir gestützt auf eine überragende Abwehr und können viele Gegenstöße laufen. Wir haben dann auch im gebundenen Spiel die richtigen Lösungen. Wir spielen es seriös und gut Ende und siegen auch in der Höhe verdient.“ Von einem vergleichbaren Niveau war der HC in der Summe vor einem Jahr weit entfernt. Ähnlich klar dürfte die bevorstehende Aufgabe allerdings nicht zu lösen sein, denn es geht zur HSG Refrath/Hand (Achter/9:9), die als Empfehlung immerhin 7:3 Zähler aus den vergangenen fünf Spielen vorweisen kann und zu Hause bisher nur einmal danebengriff – das jedoch mit dem 16:25 gegen die TSV Bonn rrh. sehr kräftig. Dem stehen drei Siege gegenüber, sodass viel für einen spannenden Abend spricht.

Nicht im Einsatz sind diesmal jene Bonner, die nach fünf Runden ungeschlagen waren (10:0), anschließend vier Mal hintereinander verloren und nun in der vom zehnten Spieltag verlegten Partie erst am 25. November gegen den Aufsteiger Borussia Mönchengladbach antreten. Deshalb spricht alles dafür, dass die TSV (10:8 Zähler) ihren aktuellen fünften Rang wenigstens vorerst verlieren dürfte, während Mönchengladbach (5:13) seinen vorletzten Platz behalten wird – denn Schlusslicht Langenfeld kommt selbst durch einen Sieg in Remscheid nicht vorbei. Die Gefahr für die Borussia: Der Zwölfte HC Gelpe/Strombach (7:11), der beim vier Mal hintereinander siegreichen Zehnten OSC Rheinhausen (9:9) antritt, könnte sich theoretisch ebenso weiter entfernen wie der Elfte Bergischer HC II, der dazu die schwierige Aufgabe beim TSV Bayer Dormagen II (Siebter/9:9) lösen müsste. Ein besonderes Dormagener Entgegenkommen brauchen die Solinger allerdings nicht zu erwarten, zumal Bayer-Trainer Martin Berger nach der jüngsten 31:35-Pleite in Essen reichlich bedient war. Nicht der kleinste seiner Kritikpunkte: „Leider war auch unsere Einstellung nicht die, die man braucht.“ Dass gleichzeitig die vorgerückte TuSEM-Zweite (10:8) ihren vierten Rang hält, dürfte einigermaßen kompliziert werden – weil sie erstens auswärts bisher gar nichts Zählbares geholt hat (0:8) und zweitens bei den unter Druck stehenden Korschenbroichern antreten muss. Unmöglich scheint in der Regionalliga zurzeit allerdings eher nichts zu sein.