20. November 2023 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Irgendwann im Laufe einer Saison kommt der Zeitpunkt, an dem der Blick nach unten zu den nicht unwesentlichen Bestandteilen der Arbeit gehört. Das ist auch in der 2. Bundesliga so – selbst dann, wenn einer alles in seinen Möglichkeiten Stehende investiert und sich selbst wenig vorzuwerfen hat. Insofern war dieser 13. Spieltag ein voller Erfolg für den um den Klassenerhalt kämpfenden TSV Bayer Dormagen, der sich im Drama in Schleswig-Holstein beim VfL Lübeck-Schwartau (Zwölfter/11:13 Punkte) sehr kurz vor der Schluss-Sirene ein 29:29 sicherte. Sören Steinhaus traf zum späten Ausgleich, als die Uhr noch zwei Sekunden Restspielzeit anzeigte – nachdem Dormagen erst neun Sekunden vor dem Ende das 28:29 hatte hinnehmen müssen. Dieser Steinhaus-Treffer war ebenso verdient wie wertvoll, weil die Dormagener ja in der Partie auf Augenhöhe leer auszugehen drohten – und sich durchs Unentschieden beim Betrachten der anderen Ergebnisse noch aufgewertet fühlen durften. Hinten gewann der bisherige Letzte TuS Vinnhorst im Aufsteigerduell beim neuen Schlusslicht EHV Aue mit 28:23 und der Drittletzte Dessau-Roßlauer HV unterlag gegen den TuS N-Lübbecke mit 22:28. Daraus folgt: Der TSV konnte auf Rang 15 mit 9:15 Zählern die Distanz zu Dessau (7:17) minimal ausbauen und die auf Vinnhorst (5:19) sowie Aue (4:20) zumindest halten. Für TuSEM Essen dagegen brachte der zwölfte Spieltag weniger Ertrag, weil die Mannschaft von Trainer Michael Hegemann mit dem 23:28 beim HSC Coburg (Achter/13:11) zum fünften Mal hintereinander sieglos blieb, dabei nur auf 2:8 Zähler kam (Dormagen im selben Zeitraum 3:7) und nun auf Rang elf bei 11:13 Punkten wieder im Minus angekommen ist – zum ersten Mal im Übrigen seit dem ersten Spieltag und dem 23:36 beim ASV Hamm-Westfalen. Essen ist zwar nicht direkt gefährdet, doch die Leichtigkeit des Seins vor allem im Angriff gerade irgendwo auf der Strecke geblieben. In der Addition brachten die vergangenen vier Partien mit dem 24:25 gegen die SG BBM Bietigheim (Erster/20:4), dem 22:22 beim TuS Vinnhorst, dem 22:24 gegen den TV Großwallstadt (Siebter/14:10) und dem neuesten 23:28 in Coburg nur 91 Treffer – im Durchschnitt lediglich 22,75. Damit werden sich auf Dauer nicht viele Spiele gewinnen lassen.
Der Auftritt in Coburg nahm einen aus Essener Sicht enttäuschenden Verlauf. Nach dem 1:0 (3.) von Alexander Schoss blieb TuSEM zwar bis zum 5:4 (11./erneut Schoss) regelmäßig vorne, ehe der HSC den Spieß zum eigenen 6:5 (14.) umdrehte und bis zum 10:9 (28.) am Ende der ersten Halbzeit durchgängig führte. Nach der Pause erwischte TuSEM dann den besseren Start und schaffte übers 12:10 (35.) bis zum 16:15 (44.) jeweils eine Führung, geriet anschließend aber übers 17:17 (46.) und 19:19 (48.) erneut ins Hintertreffen. Dreinhalb Minuten und einen 0:4-Lauf später hieß es 19:23 (52.), ehe Coburg im Anschluss ans Essener 21:23 (54.) mit einer 3:0-Serie die Entscheidung besorgte – 26:21 (58.). Hegemann analysierte die Niederlage sachlich: „Wir wussten um die Schwere der Aufgabe. Insgesamt hat die Mannschaft einige Sachen deutlich besser gemacht als zuletzt. Wir waren lange gut im Spiel und haben es offengehalten. Aber rund um die 50. Minute hatten wir hinten nicht mehr so den Zugriff. Wir bekommen das Kreisläuferspiel nicht in den Griff und haben vorne auch ein, zwei Pfiffe gegen uns. Das alles war dann der Knackpunkt und hat uns in gewisser Weise kaputt gemacht. Alles in allem war es nicht genug und wir haben es nicht geschafft, über 60 Minuten die volle Deckungsstabilität aufrechtzuerhalten.“ Was sicher sein dürfte: Für die Aufgabe am Freitag gegen die Eulen Ludwigshafen (Neunter/12:12) braucht Essen eine Steigerung und mit 22 oder 23 erzielten Toren wird wohl wieder eher sehr begrenzt etwas zu holen sein.
Wer in Lübeck einen nennenswerten Niveau-Unterschied zwischen den beiden Teams hätte herausarbeiten wollen, hätte dazu vor allem eine leistungsstarke Lupe benötigt – und wäre trotzdem nicht fündig geworden. Das 11:8 (16.) war die einzige Situation, in der mal einer (in diesem Fall die Gastgeber) drei Treffer Differenz in der von wechselnden Führungen geprägten Partie vorlegen konnte. In der zweiten Halbzeit drehte Flohrs Team einen 15:16-Rückstand (32.) zum 18:16 (36.) und 19:17 (39.), doch das alles war ebenfalls nur die Einstimmung auf ein noch spannenderes Duell – auf dessen Zielgerade Lübeck ab dem 24:23 (47.) lange mit einer knappen Führung einbog. Beim 28:27 (56.) durch Frederik Sondermann lag wieder ein Bayer-Sieg im Bereich des Möglichen, doch der VfL glich zum 28:28 (57.) aus und schaffte jenes 29:28 – was Flohr sofort zu seiner letzten Auszeit veranlasste. Die sechs Rest-Sekunden reichten nun tatsächlich zu einem finalen Versuch von Sören Steinhaus, der alles in diesen Wurf legte und dafür mit dem 29:29 belohnt wurde. „Ich bin stolz auf meine Mannschaft“, betonte Flohr, „wie sie defensiv diese knifflige Situation gemeistert und am Ende im Angriff die Coolness bewahrt hat, war Spitze. Das ist unter dem Strich ein gewonnener Punkt. Das Remis ist das gerechte Ergebnis.“ Mit defensiv knifflig meinte er einen nicht kleinen Teil der zweiten Halbzeit, nachdem dort Patrick Hüter (45.) und Jan-Christian Schmidt (48.) kurz hintereinander jeweils die Rote Karte gesehen hatten. Ob es mit beiden im Endspurt zu mehr gereicht hätte, ist kaum abzuschätzen. Ganz sicher ist Dormagen allerdings am kommenden Sonntag beim Zweiten ASV Hamm-Westfalen (18:6 Punkte) der klare Außenseiter.
HSC Coburg – TuSEM Essen 28:23 (10:9).
TuSEM Essen: Fuchs, Diedrich – Ellwanger (3), Wolfram (1), Wilhelm (4), Homscheid, Asmussen, Eißing, Szczesny, Seidel (1), Klingler (3), Neuhaus (3), Rose (2), Mast (2), Werschkull, Schoss (4).
VfL Lübeck-Schwartau – TSV Bayer Dormagen 29:29 (15:15).
TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Simonsen – Reuland (5), Böhnert, Kremp, Rehfus (3), I. Hüter (3), Reimer (1/1), Schroven (2), Strosack (2), P. Hüter (1), Schmidt, Pauli, Steinhaus (8), Sondermann (4).
xxxxx