13. Januar 2024 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Es ist Samstag, es ist der Morgen danach, es ist ein bisschen unwirklich. Wir sind so in Gedanken versunken und mit dem Abend davor beschäftigt, dass wir beim Brötchenholen den Verkehr aufhalten und die Frage „Wer ist dran?“ nur wie aus der Ferne hören und nicht begreifen, dass wir an der Reihe sind. Ein paar Minuten später ist das Staunen immer noch da: „Ist das gestern wirklich so passiert?“ Der Kaffee hilft dann wie das Bier danach in der Kabine. Ja, es ist passiert. Ja, es hat stattgefunden. Und ja, es war geil, geil und noch mal geil. Wir hatten natürlich gehofft, dass unser Allstar Game im Dormagener Sportcenter gegen den Zweitligisten TSV Bayer ein Erfolg wird – aber nie von einer Veranstaltung zu träumen gewagt, die uns für immer in Erinnerung bleiben wird. Wir müssen danke sagen, trifft es nicht: Es ist uns vielmehr ein Bedürfnis, weil wir diese Gänsehaut unbedingt mit euch teilen möchten. Danke zunächst an diese Mannschaft aus lauter tollen Typen – eingeschlossen Trainer und Betreuer: Wir nennen sie an dieser Stelle noch einmal sehr bewusst in alphabetischer Reihenfolge, weil jeder von ihnen seinen besonderen persönlichen Beitrag geleistet hat: Sebastian Bartmann (DJK Adler Königshof), Nico Eusterholz (TV Rheinbach), Julian Fanenbruck (Betreuer), Tim Gentges (spielender Co-Trainer/TV Aldekerk), Leszek Hoft (Cheftrainer), Luca Houseman (TuS Königsdorf), Marcel Johann (Bergischer HC II), Siggi Knapik (Betreuer/Bergischer HC), Daniel Lay (HSG Refrath/Hand II), Cedric Linden (TV Aldekerk), René Lönenbach (TV Palmersheim), Julian Mayer (HC Gelpe/Strombach), Florian Nordmann (TV Geistenbeck), Simon Schlösser (HSG Siebengebirge), Marius Schmitz (TV Rheinbach), Markus Sonnenberg (TuS 82 Opladen), Kevin Symmanek (Solinger TB), Dustin Thöne (Longericher SC), Timo Wache (Hildener Wölfe).
Wir dürfen natürlich an dieser Stelle nicht verschweigen, dass uns jedes Lob im Laufe dieses Abends wie Öl runtergeht – und es gab davon nicht wenig. Selbst Menschen, die wir vorher nicht kannten und deren Namen wir vermutlich nie erfahren werden, kamen mit Glückwünschen vorbei. Im Kern war darin jeweils die Botschaft enthalten, die unser Cheftrainer Leszek Hoft formuliert hat: „Ich danke euch für dieses tolle Erlebnis.“ Das war es aus Harzhelden-Sicht in jeder einzelnen Sekunde nach dem Betreten der Halle, die sich nach dem Ende des Spiels in der A-Jugend-Bundesliga zwischen Dormagen und dem HC Empor Rostock schnell zu füllen begann. Und spätestens mit dem Einzug der „Räuberbande“, dem Fanclub des Oberligisten TV Palmersheim, stand fest: Die Halle wird an diesem Abend in unserer Hand sein. Es sollte laut werden, leidenschaftlich, stimmungsvoll, intensiv und im wahrsten Sinne des Wortes fantastisch. Und bei allem Respekt vor den sonstigen Spielen im Sportcenter: So etwas hat Dormagen lange nicht gesehen – was uns der eine oder andere, der schon viele Jahre als Stammgast zum TSV Bayer kommt, ungefragt und von selbst bestätigt hat. Die offiziell verbreitete Zahl der Zuschauer soll im Übrigen bei 1171 gelegen haben – und wir melden da mal leise Zweifel an. Unseren Schätzungen nach gehen wir, weil nicht wenige in der Halle (unter anderem Einlaufkinder) selbstredend ebenfalls dabei waren und dafür kein Ticket lösen mussten, von gut 1300 Handballfans aus mit der Tendenz zu 1500.
Die meisten davon waren – wie zu erwarten – dem Harzhelden-Lager zuzuordnen und alle hatten sich vorab gegenseitig versprochen, jeden einzelnen Treffer ausgiebigst zu feiern. Dabei ging es schon mal sehr gut los, denn Simon Schlösser scherte sich nach 45 Sekunden herzlich wenig um das Vorhandensein der hier nicht wachen TSV-Abwehr und erzielte nach dem Motto „Ab durch die Mitte“ das 1:0 für die Harzhelden – das die einzige Führung in dieser Partie bleiben sollte, was am Ende trotzdem keinen wirklich störte. Es folgte kurz darauf die Minute des René Lönenbach, dessen erster Versuch aufs Tor wenig brachte – ehe sein zweiter den 2:2-Ausgleich (4.) bedeutete. Und weil diese Aktion des Spielmachers praktisch direkt vor seinen Palmersheimer Räubern passierte, drohte beim einsetzenden Jubelorkan beinahe das Hallendach wegzufliegen. Nachdem Julian Mayer (8.) und erneut René (9.) aus dem 3:5 (8.) das 5:5 gemacht hatten und Dustin Thöne mit dem 6:6 (9.) ähnlich euphorisch gefeierte Tore gelungen waren, blieb der Abend tatsächlich für eine Weile offen – bis zum 7:8 (12.) wiederum durch Julian. Weil der Handball jedoch trotz aller Romantik in dieser Partie bei zu vielen Fehlern doch ziemlich unromantisch ist, passierte das: Dormagen, das in der 2. Bundesliga ebenfalls stets das höchste mögliche Tempo wählt, nutzte den regelmäßig vorkommenden Wagemut und die lebendige Spielfreude des Harzhelden-Teams aus. Weil nicht alles klappte, weil der Ball oft verloren ging. Bayer nahm jede Gelegenheit zu einfachen Toren gerne an, nutzte darüber hinaus das eine oder andere Missverständnis des Gegners aus, setzte sich auf 14:7 (19.) ab und ging mit einem 22:13 (30.) in die Pause.
Dort wies Leszek Hoft seine Herren noch einmal darauf hin, dass sie eventuell lieber das kleinere Risiko wählen sollten, um das Ergebnis dadurch nicht unnötig nach oben zu treiben. Die Botschaft allein, sie kam nicht so hundertprozentig an, und es gab gleich mehrere Versuche, mittels eines Kempa-Tricks zum Erfolg zu kommen. Ergebnis: Mal fehlten nur wenige Zentimeter, mal mehr. Auf jeden Fall folgte jeweils die Strafe in Form eines Gegentreffers auf dem Fuße. Leszeks Reaktion, die in der Meisterschaft wohl anders ausgefallen wäre: „Ich kann das den Jungs doch an einem solchen Abend nicht verbieten.“ Und es ist ja ohnehin nicht so, dass das Ergebnis dadurch völlig aus den Fugen geraten wäre. Das Spiel fand erstaunlicherweise vor allem in der letzten Viertelstunde sogar fast auf Augenhöhe statt, denn nach dem 36:21 (48.) von Florian Träger kam Dormagen nicht mehr weiter weg. Simon Schlösser verkürzte auf 22:36 (49.) und Markus Sonnenberg auf 23:37 (51.), ehe Sebastian Bartmann eine Zeitstrafe hinnehmen musste und Jan Reimer den fälligen Siebenmeter zum 38:23 (51.) für Dormagen verwertete. Echt stark: Durch den Treffer von Simon zum 24:38 (53.) endete die Unterzahl mit einem beachtlichen 1:1, das eine unserer besten Phasen in der zweiten Halbzeit einleitete – 25:38 (55.) durch Dustin Thöne, 26:38 (56.) durch Sebastian Bartmann. Fast hätte uns mit dem 28:42 (60.) von Tim Gentges sieben Sekunden vor dem Ende auch das letzte Wort in dieser Partie gehört, das allerdings praktisch in die Schluss-Sirene hinein mit dem 43:28-Endstand an Dormagens Luca Rügenberg ging.
Müssen wir das Spiel unter streng sportlichen Gesichtspunkten betrachten? Höchstens vielleicht. Interessant mag dies hier sein: Es gab in der bisherigen Saison in der 2. Bundesliga durchaus einige Klubs, die gegen den TSV Bayer keine 28 Tore erzielen konnten – der TuS N-Lübbecke beim 25:20 in Dormagen, TuSEM Essen beim 26:23, der EHV Aue beim 17:25 in Dormagen, der VfL Potsdam beim 27:22, der TSV GWD Minden beim 18:24 in Dormagen, N-Lübbecke beim 23:22. Hat unser Team Zweitliga-Format? Mag jeder für sich beurteilen, rein handballerisch wohl nicht (bitte die Jungs an dieser Stelle um Nachsicht). Typen-technisch und atmosphärisch war/ist diese Mannschaft aber ein Traum und eine Einzelkritik verbietet sich an dieser Stelle. Es war die ansteckende Freude aller an diesem Abend und die Bereitschaft, jedem seinen persönlichen Moment zu gönnen, die uns begeistert hat. Wie noch dazu unter anderem die Torhüter Marcel Johann vor der Pause und nachher Florian Nordmann (vor seinen eigenen Geistenbecker Fans) irgendwo in den Himmel gejubelt wurden, sorgte für die bereits eingangs erwähnte Gänsehaut bei allen. Die werden wir im Moment noch immer nicht los. Was sich dagegen tun lässt? Wir wissen es nicht. Vielleicht trinken wir zuerst unseren Kaffee zu Ende. Denn es dämmert immerhin die Erkenntnis: Das ist gestern wirklich so passiert. Das war ganz großes Kino. Es macht uns stolz, dass wir mit euch zusammen diesen Abend erleben konnten.
Harzhelden Allstar Team: Nordmann, Johann – Schlösser (3/1), Eusterholz (2), Lönenbach (2), Wache, Sonnenberg (1), Gentges (3), Bartmann (4), Schmitz (1), Thöne (5), Housemann (2/1), Symmanek (1), Mayer (3), Lay (1), Linden.
TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Kull – Kasper, Reuland (2), Emmerich, Ostrowski, Rügenberg (1), Böhnert (8), Kremp (4), Reimer (7/4), Schroven (2), Strosack (6), Träger (2), Schmidt (5), Pauli (1), Steinhaus (5).
Schiedsrichter: Dustin Seidler/Denis Seidler (TSV Aufderhöhe).