3. Liga
Sie sind anders: Aldekerk und sein eigenes „Spitzenspiel“
TVA erwartet als Letzter den Vorletzten TSG Haßloch. TuS 82 Opladen fährt zum Tabellenführer Ferndorf, Aufsteiger Interaktiv erwartet die Panther.

Ringen um den Sieg: David Hansen ist Aldekerks bester Werfer und mit seinen Toren unverzichbar fürs Gelingen des Unternehmens Klassenerhalt. (Foto: Carsten Wulf)

Die Menschen dort sehen sich ja selbst als Dorf und das zugleich als ehrende Auszeichnung. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass der TV Aldekerk in dieser Saison bereits reichlich oft Spiele verloren hat, aber noch nichts an Begeisterung für den Handball und Stolz darauf, für den Verein in der 3. Liga unterwegs zu sein. Und über eine beträchtliche Portion an Leidensfähigkeit müssen der spielende Trainer Tim Gentges, der im Übrigen gar nicht mehr so viel spielt, und seine Mannschaft ganz bestimmt verfügen: Nur einen Sieg gab es im bisherigen Saisonverlauf, mit 2:18 Punkten liegt Aldekerk ganz am Ende der Tabelle auf einem der drei Abstiegsplätze. Anderswo wäre der herbstliche Himmel noch grauer, als er es zurzeit in der Regel ohnehin ist, und anderswo wäre längst eine Trainerdebatte entbrannt. Selbst in den Klassen darunter haben ja die Verantwortlichen durchaus nicht überall begriffen, dass jenes Verfehlen erhoffter/festgelegter Ziele keineswegs immer am Chefcoach liegen muss. Beim TVA gibt es außerdem mindestens zwei Faktoren, die zur aktuellen Lage beigetragen haben – wie die Tatsache, dass sich allgemein die Qualitäten des Vorjahres-Aufsteigers herumgesprochen haben. Die Konkurrenz nimmt die Aldekerker längst als vollwertiges Mitglied der 3. Liga und sicher zu hundert Prozent ernst.

Außerdem scheint es wirklich so zu sein, dass die neue Gruppe Süd/West sportlich stärker ist als die alte Gruppe West in der Saison 2022/2023. Ganz vorne ist – wie vor einem Jahr – nur die HSG Krefeld Niederrhein (17:3 Punkte) als erster Verfolger des Spitzenreiters TuS Ferndorf (17:1) zu finden. Die Eagles befinden sich damit auf dem Weg, erneut den Zutritt für die Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga zu erlangen und ihr Zwischenziel zu erreichen. Schwerer als seinerzeit tun sich jedoch der Longericher SC (am Ende Dritter/35:17) und die Bergischen Panther (Vierter/34:18), die sich damals beide für die Pokalrunde der Drittligisten qualifizieren konnten. Davon sind die Panther aktuell als Achter (11:9) ein Stück und die Longericher als Zwölfter (8:12) sogar das eine oder andere Lichtjahr entfernt. Sein Niveau  ergebnistechnisch halten konnte immerhin der TuS 82 Opladen (Siebter/26:26), der nach zehn Spielen der vorigen Saison ebenso bei 12:8 Zählern stand wie jetzt als aktueller Fünfter. Ganz nebenbei verfügt er mit drei Siegen hintereinander auch über die beste mögliche Serie. Wohl über den eigenen Erwartungen liegt der Aufsteiger Interaktiv.Handball (Neunter/9:11), der aber 2022/2023 noch nicht dabei war und deshalb keinen Vergleich erlaubt.

Was sie in Aldekerk vor der Partie gegen die HSG Haßloch ebenfalls noch nicht verloren haben: Humor. „Es wird ein Spitzenspiel in den unteren Tabellenregionen geben“, sagt Tim Gentges. Und wer die Tabelle einfach auf den Kopf stellt, entdeckt anschließend tatsächlich ein Gipfeltreffen, denn der Letzte TVA erwartet den zwei Zähler besser stehenden Vorletzten TSG Haßloch (4:16), der seine Punkte aus zwei Unentschieden und einem Sieg aufs Konto überwies – 29:29 gegen die HG Saarlouis, 26:26 beim TuS Dansenberg, 30:29 beim TV Gelnhausen. Mut schöpft das Schlusslicht Aldekerk nicht zuletzt aus den beiden vergangenen Auftritten gegen den Zweiten HSG Krefeld Niederrhein (33:38) und beinahe noch mehr aus jenem Spiel zuletzt beim Dritten HSG Nieder-Roden (32:33), als mindestens ein Punkt der verdiente Lohn für eine überzeugende Leistung gewesen wäre – was im Übrigen die Hausherren unter anderem durch ihren Trainer Jan Redmann nicht anders sahen: „Aldekerk war die bessere Mannschaft.“ Der Kollege Gentges hört das erstens gerne und sieht sich zweitens in seinem Standpunkt und Optimismus bestätigt: „Wir haben durch unsere Ergebnisse bewiesen, dass wir absolut ligatauglich sind und in der Lage, eigentlich jeden Gegner zu schlagen, wenn man Ferndorf und Krefeld mal ausklammert. Wir haben auch jetzt gegen Haßloch die Chance, zu gewinnen. Was wichtig ist: Dass die Mannschaft den Glauben behält, den Bock umzustoßen und das Glück mal wieder auf unsere Seite zu holen. Da mache ich mir aber keine Sorgen, denn die Körpersprache und die Stimmung sind hervorragend. Man merkt, dass es noch nicht vorbei ist, dass wir noch genügend Chancen haben und das wir das Zeug dazu haben, diese Chancen zu nutzen, und dass wir jetzt am Ende des Tages eine Aufholjagd beginnen. Ich bin davon überzeugt, dass wir noch ein erhebliches Wörtchen mitreden werden. So, wie wir jetzt gespielt haben und schon so oft in dieser Saison gespielt haben, spielt kein Absteiger. Natürlich müssen wir immer an diese Leistungsgrenze kommen.“

Gleichfalls vor einer anspruchsvollen Aufgabe stehen die Opladener, die als Außenseiter beim bisher ungeschlagenen Ersten Ferndorf gefordert sind – und das nach dem 31:28 am vergangenen Freitag gegen den Longericher SC relativ unbelastet angehen können, denn zu verlieren hat die Mannschaft von Fabrice Voigt wenig. Opladens Trainer, der personell aufgrund von Krankheitsfällen wie manche Kollegen wieder an der einen oder anderen Stelle improvisieren muss, freut sich gerade aus der Außenseiter-Position heraus auf die Partie: „Für uns ist das ein Spiel, das wir noch mehr genießen wollen als jetzt das Derby. Da war der Druck groß, den sich viele gemacht hatten. Das können wir am Samstag vielleicht noch ein bisschen mehr in die Balance bringen und dann ist es unser Ziel, wieder ein gutes Paket aus Abwehr und Torwart zu stellen und die ganzen Fehler vorne wie hinten im Vergleich zu Longerich abzustellen. Wir fahren da schon hin, um etwas mitzunehmen. Wir wissen, dass das neben Ferndorf und Krefeld das schwerste Auswärtsspiel sein wird – aber wir fahren da nicht hin, um uns eine Lehrstunde abzuholen.“ Größere Chancen auf etwas Zählbares dürfte dennoch das weitere Restprogramm für 2023 bringen, das in der Folge vor Weihnachten das Duell am 25. November mit den Aldekerkern, am 2. Dezember beim TV Homburg (Platz 14/4:16 Punkte), am 9. Dezember gegen die HSG Rodgau Nieder-Roden (Dritter/15:5) und am 16. Dezember bei der TSG Haßloch bereithält.

Kaum richtig einzuschätzen ist am elften Spieltag das Treffen zwischen Interaktiv.Handball (Neunter/9:11) und den Bergischen Panthern – weil sich einerseits die Ratinger wie bereits im Aufstiegsjahr in der Regionalliga weder durch äußere Einflüsse noch durch enge Spielstände sonderlich beeindrucken lassen und weil andererseits die Panther (Achter/11:9) bislang keinen richtig klaren Weg durch die Serie gefunden haben – obwohl sie für die untere Hälfte deutlich zu viel Qualität auf die Platte bringen. Voraussetzung ist allerdings, dass Trainer Marcel Mutz alle Mann an Bord hat und nicht immer wieder personelle Baustellen bewältigen muss. Was die Panther über Einsatz und Leidenschaft zu leisten in der Lage sind, zeigten sie zuletzt besonders eindrucksvoll beim 33:33 gegen die HSG Krefeld Niederrhein.

Definitiv hinter den eigenen Ideen und Zielen liegt der Longericher SC, der nach dem 31:25 am 31. Oktober gegen den TV Gelnhausen (Elfter/8:12) noch ein ausgeglichenes Konto (8:8) vorweisen konnte und dann auf 8:12 Punkte ins Minus rutschte – 32:38 bei der HSG Hanau, 28:31 beim TuS 82 Opladen. Das Team von Trainer Chris Stark setzte auf dem Weg in diese Niederlagen jeweils eine Halbzeit in den Sand: Während es in Hanau die erste war, wechselte der LSC für seinen Durchhänger in Opladen in die zweite. Das Heimspiel gegen den Vierten HSG Dutenhofen-Münchholzhausen II (13:7) wollen die Kölner nun am liebsten als Basis dafür nutzen, sich allmählich doch wieder zur oberen Tabellenhälfte zu bewegen. Die allgemeine Situation findet dabei zwar kein Kölner begeisternd, aber größere Unruhe ist gleichzeitig nicht zu erkennen: „Wir haben ärgerlicherweise den einen oder anderen Punkt liegen lassen und stehen dadurch im unteren Mittelfeld“, meint Stark, „ein Hauptgrund sind die vielen Langzeitverletzten, dass wir zwei Linkshänder verloren haben und immer wieder Rückschläge erleiden müssen mit kleineren Verletzungen und nie die Mannschaft der Vorwoche aufbieten konnten. Dadurch kamen wir nie so in den Flow, was natürlich auch mit nicht optimalen Leistungen der einzelnen Spieler zu tun hat und vor allem mit schwankenden Leistungen im Spiel. Auch da kann man sagen, das ist der hohen Belastung geschuldet, weil sehr viele Spieler so gut wie gar keinen Wechselmöglichkeiten bekommen. Wir arbeiten aber unermüdlich weiter und wir sind durch die fehlenden Siege in den letzten Wochen überhaupt nicht nervös. Die Kraft kommt aus der Gruppe, wir halten zusammen.“