10. November 2023 | Zurück zur Artikelübersicht » |
TuS 82 Opladen – Longericher SC 31:28 (8:15). Was war das eigentlich an diesem Freitagabend? Auf jeden Fall in der Summe vollkommen außerhalb des Normalen. Vor der Pause eine Demonstration der Kölner Stärke? Eher nicht oder nur bedingt. Und in Opladen werden sie wohl lange in den internen Archiven blättern müssen, um Aufzeichnungen über ein derartiges Desaster in der ersten Halbzeit zu finden – falls da überhaupt irgend etwas vorhanden ist. Der LSC, der in der von beiden Seiten gewohnt sehr emotional geführten Partie selbst sehr übersichtlich und ziemlich zerfahren startete, hatte ab der zwölften Minute und dem 4:4-Ausgleich von Max Zimmermann alles im Griff. Dachten alle. Ein Grund: Opladen kam den Kölnern mit einer nicht messbaren Angriffsleistung und aberwitzig vielen, selbst ohne jede Not produzierten Fehlern großzügigst entgegen. Und die zweite Hälfte? War ein Spiegelbild der ersten, unter umgekehrten Vorzeichen. Wie aus dem Nichts war es nun der LSC, der von der ersten Sekunde an nicht mehr stattfand und fortan seinerseits die Fehlerquote hoch und höher schraubte. Logisch: Die beiden Roten Karten gegen Top-Werfer Lukas Martin Schulz, der 71 Sekunden vor dem Ende der ersten Halbzeit nach einer Aktion gegen Opladens Julius Schroeder mit Recht runter musste, und jene gegen Malte Nolting (35.) früh in der zweiten Halbzeit wirkten sich auf die Aufholjagd des TuS 82 nicht hinderlich aus. Trotzdem war es erstaunlich, wie das Kartenhaus der Gäste immer mehr in sich zusammenstürzte. Krass sogar: Am Ende war Opladen nachvollziehbar auf den Geschmack gekommen und in der Schlussphase nicht mal mehr gefährdet. Trainer Fabrice Voigt fasste die Angelegenheit dann passend in einem einzigen Wort zusammen: „Verrückt.“ Durch den Erfolg im Derby verbesserte sich der TuS 82 mit jetzt 12:8 Punkten auf den fünften Tabellenplatz, während der LSC mit 8:12 Zählern als Elfter weiter in der unteren Hälfte festhängt.
Den Abend begannen beide Seiten zäh und mit einer extrem niedrigen Trefferquote. Einer der wesentlichen Gründe dafür: Opladens Keeper Louis Oberosler wehrte schon beim Stande von 2:1 den Siebenmeter von Schulz ab (7.) und er ließ im Laufe der ersten Halbzeit drei weitere Paraden bei Strafwürfen folgen. Und ohne diese starken Aktionen wäre der TuS 82 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gar nicht mehr auf die Beine gekommen, zumal vorne ganz, ganz lange Zeit so etwas wie Torgefahr nur von Linksaußen Yannik Nitzschmann entstand, der bis zum 5:6 (17.) bereits vier Tore erzielt hatte (darunter bei zwei Fehlversuchen zwei Siebenmeter). Die Gastgeber, die alles andere als Herren im eigenen Haus waren, produzierten vorne ansonsten erschreckend wenig – und Longerich brauchte nur auf die sich prompt kommenden Gelegenheiten zu warten. Nach dem 7:6 (19.) benötigte der LSC bloß sieben Minuten bis zum 12:6 (16.) und die Rote Karte gegen Schulz (29.) nahmen die Gäste angesichts der klaren 14:7-Führung eher schulterzuckend zur Kenntnis. Auch Opladen schien darin keine Signal für eine echte Wende zu sehen. „Wir haben uns in der Pause vor allem gesagt, dass wir noch mal alles raushauen wollen“, erklärte Voigt, dem es mit seiner Mannschaft vor den eigenen Fans im Grunde höchstens noch um ein ordentliches Ergebnis ging.
Mit dem 16:8 (31.) für Longerich durch Finn Malolepszy schien sich selbst diese Idee in Luft aufzulösen, doch der LSC begann die schnell auf 10:16 (32.) verkürzenden Opladener plötzlich zu kopieren. Die Zeitstrafe gegen Kölns Benjamin Richter brachte eine Überzahl und zwei weitere Blitztore zum 12:16 (33.), ehe die Rote Karte gegen Malte Nolting (35.), der besser einfach von Sebastian Damm weggeblieben wäre, endgültig die komplette Wende einleitete. Opladens 15:16 (38.) konnte der LSC zwar mit dem 17:15 (39.) beantworten, anschließend fehlten allerdings zunehmend die Mittel vor allen Dingen gegen TuS-82-Rückraumspieler Oliver Dasburg, der mit dem 17:17 (42.) ausglich und mit dem 18:17 (43.) die erste Führung seit Langem folgen ließ. Das 18:18 (43.) von Max Zimmermann war der letzte Ausgleich an diesem Abend, den Dasburg mit dem 19:18 (44.) und 20:18 (45.) in die aus Sicht der Opladener richtige Richtung drehte. Kontraproduktiv war für den LSC zudem das Geschehen in der 48. Minute: Da kassierte Lennart Wörmann nach einem Foul an Nitzschmann eine Zeitstrafe und Torhüter Valentin Inzenhofer hielt es für eine gute Idee, den Pfiff zu kommentieren zu – was ihm wenig überraschend ebenfalls eine Zeitstrafe einbrachte.
Dass danach ausgerechnet Opladen noch einmal wackelte und nach dem 22:19 (48.) die Gegentore zum 23:22 (51.) hinnehmen musste, passte irgendwie zu diesem ungewöhnlichen Abend. Eine erneut Wende fiel jedoch aus, weil der TuS 82 im regelmäßig stark parierenden Torhüter Tim Trögel hinten einen guten Rückhalt, gleichzeitig vorne immer richtige Antworten auf Lager hatte und den finalen Akkord unter dem Strich ganz gut kontrollierte – 25:22 (53.), 26:23 (54.), 28:24 (56.). 31:26 (59.). „Wir haben gefühlt 20 bis 30 Minuten in Unterzahl gespielt“, fand LSC-Trainer Chris Stark, der bei Weitem nicht mit allen Entscheidungen gegen sein Team einverstanden war, „den Ausfall von Schulz und Nolting, der unsere bester Verteidiger ist, konnten wir nicht kompensieren. Wir machen auch zu viele Fehler und Opladens Tim Trögel hält dann super.“ Dass direkt nach der Schluss-Sirene ein paar Stunden vor dem 11.11. in der Bielerthalle pure Karnevalsstimmung herrschte, machte das Ganze im Übrigen für die Kölner auch nicht schöner.
TuS 82 Opladen: Oberosler, Trögel – Flemm, Meurer (1), Sorg, Leppich (2), Schroeder, Nitzschmann (8/2), Jagieniak (1), Swiedelsky, Dasburg (5), Schmitz (2), Johannmeyer, Damm (9/3), Kübler, Sonnenberg (3/1).
Longericher SC: Briese, Inzenhofer, Kromberg – Zerwas (4), Pyszora (4), Richter (3), Wörmann (2), Schulz (3/1), Wolf, Zimmermann (8/3), Johnen (1), Nolting, Rinke, Dahlke, Malolepszy (3).