2. Bundesliga
Essener Flaute und Dormagener Dilemma
TuSEM findet beim 22:24 gegen Großwallstadt offensiv nicht statt. TSV Bayer überzeugt lange, scheitert aber beim 29:33 an zu cleveren Eulen.

Läuft gerade nicht so: Trainer Michael Hegemann macht sich Gedanken darüber, wie er seine Essener nach vier Spielen ohne Sieg wieder zum noch gar nicht so alten Schwung zurückführen kann. (Foto: Herbert Mölleken)

Im Ruhrgebiet werden sie sich vermutlich nicht besonders darüber aufregen, dass sie gerade mit ihren 11:11 Punkten doch im Mittelmaß angekommen sind. Besondere Ziele nach ganz oben hatten sie ja vor der Saison auch nicht festgelegt und es geht in erster Linie fürs junge Team von Trainer Michael Hegemann darum, möglichst sicher die Klasse zu halten. Was ärgerlicher ist: Der Schwung aus dem frühen Oktober mit dem 22:22 beim TSV GWD Minden und erst recht dem 32:20 gegen den EHV Aue ist wohl irgendwo in einem Herbstnebel verschwunden. Mit dem 29:29 gegen den Dessau-Roßlauer HV produzierte Essen noch ausreichend viele Treffer, doch bereits beim bitteren 24:25 gegen den Spitzenreiter SG BBM Bietigheim reichte die Produktion vorne nicht – ehe sie mit dem 22:22 beim TuS Vinnhorst und jetzt mit dem 22:24 gegen den TV Großwallstadt fast zum Erliegen kam. Die beiden jüngsten Ergebnisse belegen erneut, wo die größte Baustelle der Essener liegt – die mit nur 279 erzielten Treffern in elf Spielen bei einem Durchschnitt von 25,36 pro Partie liegen. Selbst der Vorletzte EHV Aue (293/Schnitt 26,63) und der Letzte TuS Vinnhorst (297/27,00) erzielen gerade über ein Tor mehr pro Spiel. Dass TuSEM auf der anderen Seite erst 278 Gegentreffer kassiert hat (Durchschnitt 25,27), macht die Mannschaft defensiv zur Nummer eins der Klasse – unter anderem klar vor dem aktuellen Spitzenreiter Bietigheim (307/27,29) und noch weiter vor allen Klubs aus der unteren Tabellenhälfte. Insgesamt geht mehr Ausgeglichenheit wahrscheinlich sowieso nicht: Essen ist Zehnter nach elf Spieltagen – mit 11:11 Punkten und 279:278 Toren aus vier Siegen, drei Unentschieden und vier Niederlagen.

Gegen Großwallstadt ging TuSEM lediglich dreimal in Führung. Felix Eißing gelang früh das 1:0 (1.) und Essen musste anschließend lange einem Rückstand hinterherlaufen, der beim 10:13 (28.) am deutlichsten war. Übers 14:14 (35.) und 16:16 (42.) gelang erneut Eißing das 17:16 (43.), ehe nach dem 18:20 (48.) durch Max Neuhaus (50.) und wiederum Eißing (50.) innerhalb von 40 Sekunden der 20:20-Ausgleich gelang und Malte Seidel mit dem 21:20 (51.) die Weichen in eine für die Essener passende Richtung zu stellen schien. Die Hoffnungen gingen allerdings nicht in Erfüllung, denn die Gastgeber blieben auf der Zielgeraden glatte acht Minuten ohne weiteres Tor – und dass nun der sonstige Abwehrspezialist Seidel auf 22:23 (59.) verkürzte, sagte durchaus eine Menge. Endgülig gelaufen war der Abend kurz darauf, als Stefan Salger das 24:22 (60.) für Großwallstadt markierte. „Wir haben uns ein Stück weit selbst geschlagen“, sagte TuSEM-Coach Hegemann, „wir sind nicht so in den Rhythmus gekommen und haben eine unglaublich hohe Anzahl an Fehlern produziert. Trotz der schwachen Leistung schaffen wir es, die Phase zu bekommen, das Spiel kippen zu lassen. Aber wenn du einen schlechten Tag hast und die Chance, das Spiel zu drehen, nicht richtig nutzen kannst, dann gewinnst du eben nicht. Wir müssen weiter an den Abläufen feilen.“ Wie weit die Essener da vielleicht schon gekommen sind, wird sich vermutlich am Freitagabend beim HSC Coburg zeigen – das als Neunter wie Essen mit 11:11 Zählern ausgestattet ist.

Angespannter ist die sportliche Lage beim TSV Bayer Dormagen, der zurzeit immer noch besonders von zwei extrem wertvollen Erfolgen in eigener Halle sowie einem weiteren Vier-Punkte-Erfolg profitiert, den die Mannschaft von Trainer Matthias Flohr aus Sachsen-Anhalt mitbrachte. Sechs ihrer bisher acht Zähler gab es am 15. September mit dem 35:29 gegen den TuS Vinnhorst, am 30. September mit dem 26:17 über den EHV Aue und am 8. Oktober mit dem 35:34 beim Dessau-Roßlauer HV. Das sind schließlich genau jene drei Vereine, die in der Tabelle hinter den mit 8:14 Punkten gerade auf Platz 15 eingestuften Dormagenern die Ränge 16 bis 18 einnehmen – Dessau-Roßlau (7:15) knapp über dem Strich, Aue (4:18) und Vinnhorst (3:19) etwas deutlicher darunter. In der Summe folgt daraus, dass Flohrs sehr junge Mannschaft bisher gerade in besonders wichtigen Spielen ihre Hausaufgaben gut erledigt hat und deshalb die Chancen auf den Klassenerhalt intakt sind – wobei sie durchaus weitere überzeugende Leistung zeigte, die jedoch weniger Ertrag brachten. Ein Ausreißer nach oben war vor allem das 34:32 kürzlich beim TV Großwallstadt (Siebter/12:10), der bis dahin in eigener Halle keinen einzigen Punkt abgegeben hatte. Ob der TSV Bayer weitere Überraschungen aus dieser Kategorie braucht, hängt unter anderm von der weiteren Ausbeute bei den beiden Aufsteigern in Aue und Vinnhorst ab. Der TuS hat erst drei Zähler auf dem Konto, die er nach einem schlechten Saisonbeginn in den vergangenen vier Wochen holte (32:29 gegen HC Elbflorenz Dresden, 22:22 gegen TuSEM Essen), während der mit 0:10 Punkten ebenfalls schwach gestartete EHV am 7. Oktober mit dem 29:25 gegen den TV Hüttenberg (Platz 14/9:13) seinen ersten Sieg einfuhr und am vergangenen Samstag seinen zweiten – mit dem ziemlich unerwarteten 31:27 beim zur erweiterten Spitzengruppe gehörenden TuS N-Lübbecke (Sechster/13:9).

Beim jüngsten 29:33 gegen die Eulen Ludwigshafen war Dormagen bis weit in die zweite Halbzeit hinein gleichwertig unterwegs und kam noch beim 23:24 (47.) für etwas Zählbares in Frage. Dass es insgesamt trotz aller Leidenschaft nicht zum Happy End reichte, hatte besonders in der entscheidenden Phase viel mit Erfahrung und taktischer Übersicht der Eulen zu tun – die ohnehin meistens  vorne lagen und Dormagen nur mit dem 6:5 (8.) und 7:6 (11.) eine Führung überließen. Der TSV Bayer kam nach dem 8:10 (17.) vor der Pause übers 10:10 (18.) zurück und glich das 12:14 (23.) ebenfalls wieder aus – 14:14 (27.), 15:15 (29.). Dass Ludwigshafen in der zweiten Halbzeit auf 19:16 (36.), 20:17 (39.) und 23:19 (43.) erhöhte, traf Flohrs Team noch nicht ins Mark, und der direkte Kontakt war mit dem 22:23 (46.)  und 23:24 (47.) bald wieder da. Entscheidend für den Ausgang der Partie: Eulen-Trainer Johannes Wohlrab stellte vorne auf den siebten Feldspieler um – und die Hausherren damit vor fast unlösbare Probleme, sodass dieses Duell übers 28:24 (52.) spätestens mit dem 32:26 (57.) gelaufen war. Bayer-Trainer Matthias Flohr beurteilte das Resultat sachlich: „Der Sieg der Eulen war verdient. Es war ein Spiel auf Augenhöhe, bis die Eulen das Sieben gegen Sechs ausgepackt haben. Es war beeindruckend, wie sie immer die richtigen Entscheidungen getroffen haben. Wir haben es auch mit einer 3:2:1-Deckung versucht, doch sie waren abgezockter und hatten die nötige Ruhe am Ball.“ Weiter geht es jetzt für den TSV am Samstag beim VfL Lübeck-Schwartau (Zwölfter/10:12) mit dem einst in Dormagen tätigen Trainer David Röhrig.

 

TSV Bayer Dormagen – Eulen Ludwigshafen 29:33 (15:16).

TSV Bayer Dormagen: Juzbasic (1), Simonsen – Reuland (3), Böhnert, Kremp, Rehfus (1). I. Hüter (1), Reimer (5/4), Böckenholt, Schroven (4), Strosack (1), P. Hüter (1), J.-Chr. Schmidt (3), Pauli (2), Steinhaus (7), Sondermann.

 

TuSEM Essen – TV Großwallstadt 22:24 (12:13). 

TuSEM Essen: Fuchs, Diedrich – Ellwanger (5), Wolfram (1), Wilhelm, Homscheid, Eißing (4), Szczesny (3), Seidel (2), Klingler, Neuhaus (1), Rose (1), Mast (4), Werschkull, Schoss (1).