1. Bundesliga
Gala in Gummersbach, „Mad Mads“ beim BHC
Keeper Tibor Ivanisevic führt VfL zum 37:31 gegen Melsungen. Bergischer HC gewinnt verrücktes Spiel gegen Hamburg mit 29:28.

Hier regiert der VfL! Lukas Blohme, der in Gummersbach als eine Art emotionaler Leader gilt, hatte gegen Hamburg wieder einiges zu feiern – einen am Ende klare Sieg und fünf eigene Tore. (Foto: Thomas Wirczikowski)

Manchmal hilft ja ein Blick in die einigermaßen junge Vergangenheit dabei, das Aktuelle noch besser einzuordnen. Und falls dabei wirklich gilt, dass das zweite Jahr nach dem Aufstieg besonders schwierig sein soll, dürfen sie unter anderem beim VfL Gummersbach sehr zufrieden mit sich und der Handballwelt sein – erst recht, weil der jetzige Lauf der Dinge nach einem schwierigen Beginn durchaus nicht als selbstverständlich durchgehen kann. Nach ein paar Wochen in der vorigen Saison 2022/2023 stand das Konto der von Euphorie getragenen Gummersbacher bei 8:2 Punkten, ehe sich die Dinge einzupendeln begannen. Über 11:9 Zähler ging es auf 14:10 – bei denen das Team von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson jetzt nach dem 37:31 über den Dritten MT Melsungen als Sechster wieder steht. Der Weg dorthin war allerdings komplizierter, weil der VfL zunächst einen 3:7-Start abzuarbeiten hatte, den er mit vier Siegen hintereinander tatsächlich auf 11:7 und bis heute auf jenes Vier-Punkte-Polster stellte. Daraus ergibt sich, dass Gummersbach aus den weiteren sechs Partien im Endspurt 2023 „nur“ vier weitere Zähler braucht, um die 18:18 von Ende 2022 zu erreichen – eine Ausbeute, die er sich trotz zum Teil hochkarätiger Gegner angesichts der guten Form aus den vergangenen Wochen zutrauen darf und die Wiederholung der Gesamtbilanz aus 2022/2023 sowieso (Zehnter/33:35). Weiter geht es am 20. November bei der HSG Wetzlar (Rang 13/9:15), am 25. November gegen die SG Flensburg-Handewitt (Vierter/16:6), am 3. Dezember beim SC Magdeburg (Zweiter/19:3), am 7. Dezember gegen den HSV Hamburg (Elfter/10:14), am 17. Dezember beim SC DHfK Leipzig (Neunter/10:14) und zum Abschluss kurz vor Weihnachten am 20. Dezember in Melsungen (18:6).

Das jüngste Duell mit Melsungen gehörte dabei definitiv in die Kategorie sehenswert, weil sich die Hausherren in der ausverkauften Schwalbe-Arena durch nichts von ihrem Weg abbringen ließen – nicht vom 3:6 (6.) und nicht vom 7:10 (10.) oder 10:13 (15.). Ein 6:0-Lauf zum 16:13 (21.) leitete die Wende ein und Melsungen konnte zwar beim 18:18 (27.) und 19:19 (30.) noch zweimal ausgleichen, kam aber zu keiner weiteren Führung mehr. Selbst die Rote Karte (43.) gegen Ellidi Vidarsson beim Stande von 26:23 steckte der VfL gut weg, zumal er in Unterzahl aus dem 26:24 (43.) durch Treffer von Ole Pregler (44.), Giorgi Tskhovrebadze (45.) und Tilen Kodrin (45.) sogar das 29:24 machte. Damit war die Partie gelaufen zugunsten des VfL, der in Keeper Tibor Ivanisevic (13 Paraden/Quote gehaltener Bälle 38,24 Prozent) einen sehr starken Rückhalt hatte. Trainer Sigurdsson zeigte sich später begeistert: „Ich bin natürlich unglaublich zufrieden und glücklich, wie wir heute gespielt haben. Wir hatten anfangs große Probleme und sind dann durch unser Tempospiel drangeblieben. In der zweiten Halbzeit hatten wir die eindeutig bessere Torhüterleistung, das hat uns den Rücken freigehalten. Ich hätte mir am Ende gewünscht, dass wir noch cleverer spielen, aber das ist Meckern auf hohem Niveau.“

Der Vergleich zu 2022 lohnt sich auch für den Bergischen HC, weil er sich selbst irgendwie treu zu bleiben scheint. Seinerzeit gab es nach dem 4:4-Start eine Serie von fünf Niederlagen und das Team von Trainer Jamal Naji schien im direkten Kampf gegen den Abstiegskampf zu stecken. Danach verblüfften die Solinger jedoch die gesamte Liga, als sie durch starke Auftritte im November und Dezember genau 12:6 Punkte sammelten, sodass in der Summe kurz nach Weihnachten und dem 32:30 bei der TSV Hannover-Burgdorf genau die 16:20 Punkte auf dem Konto standen, die der BHC als sehr brauchbare Basis für den zwölften Platz (30:38) und den sicheren Klassenerhalt nehmen konnte. Diesmal geht es mit 10:14 Zählern vom zehnten Rang aus in den Jahres-Endspurt am Donnerstag beim TBV Lemgo Lippe (Rang 15/7:15), am 23. November gegen den SC DHfK Leipzig (Neunter/10:14), am 3. Dezember beim THW Kiel (Fünfter/14:10), am 10. Dezember gegen den TVB Stuttgart (Zwölfter/9:15), am 17. Dezember bei der TSV Hannover-Burgdorf (Achter/13:11), am 20. Dezember bei Frisch Auf Göppingen (Platz 16/7:17) und am 23. Dezember gegen die HSG Wetzlar (Platz 13/9:15). Fürs Erreichen der 16er-Marke von Ende 2022 fehlen demnach vier Zähler, die bei drei Heimspielen gegen ebenfalls nach Sicherheit suchenden Konkurrenten aus dem eigenen Tabellen-Umfeld möglich sind – und sein müssen.

Was alles möglich ist, zeigte Najis Mannschaft nun auch beim 29:28-Krimi gegen den HSV Hamburg, als sie zunächst dominierte – 6:3 (9.), 12:8 (20.). Die Gäste antworteten zwar mit dem Anschluss zum 11:12 (26.) und 14:15 (29.), doch der BHC erwischte mit zwei Treffern zum 18:14 (32.) den besseren Start in die zweite Halbzeit, um anschließend in eine endlos wirkende Durststrecke zu rutschen – 18:21 (39.). Er kämpfte sich anschließend immer wieder heran, sah aber mit dem 25:28 (57.) beim nächsten Drei-Tore-Rückstand unverändert wie der Verlierer aus. Inzwischen werden sich alle und nicht zuletzt die Hamburger vor allem diese Frage stellen: Wie konnte das denn erneut kippen? Der BHC verkürzte zunächst in der 58. Minute auf 27:28, ehe Eloy Morante Maldonado das 28:28 (59.) gelang und Azat Valliulin auf der Gegenseite beim Heber die nächste Führung für Hamburg verpasste. Und weil sie bei den Hausherren mindestens einen Spieler mit einem ausgeprägten Sinn fürs Dramatische haben, gelang ihnen wirklich das Happy End – durch den Treffer von Mads Andersen anderthalb Sekunden vor der Schluss-Sirene. Bereits am 7. Oktober hatte der Däne, den sie demnächst vielleicht „Mad Mads“ nennen werden, gegen Melsungen mit dem 32:31 durch einen direkten Freiwurf nach bereits abgelaufener Spielzeit seine Vorliebe fürs Besondere gezeigt. Jamal Naji fasste es treffend zusammen: „Es war ein verrücktes Spiel, ich weiß noch nicht genau, was hier passiert ist.“ Auch Geschäftsführer Jörg Föste blieb gleichfalls nur das Staunen: „Es ist unfassbar, dass Mads Andersen jedes Mal diese kleine Lücke sieht.“

 

Bergischer HC – HSV Hamburg 29:28 (16:14).

Bergischer HC: Johannesson, Oberosler – Beyer (1), Scholtes (4), Nothdurft (3), Ladefoged (3), Andersen (2), Gunnarsson, Fraatz (1), Babak, Arnesson (7/4), Morante Maldonado (1), Stutzke (4), Santos, Seesing (3).

 

VfL Gummersbach – MT Melsungen 37:31 (20:19). 

VfL Gummersbach: Rebmann, Ivanisevic (1) – Vidarsson (5), Kodrin (3), Vujovic (3/2), Köster (7), Blohme (5), Schroven, Häseler, Schluroff, Tskhovrebadze (7), Mappes (1), Pregler (3), Horzen (1), Kiesler, Zeman (1).