08. Februar 2024 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Der heiter-lockere Karneval fällt in diesem Jahr irgendwie aus für den TV Aldekerk. Teilweise jedenfalls. Das hat in erster Linie mit der allgemein ziemlich bescheidenen sportlichen Lage zu tun und besonders natürlich mit dem Mega-Frust vom vergangenen Wochenende, als die Mannschaft um Spielertrainer Tim Gentges im Kellerduell beim TuS Dansenberg eine Niederlage aus der Kategorie besonders bitter hinnehmen musste – durch einen Freiwurf zum 28:29 in der letzten Sekunde. Nicht mal einen einzigen klaren Gedanken konnte der Verlierer direkt nach der Schluss-Sirene fassen. Ob daraus ein echter Wirkungstreffer wird, der die Aldekerker im weiteren Abstiegskampf zusätzlich belastet, muss sich erst zeigen, aber die Auswirkungen in der Tabelle waren natürlich ungünstig. Und ausgerechnet in dieser Situation tritt der TVA nun zum Duell bei der HSG Krefeld Niederrhein an, weil es jemand vor einiger Zeit für eine gute Idee hielt, das Derby auf den ansonsten in der 3. Liga und in allen Klassen darunter freien Karnevalssamstag vorzuziehen (vom 24. Spieltag im April). Klar: Nachbarn sind der TV Aldekerk und die Eagles bei einer räumlichen Distanz von ungefähr 20 Kilometern zurzeit nur geografisch – und erkennbar nicht handballerisch: Auf Rang zwei sind die Krefelder (30:6 Punkte) schließlich zusammen mit dem ungeschlagenen Spitzenreiter TuS Ferndorf (33:1) ein ernsthafter Kandidat für die beiden Plätze, die zur Teilnahme an der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga berechtigen. Das Trio aus HG Saarlouis (25:11) HSG Hanau (23:11) und HSG Rodgau Nieder-Roden (23:11) folgt dann mit einem beträchtlichen Rückstand. Und die Aldekerker? Langsam sollten sie vielleicht einen Rechenschieber bereitlegen, um die Chancen für den weiteren Kampf gegen den Abstieg auszuloten. Die sportliche Rettung hängt schließlich an einem sehr dünnen Faden.
Der spielende Trainer Tim Gentges fordert seine Mannschaft trotz oder gerade wegen der angespannten Situation auf, die kurze Dienstreise nach Krefeld zu genießen – praktisch als willkommene Abwechslung vom Dauerdruck, für die Rettung unbedingt gewinnen zu müssen. „Das war in Dansenberg natürlich ein Tiefschlag“, sagt Gentges, „es hilft jetzt aber nichts, darauf weiter rumzujammern. Es ist vorbei, wir können das nicht mehr ändern. Wir müssen den Blick nach vorne richten und das Krefeld-Spiel kommt eigentlich zu einem recht guten Zeitpunkt für uns, denn wir können das einfach alle genießen. Wir haben ja überhaupt nichts zu verlieren. Jedes enge Ergebnis und jedes Tor, das wir näher an Krefeld heranrücken, oder je länger wir es offenhalten können, ist für uns ein Gewinn. Wir wollen die Leute mit unserer Spielweise begeistern und mit unserer Mentalität. Und natürlich werden wir mit einem Plan hinfahren und so gut wie möglich gegenhalten. Wir wollen das bestmögliche Ergebnis rausholen. Es ist die generelle Aussage für den Rest der Saison, dass wir das durchziehen und weitermachen.“ Das hört sich an dieser Stelle nicht nach Resignation an, sondern eher nach einer Art Kampfansage für die nächsten drei Monate, in denen insgesamt noch 24 Punkte vergeben werden.
Auch in der 3. Liga zählt dabei nicht die Vergangenheit – weder die ältere noch die etwas jüngere. Ein Beispiel dafür ist unter anderem der Auftsteiger Interaktiv.Handball, der im Herbst 2023 nach dem 31:29 gegen die Bergischen Panther und dem 33:33 beim TV Gelnhausen mit 12:12 Punkten auf einem fast perfekten Weg durch die Saison zu sein schien. Davon ist inzwischen nicht mehr viel geblieben und nun beginnt die direkte Gefahrenzone bei den Ratingern, deren Konto nach sechs Niederlagen in Folge auf Rang elf bei 12:24 Punkten angekommen und damit deutlich ins Minus gerutscht ist. Gleichzeitig sitzt Interaktiv die Konkurrenz aus dem Keller im Nacken: Zur HSG Friesenheim-Hochdorf II (11:25) und zum TuS Dansenberg (10:24) gibt es keinen nennenswerten Vorsprung mehr und auch der geringe Abstand zu den drei Abstiegsplätzen sieht wenig beruhigend aus. Hier stecken die Aldekerker als Vorletzter (8:28) zwischen dem Drittletzten TSG Haßloch (10:26) und dem Schlusslicht TV Homburg (8:28) fest und in allergrößter Gefahr. Von der phasenweise traumhaft laufenden Saison 2022/2023 ist rund um die Vogteihalle nichts mehr übrig: In der Summe landete der TVA damals in der alten Gruppe West mit 23:25 Punkten trotz einer finalen Serie von sechs Partien ohne Erfolg (zwei Unentschieden, vier Niederlagen) auf dem sicheren achten Platz und er brauchte sich um das Thema Abstieg nicht mal eine Sekunde zu kümmern. Dem damaligen Aufsteiger muss es heute in der maximal rauen Wirklichkeit so vorkommen, als sei das alles gar nicht passiert. Als habe es die 6:0 und 12:2 Zähler vom Saisonstart 2022/2023 nie gegeben.
Das zweite Jahr in der 3. Liga begann mit 0:8 Punkten, ehe das 31:24 über den direkten Konkurrenten Homburg ein Hoffnungsschimmer war – und gleichzeitig der Auftakt zur nächsten Serie aus fünf Partien ohne Erfolg, sodass die Bilanz anschließend bei noch schwierigeren 2:18 Zählern stand. Mit dem 40:30 gegen Haßloch sowie dem 30:27 beim TuS 82 Opladen sammelte Aldekerk in der zweiten Novemberhälfte neuen Schwung und der 27:24-Sieg am Anfang des neuen Kalenderjahres 2024 bei der HSG Friesenheim/Hochdorf II war wertvoll – zumal längst massives Verletzungspech den ohnehin nicht besonders komfortabel ausgestatteten Kader ausgedünnt hatte. Inzwischen muss der TV Aldekerk ohne David Hansen (Rippe), ohne Cedric Linden (Knie/Schienbein) und ohne Roman Grützner (Kahnbeinbruch) weitermachen und versuchen, den Abstieg zu vermeiden. Dafür brauchen Team und Trainer nahezu ein Wunder oder zunächst wenigstens eine Portion Glück, aber Letzteres läuft ihnen zurzeit nicht gerade hinterher. Im Gegenteil: Am vergangenen Wochenende wäre in Dansenberg ein Unentschieden nach Ansicht selbst der Gastgeber das gerechte Ergebnis gewesen. Jener späte Treffer zum 28:29 war ein echter Nackenschlag, der sich zudem doppelt auswirkte: Da Aldekerk in der Hinrunde ebenfalls gegen den TuS verloren hatte (29:31), liegt er jetzt im direkten Vergleich (am Ende bei Punktgleichheit entscheidend) mit dem Kontrahenten aus Kaiserlautern schlechter. Besser sieht es hier mit Friesenheim-Hochdorf II aus – 26:27 in der Hinrunde, 27:24 vor Kurzem. Im Vergleich mit Interaktiv (30:34) liegt der TVA für den Augenblick hinten, in den Duellen mit Haßloch (40:30) und Homburg (31:24) vorne. Es sind demnach Kleinigkeiten, an die sich der Vorletzte klammern kann/muss.
In dieser Situation ist das Derby in Krefeld weniger ein absoluter Höhepunkt, sondern eher eine Durchgangsstation – weil die kürzlich noch einmal verstärkten Eagles nicht der Gegner sind, an dem sich Aldekerk zu orientieren hat, in seiner aktuell bedrückenden Situation noch viel weniger. Ein Pluspunkt: Neu im Aufgebot der Aldekerker steht in Joris Lehmann (18/Jahrgang 2005) per Doppel-Spielrecht ein junger Rückraumspieler, der beim VfL Gummersbach derzeit in der A-Jugend-Bundesliga und in der U 23 (aktuell Dritter in der 3. Liga/Gruppe Nord-West) unterwegs ist. In Aldekerk erwarten sie keine Wunder vom Neuzugang, aber zumindest bereits in Krefeld eine Entlastung auf Zeit für den auf ein Minimum zusammengeschrumpften Rückraum: „Mal sehen, wie der junge Mann uns helfen kann. Er ist ein talentierter Bursche und wenn er seinen Weg weitergeht, hat er eine gute Zukunft vor sich. Jetzt wird er mit uns versuchen, die personellen Lücken zu füllen.“ Die Wochen der Wahrheit folgen dennoch erst nach Karneval ab dem 16. Februar mit der Aufgabe gegen die Bergischen Panther, bei denen mit 15:19 Punkten und Platz zehn eigentlich die Sicherheitszone beginnt, und besonders der Monats-Abschluss am 24. Februar in Homburg dürfte ein Schlüsselspiel sein. Weitere zentral bedeutsame Spiele gibt es danach am 23. März in Ratingen oder am 20. April in Haßloch. Aldekerk wird auf seinem restlichen Weg durch die 3. Liga wohl hin und wieder sich und erst recht die anderen überraschen müssen. Und es drängt sich auf, rechtzeitig den Rechenschieber bereitzulegen. Am Ende kommt es vielleicht auf Millimeter an.