Harz beiseite
Lehrer mit Leidenschaft: Wudtke und sein Top-Team
Co-Trainer der Nationalmannschaft kehrt für eine Kollegen-Fortbildung nach Dormagen zurück. Programm und weitere Referenten wie Jamal Naji oder Alexander Koke sind erstklassig.

Hör mal, Franz: Wenn DHB-Trainer Erik Wudtke was erklärt, fallen seine Worte bei den Nationalspielern wie Franz Semper (SC DHfK Leipzig) auf ziemlich offene Ohren. Wudtke hofft jetzt zunächst auf eine erfolgreiche Veranstaltung zur Trainerfortbildung, ehe er sich für Januar 2024 eine erfolgreiche EM wünscht. Auch Semper könnte dabei sein, weil er im vorläufigen 35er-Kader steht. (Foto: Sascha Klahn/DHB)

Gesehen hat ihn vermutlich jeder schon mal. Mindestens dann, wenn er sich für den Handball allgemein und für die Nationalmannschaft besonders interessiert. Dort ist natürlich Alfred Gislason seit März 2020 der Cheftrainer. Dann ist es aber nicht so, dass Co-Trainer Erik Wudtke im Schatten des Isländers steht – was ja alleine physisch sowieo eher unwahrscheinlich ist: Gislason bringt „nur“ 1,91 Meter an Körperlänge auf die Waage, Wudtke kann sich bei fünf Zentimetern mehr und 1,96 Metern also überhaupt nicht hinter dem bekannten Kollegen verstecken, mit dem ihn längst ein freundschaftlich-vertrautes Verhältnis verbindet. Was die Arbeit im Leistungsbereich des Deutschen Handball-Bundes angeht, ist Erik Wudtke damit ganz oben angekommen: Er kennt alle Stars der Szene, besonders gut jene aus der Bundesliga, aber nicht nur dort. Was den gebürtigen Aachener, der einst als aktiver Handballer auf der Position Rückraum Mitte zu Hause war, auszeichnet: Er bildet sich rein gar nichts drauf ein, er steht mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen und er hat ein großes Herz für die Basis. Sein persönliches Credo: „Ich bin Handball-Fundamentalist.“ Besser lässt sich seine Leidenschaft für den Handball nicht umschreiben, die eben mindestens allumfassend ist. Logisch: Für die Europameisterschaft im Januar 2024 wünscht sich auch Erik Wudtke den maximal möglichen Erfolg, für den er sich mit seinen ganzen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln einsetzt. Dasselbe gilt beim weiten Blick besonders auf jenen Bereich, der den „großen Handball“ überhaupt erst möglich macht. Axel Kromer, der Vorstand Sport des DHB, hat Erik mal so beschrieben: „Erik Wudtke noch näher und intensiver ans A-Team zu binden, ist ebenso logisch, wie seine große Kompetenz in der Lehre verstärkt zu nutzen. Die Kombination der Assistenzrolle im A-Team mit der Aus- und Fortbildung unserer Trainer und Trainerinnen ist folgerichtig, denn Erik Wudtke ist bereits seit Jahren der High-Performer unter unseren Referenten.“ Das schmeichelt dem derart Gelobten natürlich, obwohl er Anglizismen im Grunde nicht wirklich mag.

Erik Wudtke, einstiger Bundesligaspieler (MT Melsungen), ist seit 2015 beim DHB angestellt und startete im Verband als Co-Trainer bei der U 20/U 21 von Markus Baur, dessen Nachfolge er im Sommer 2016 antrat. Ein Jahr später erreichte er mit der U 21 das WM-Halfinale 2017, seit 2018 war er danach für die Nationalmannschaft U 18/U 19 verantwortlich – eine Aufgabe, die er vor gut einem Jahr für die neue (nun hauptamtliche) Berufung nach WM-Silber 2019 und EM-Bronze 2022 mit ein paar Bauchschmerzen abgab. „Mich von den Jungs der U 18 zu verabschieden, fällt mir sehr schwer“, betonte Wudtke damals – was grundsätzlich zu einer weiteren Kern-Aaussage passt: „Ich liebe es, mit jungen Leuten zu arbeiten.“ Der Kollege Gislason (64) weiß die Fähigkeiten des 51-Jährigen ebenfalls zu schätzen: „Erik ist eine sehr wichtige Person in unserem Team. Es freut mich sehr, dass er seine Erfahrung auch mit jungen Spielern weiter bei uns einbringt.“ Kromer, der Wudtke als „inhaltlichen Motor des Lehrwesens“ im DHB bezeichnet, und alle anderen Verantwortlichen wirken fast glücklich darüber, dass sie Erik Wudtke noch enger an sich binden konnten als vorher.

Jetzt setzt der „Oberlehrer“ in der Deutschen Trainer-Ausbildung eins seiner obersten Prinzipen in die Tat um: „Es ist immer wichtig, dass du weißt, wo du herkommst.“ Das bedeutet in diesem Fall, dass sich Wudtke als „Kind des Mittelrheins“ sieht – und natürlich nicht vergessen hat, wo er unmittelbar vor seinem Wechsel zum Verband tätig war: Nachdem er den TuS Ferndorf in der Saison 2014/2015 in die 2. Bundesliga geführt hatte, wechselte Erik zum TSV Bayer Dormagen – erst als Jugend-Koordinator und Trainer der C-Jugend. Dann kam ab Dezember 2015 zusätzlich der Co-Trainer bei den DHB-Junioren hinzu und im März 2016 die Sportliche Leitung in Dormagen. Als Erik im Februar 2017 auf den Chefsessel der deutschen Junioren befördert wurde, gab er seine Arbeit beim TSV Bayer auf – um jetzt ganz offiziell nach Dormagen zurückzukehren. Dass der TSV in einer sehr schwierigen Situation steckt und inzwischen heilfroh ist, die vor rund zwei Monaten bekannt gewordene finanzielle Lücke zumindest für diese Saison geschlossen zu haben und den Spielbetrieb für 2023/2024 zu Ende führen zu können, hatte sich natürlich schnell auch zu Wudtke herumgesprochen. Und er entwickelte genauso schnell die Idee, durch eine exklusiv besetzte Trainer-Fortbildung seine Art der Hilfe für die Dormagener in Dormagen beizusteuern, praktisch in deren Wohnzimmer Sportcenter. Was keineswegs selbstverständlich ist: Alle Referenten verzichten auf jegliches Honorar und der Rein-Erlös der Zwei-Tages-Veranstaltung geht an den TSV Bayer.

Was für Interessenten besonders wichtig ist: Chef-Lehrer Wudtke und seine Mitstreiter wissen ja sehr genau, dass sich die in Frage kommenden Teilnehmer am Lehrgangs-Wochenende 16./17. Dezember vermutlich zu einem nicht gerade kleinen Teil mit Mannschaften im vollsten Spielbetrieb der Amateure befinden. „Wir sind da flexibel“, betont Wudtke, „wir wollen den Trainern was Gutes tun, wir wollen ihnen was mitgeben.“ Konkret heißt das: Niemand muss zwingend alle 18 angebotenen Lern-Einheiten mitmachen, nach Absprachen sind drei Abwesenheiten bei den Einheiten möglich. Wer an 15 Einheiten teilnimmt, bekommt gemäß der Absprache mit dem Verband Nordrhein gleichzeitig seine Lizenz verlängert – wobei aber Trainer, die (noch) keine Lizenz besitzen, ebenfalls sehr herzlich eingeladen sind und sich selbst dann anmelden können, wenn sie überhaupt nicht dem Nordrhein angehören. Der Handball kennt an jenem Samstag und Sonntag mal wieder keine Grenzen und die Kosten für die Teilnahme konnten auf 130 Euro begrenzt werden – was vor allem daran liegt, dass die Referenten praktisch zum Nulltarif kommen. Die Liste der anwesenden Prominenz verspricht dabei ein Top-Programm und sie beginnt bei Erik Wudtke, der sich natürlich nicht über die Kollegen stellt und sich lieber mit fast kindlicher Freude auf die beiden Tage freut.

Das Aufgebot der Handball-Lehrer, die alle aus der Vergangenheit einen persönlichen Bezug zum TSV Bayer Dormagen haben, geht dann bei Jamal Naji weiter, der heute den Bundesligisten Bergischer HC betreut. Alexander Koke ist Co-Trainer der Junioren-Nationalmannschaft, Jörg Bohrmann Jugend-Koordinator des VfL Gummersbach und dort Akademieleiter. David Breuer, einst Profi und inzwischen Mentalcoach sowie Patrick Engel (Torhüter-Trainer) und Martin Berger (Jugend-Koordinator, Trainer der A-Jugend und der zweiten Mannschaft) vom TSV Bayer vervollständigen das Referenten-Team, das nahezu alle Bereiche des Handballs abdeckt – und das mit viel Anspruch sowie mit einem hohen Spaß- und Lernfaktor. Los geht es am Samstagmorgen, 16. Dezember, um 9.45 Uhr mit eröffnenden Worten durch Erik Wudtke. Das weitere Programm, Samstag, 10 Uhr bis 11.30 Uhr: Kinderhandball oder Teilnehmer beobachten Abschluss-Training des Dormagener Zweitliga-Teams für die Partie beim HC Elbflorenz Dresden; 11.45 Uhr 12.30 Uhr: Torhüter-Training 1 (Patrick Engel); 12.30 Uhr bis 13.15 Uhr: Torhüter-Training 2 (Patrick Engel); 13.15 Uhr bis 14.00 Uhr: Mittagessen; 14.00 Uhr bis 15.30 Uhr: Angriffstraining (Jamal Naji); 15.45 Uhr bis 17.15 Uhr: Tempospiel (Martin Berger); 17.30 Uhr bis 19.00 Uhr: Coaching (David Breuer); Sonntag, 17. Dezember, 10.00 Uhr bis 11.30 Uhr: Basisschulung/Kindertraining (Jörg Bohrmann); 11.45 Uhr bis 13.15 Uhr: Angriffstraining (Alexander Koke); 13.15 Uhr bis 14.00 Uhr: Mittagessen; 14.00 Uhr bis 15.30 Uhr: Abwehrtraining (Erik Wudtke); 15.45 Uhr bis 17.15 Uhr: Coaching (Erik Wudtke).

Wer auf den Geschmack gekommen ist und bei der Fortbildung mitmachen will, braucht keinen besonders komplizierten Weg zu beschreiten. Die Teilnahme kostet 130 Euro – was die Fortbildung selbst sowie jeweils das Mittagessen am Samstag und Sonntag einschließt. Möglich ist die Anmeldung bis zum 13. Dezember (kommender Mittwoch) bei Nennung des vollständigen Namens, des aktuellen Vereins und  der aktuellen Trainertätigkeit, der Lizenzstufe (mit/ohne), der persönlichen E-Mail-Adresse sowie der  Telefonnummer und Rechnungs-Adresse. Meldungen nimmt Dennis Horn per E-Mail entgegen unter d.horn@tsv-bayer-dormagen.de. Wir sind sicher: Es wird sich lohnen, dabei zu sein.