Regionalliga Nordrhein
Mittwochs-Debakel: Remscheid zerfällt in Dormagen
TSV Bayer II demontiert den Zweiten vorgezogen mit 37:24. Es ist eine Steilvorlage für den Ersten HC Weiden und den Dritten TV Korschenbroich. Ab Rang zwölf herrscht Abstiegskampf.

Ich mach lieber die Augen zu: Remscheids Trainer Nelson Weisz hatte an diesem Mittwochabend wenig Spaß bei der Arbeit. (Foto: Thomas Ellmann)

TSV Bayer Dormagen II – HG Remscheid 37:24 (15:10). Wer ist da der Aufsteiger, dessen oberstes Ziel einzig und alleine der Klassenerhalt ist? Und wer ist da die Mannschaft, die bis vor Kurzem als Tabellenführer vor dem Rest des Felds stand? Das war die zentrale Frage, die sich am Mittwochabend in dieser vorgezogenen Partie vom letzten Spieltag im Kalenderjahr 2023 imme wieder aufdrängte. Remscheid jedenfalls, vor nicht mal zwei Wochen noch die Nummer eins der Regionalliga, zeigte in dieser Partie überhaupt nicht, dass es am Ende für eine Top-Position in Frage kommt – und erlitt am Ende sogar ein Debakel mit 13 Treffern Differenz. Nach dem 26:27 kürzlich beim HC Gelpe/Strombach (Siebter/13:11) verlor das Team von Trainer Nelson Weisz außerdem zum ersten Mal in dieser Saison zum zweiten Mal hintereinander und steht nun bei 18:10 Punkten – was vor allem als Steilvorlage für zwei andere durchgeht, die erst am Wochenende im Einsatz sein werden. Von der Niederlage der Remscheider, die zunächst Zweiter bleiben, können dann sowohl der Erste HC Weiden (19:7) als auch der Dritte TV Korschenbroich (17:9) profitieren, der jetzt bloß noch einen Minuspunkt weniger als die HGR hat und damit eine deutliche bessere Position im Kampf um den Aufstieg – den ja der TVK als einziger aller 14 Klubs vor der Saison als klares Ziel definiert hat. Dormagen, das sich grundsätzlich vor allem aus jedem  Gerangel im hinteren Bereich der Tabelle raushalten will, folgt hinter der TSV Bonn rrh. (16:10) auf dem fünften Platz. „Das ist für uns jetzt super“, sagte der sehr zufriedene Bayer-Trainer Martin Berger, „das Ziel war der Klassenerhalt und da sind wir, denke ich, auf einem sehr, sehr guten Weg.“ Kein Widerspruch.

Dormagen lag nie hinten und musste in der ausgeglichenen ersten Viertelstunde überhaupt lediglich zweimal den Ausgleich hinnehmen – 5:5 (11.), 6:6 (12.). Nach dem 9:7 (20.) und einem 4:0-Lauf zum 13:7 (26.) beließen es die Gastgeber mit dem 15:10 (30.) am Ende der ersten Halbzeit bei einer Fünf-Tore-Führung, ehe sie nur etwas mehr als vier Minuten bis zur Entscheidung beim 20:12 (35.) brauchten. Die acht Treffer Differenz hatten anschließend übers 24:16 (41.) und 28:20 (50.) auch beim 29:21 (52.) Bestand, bevor der Abstand mit dem 31:21 (54.) und 32:21 (55.) in den zweistelligen Bereich kletterte. Die in der Summe machtlosen Gäste verkürzten zwar auf 24:32 (56.), doch auf der Zielgeraden flog ihnen der Abend erneut heftig um die Ohren – als bestens motivierte Dormagener durch Frederik  Sondermann (57.), Kaj Kriescher (57.), Krischa Leis (58.) und weitere zwei Mal Frederik Sondermann (59./60.) vom 32:24 auf 37:24 erhöhten. Ebenfalls außergewöhnlich: Der gute Bayer-Keeper Lennard Kull nutzte den völlig missglückten Versuch der Gäste mit einem siebten Feldspieler zu drei Treffern. Der 20-Jährige war zum 29:21 (52.), 31:21 (54.) und 32:21 (55.) ins jeweils verwaiste Tor der Remscheider erfolgreich.

Bayer-Coach Berger nahm den Verlauf der Partie und die Leistung seiner Mannschaft mit Gegungtuung zur Kenntniss, war jedoch zugleich um Bodenhaftung bemüht. „Wir gewinnen am Ende sehr deutlich und das freut uns, weil wir es gschafft haben, anderthalb Jahre zu Hause kein Spiel zu verlieren. Wir sind sehr froh, dass wir auch das Jahr 2023 ohne Heimniederlage abschließen können. Das Spiel war von Anfang an in unserer Hand, wir konnten die Ausfälle von Carlos Marquis, Moritz Kasper und Janis Beckers mit Auffüllen der A-Jugend und vor allem auch aus dem Perspektivkader der Ersten mit Florian Böhnert und Frederik Sondermann gut kompensieren. Alles in allem war das eine geschlossene Mannschaftsleistung, die auf einer sehr guten Deckung beruhte mit Lennard Kull, der sein sehr starkes Spiel gemacht hat. Wir wollen uns jetzt nur kurz über die Weihnachtszeit zurücklegen und dann im neuen Jahr angreifen und weiter Gas geben.“ Die Fprtsetzung folgt am 16. Januar mit dem Nachholspiel gegen den Tabellenletzten SG Langenfeld (4:20) und dem Kontrastprogramm am 20. Januar beim Aufstiegs-Kandidaten TV Korschenbroich.

Jene Korschenbroicher, die zuletzt in Langenfeld auch in der Höhe verdient mit 32:20 gewannen, könnten als Zweiter in die Pause über Weihnachten/Neujahr gehen, stehen aber vor der durchaus schwierigen Aufgabe bei der HSG Refrath/Hand (Achter/13:13). Dass die Refrather zuletzt mit 27:33 gegen die im Jahres-Endspurt offensichtlich extrem schwungvollen Dormagener den Kürzeren zogen, macht die Aufgabe fürs Team von TVK-Trainer Dirk Wolf vermutlich noch komplizierter – weil Kollege Kelvin Tacke die Angelegenheit mit den Refrathern besonders intensiv analysieren/aufarbeiten und entsprechend auf Wiedergutmachung einstellen dürfte. Wie schwierig Auftritte in der Halle Steinbreche werden können, durfte außerdem vor ungefähr einem Monat der aktuelle Spitzenreiter HC Weiden (19:7) erfahren, der dort eine 26:28-Niederlage hinnehmen musste. Um die Remscheider Pleite auszunutzen und möglichst nah an den Weidenern dranzubleiben, bringt die Korschenbroicher trotzdem nur ein Sieg weiter. HC-Trainer Marc Schlingensief und sein Team haben es dabei im Heimspiel gegen den OSC Rheinhausen (Neunter/13:13) selbst in der Hand, ihre überraschende Position ins neue Jahr zu transportieren – wofür sie natürlich alles geben werden. Rein rechnerisch ist es dennoch möglich, dass der TVK bei einem eigenen Erfolg und einer Weidener Niederlage zum ersten Mal in dieser Saison selbst auf den ersten Platz klettert.

Das Feld derjenigen, die keine direkten Ambitionen nach ganz vorne haben, beginnt bereits bei der TSV Bonn rrh. (16:10 Punkte) auf Rang vier und das extrem breite Mittelfeld reicht im Grunde bis zum MTV Rheinwacht Dinslaken (12:14) auf dem elften Platz – wobei es für alle darum geht, diese relativ komfortable Situation zu verteidigen. Richtig kritisch wird es dahinter ab Rang zwölf, wo der Bergische HC II (8:18) nach sieben Spielen ohne Sieg (2:12) ebenfalls längst stark gefährdet ist und gegen zuletzt wieder stabilere Bonner den nächsten Anlauf unternimmt, die belastende Serie zu durchbrechen. In noch größerer Not steckt hinter dem BHC der Vorletzte Borussia Mönchengladbach (5:19), dessen negativer Lauf (1:15) tatsächlich länger ist als jener der Solinger und der nun beim Sechsten TuSEM Essen II (14:12) versuchen wird, zum Abschluss mal wieder was Zählbares aufs Konto zu bringen. Der bislang letzte Sieg ist ja inzwischen fast völlig verstaubt und drei Monate alt: Am 16. September holte  Mönchengladbach ein 29:28 in Langenfeld – beim Schlusslicht (4:20), das sich kurz darauf von Trainer Christian Paul trennte, aber anschließend unter den Nachfolgern Markus Becker/Lennart Mentges bisher ebenfalls keinen anhaltenden Weg aus dem Keller fand. Mentges‘ Urteil nach dem jüngsten 20:32 gegen Korschenbroich: „So kann und darf das nicht weitergehen.“ Das Heimspiel gegen Dinslaken bietet jedenfalls im Jahr 2023 die letzte Gelegenheit, den Beginn einer Wende zu starten, die der MTV allerdings nicht ohne Weiteres zulassen wird: Er kommt mit der Empfehlung von 11:5 Zählern aus den vergangenen acht Partien, die ihn aus dem Keller befördert und zu einem Mittelfeld-Mitglied gemacht haben.

Der HC Gelpe/Strombach (Siebter/13:11) blickt auf einen Trend von drei Siegen hintereinander zurück – wobei das 32:27 beim OSC Rheinhausen (Neunter/13:13), das 32:28 gegen die Bonner und das 27:26 gegen Remscheid besonders in der Summe sehr beachtlich waren. Sollte das Team von Trainer Markus Murfuni nun auch beim BTB Aachen (Zehnter/13:13) bestehen, wäre es plötzlich fast im oberen Drittel angekommen und könnte dann mit einem besonders guten Gefühl überwintern. Dass der BTB dabei gerade zu Hause überraschen kann, bewies er nicht zuletzt Anfang November mit dem 37:33 gegen die Korschenbroicher. Weniger überraschend war das jüngste 34:31 gegen Mönchengladbach, das Trainer Simon Breuer gleichfalls als erleichternd wertete: „Wir konnten uns ein gewisses Polster nach unten verschaffen.“ Und selbstredend hätten sie in Aachen wenig dagegen, die Rückrunde wie damals die Hinrunde zu beginnen: Da gewann der BTB in Gelpe mit 28:26. Vermutlich haben sie das auch im Oberbergischen nicht vergessen.