21. November 2023 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Beide Niederlagen gehörten in dieselbe Kategorie, denn sie waren ziemlich unnötig. Schmerzhafter dürfte sich jedoch das 28:31 des Bergischen HC beim TBV Lemgo Lippe angefühlt haben – vor allem deshalb, weil die Mannschaft von Trainer Jamal Naji dort bei einer Zwei-Tore-Führung am Startpunkt der Zielgeraden noch alles selbst in der Hand hatte. Naji drückte das hinterher so aus: „Warum die letzten Minuten jetzt anders verlaufen sind als die vorherigen, das soll jeder selbst interpretieren. Am Ende des Tages verlieren wir dieses Spiel sicherlich auch aus vielen Gründen, bei denen wir uns an die eigene Nase fassen müssen. Gegen Ende fehlt uns vielleicht so ein wenig die richtige Härte im Zweikampfverhalten. Dazu kommt das Sieben gegen Sechs von Lemgo, was am Anfang der Schlussphase sehr gut klappt. Wir haben damit Probleme und sie sind sehr effektiv im Abschluss. Dann holen wir uns ein, zwei Bälle und nutzen das nicht. Gegen Ende ist das Spiel einfach verrückt. Selbsterklärend haben mir daher die letzten zehn Minuten nicht gefallen.“ Der Kollege Gudjon Valur Sigurdsson hatte vorwiegend andere Themen aufzuarbeiten: Sein VfL Gummersbach ließ über die gesamten 60 Minuten zu viele gute Gelegenheiten aus, geriet deshalb nach einer frühen Führung bald in Rückstand, griff am Ende vergeblich nach einem vielleicht wieder möglichen Punktgewinn und verlor bei der HSG Wetzlar mit 28:31. Mit Rang sechs und 14:12 Punkten kann der VfL trotzdem weiter ganz gut leben, zumal er immer noch vor prominenter Konkurrenz wie Rhein-Neckar Löwen (Siebter) und TSV Hannover-Burgdorf liegt (Achter/beide 13:13). Beim Bergischen HC, der Lemgo und Wetzlar (jeweils 12:12 Punkte) an sich vorbeiziehen lassen musste, geht der Blick von Rang 13 (10:16) aus weiterhin eher nach unten: Der Vorsprung auf den ersten der beiden Abstiegsplätze beträgt weiter drei Punkte, weil dort der ThSV Eisenach (7:19) mit dem 31:38 beim SC Magdeburg zum fünften Mal hintereinander leer ausging. Sogar bei acht Niederlagen in Folge steht Schlusslicht HBW Balingen-Weilstetten (5:21).
Der BHC lag in Lemgo mit dem 0:1 (2.) schnell hinten – das allerdings für die nächsten 50 Minuten zum letzten Mal. Nicht mal 60 Sekunden und drei blitzartige Tore durch Tim Nothdurft später hieß es dann bereits 3:1 (3.) und Najis Team fand auch nach dem 4:1 (4.) immer richtige Antworten auf alle Aktionen der Hausherren, die auf 6:7 (13.) oder 7:8 (14.) verkürzten, ehe der BHC auf 12:9 (21.) erhöhte. Lemgos Ausgleich zum 13:13 (29.) hielt ebenfalls nicht lange, weil die Gäste kurz vor der Pause das 14:13 (30.) erzielten und am Anfang der zweiten Halbzeit auf 16:13 (35.) erhöhten. Übers 19:16 (42.) und 21:17 (44.) blieb es bei einer klaren Führung und wenig deutete hier auf eine Wende hin. Die passierte trotzdem, obwohl Naji nach dem 20:21-Anschluss (46.) des TBV sofort eine Auszeit nahm – die jedoch zwei weitere Gegentreffer zum 21:22 (48.) nicht verhindern konnte. Für die Moral der Solinger sprach, dass sie den Spieß erneut umdrehen konnten und nun mit dem 26:24 (53.) erneut viele Vorteile auf ihrer Seite hatten. Die Hoffnungen auf Zählbares blieben bis zum 27:27 (56.) intakt, bevor der TBV mit seiner 3:0-Serie zum 30:27 genau 45 Sekunden vor dem Ende die Entscheidung herbeiführte, die den Gästen tatsächlich schwer im Magen lag und Lemgos Trainer Florian Kehrmann tief durchatmen ließ: „Was zwischen der 53. und der 58. Minute passiert, sind purer Kampf und purer Wille in der Abwehr. Ich bin wirklich stolz, dass wir dieses Spiel gewonnen haben, weil der BHC zuvor sehr, sehr gute Leistungen gebracht hat und unangenehm zu bespielen ist.“ Für den BHC unangenehm zu bespielen dürfte am Donnerstag auch der SC DHfK Leipzig sein (Neunter/12:14).
Unangenehm zu bespielen war für die Gummersbacher von der ersten Minute an auch die HSG Wetzlar, die zuvor am 17. September mit dem 29:24 gegen Frisch Auf Göppingen erst ein Heimspiel in dieser Saison gewonnen hatte und selbst jetzt in eigener Halle noch hinter seiner Auswärtsbilanz liegt (5:9/6:6). Einer der wesentlichen Gründe, dass es für die Gäste aus dem Oberbergischen in Hessen nicht zu Zählbarem reichte: Sie bekamen Wetzlars Rückraumspieler Lenny Rubin nicht in den Griff, der praktisch nach Belieben treffen (acht Tore) und seine Nebenleute bedienen konnte. Und insgesamt haben die Gummersbacher in dieser Saison erst ein Mal mehr Gegentreffer kassiert – am zweiten Spieltag mit dem 31:40 beim THW Kiel. So viele Gegentore wie in Wetzlar gab es auch mit dem 33:33 gegen die TSV Hannover-Burgdorf und mit dem 27:33 gegen den Bergischen HC. Das Gegengewicht zu den defensiven Lücken war vorne nicht zum ersten Mal Linksaußen Milos Vujovic, der es diesmal auf elf Treffer brachte (sieben per Siebenmeter) und inzwischen in der Torschütznliste der Bundesliga auf Rang 17 mit 64 Toren der erfolgeichste Gummersbacher ist – vor Kapitän Julian Köster (26./55). Außer diesen beiden traf im Übrigen für den nur bis zum 3:2 (5.) führenden VfL im Endspurt in Wetzlar lediglich Ole Pregler: Nach dem 26:29 (54.) verkürzte Vujovic auf 27:29 (55.) und nach dem 27:30 (55.) auf 28:30 (56./Siebenmeter), ehe Pregler das 29:30 (56.) erzielte. Aus dem 29:32-Rückstand (58.) als Wetzlarer Antwort machten Vujovic (59./Siebenmeter) und Köster (60.) den 31:32-Anschluss, doch die HSG verwandelte die Halle mit dem 33:31 (60.) sofort wieder in ein Tollhaus. Torschütze? Natürlich Lenny Rubin. Das passte irgendwie an diesem Abend. Einen passenden Rahmen haben gleichzeitig die Gummersbacher für den bevorstehenden Kracher am Samstag gegen die SG Flensburg-Handwitt (Vierter/18:6), denn die Schalbe-Arena ist für diese Partie längst ausverkauft.
TBV Lemgo Lippe – Bergischer HC 31:28 (13:14).
Bergischer HC: Rudeck, Johannesson, Oberosler – Beyer (1/1), Persson, Scholtes (1), Nothdurft (7), M’Bengue, Ladefoged (3), Andersen (4), Fraatz (4), Babak (1), Arnesson (2), Morante Maldonado, Stutzke (3), Seesing (2).
HSG Wetzlar – VfL Gummersbach 33:31 (17:13).
VfL Gummersbach: Rebmann, Ivanisevic – Vidarsson (1), Kodrin, Vujovic (11/7), Köster (4), Blohme (2), Schroven, Häseler, Schluroff (3), Tskhovrebadze (4), Mappes (1), Pregler (3), Horzen (1), Kiesler (1), Zeman.