Regionalliga Nordrhein
Das Drama-Wochenende: Oben eng, unten noch enger
TVK ist endgültig Meisterschafts-Favorit und Dormagen II als einziger echter Konkurrent übrig. Unten sieht es für Langenfeld vor dem Kellerduell beim BHC II richtig düster aus.

Auf dem Sprung: Für Til Klause und den TV Korschenbroich sieht es mittlerweile ganz gut aus im Kampf um den Aufstieg in die 3. Liga. (Foto: Sven Frank)

Es ist der 20. Januar 2024 und der TV Korschenbroich steigt mit einer 34:35-Heimniederlage gegen den TSV Bayer Dormagen II ins neue Handballjahr ein. Es ist der 27. Januar und das Team von Trainer Dirk Wolf scheitert beim 31:32 gegen die HG Remscheid im zweiten Heimspiel hintereinander erneut an einem direkten Konkurrenten aus der Spitze. Der Meisterschaftszug scheint für den einzigen Verein, der offensiv den Aufstieg als Saisonziel ausgegeben hat, abgefahren zu sein – mal wieder. Was damals natürlich keiner ahnen konnte: Die Mitbewerber im Kampf um die besten Positionen machen nichts draus, sie lassen den TVK ungeschadet davonkommen und räumen ihm teilweise sogar den Weg frei, sodass die Mannschaft von Trainer Dirk Wolf das Feld nun bei 27:13 Zählern wieder anführt. Beispiel eins ist der HC Weiden, der von den 8:4 Korschenbroicher Punkten aus den ersten sechs Spielen höchstens träumen kann: Das Team von Trainer Marc Schlingensief (jetzt Vierter/24:16) musste sich im selben Zeitraum mit 5:7 Zählern begnügen – wobei das 29:31 bei der TSV Bonn rrh. vertretbar war und das 28:35 bei der Borussia Mönchengladbach sowie das jüngste 26:29 gegen den Bergischen HC II starke Schmerzen verursachten, denn beide stecken im Kampf gegen den Abstieg. Beispiel zwei ist die HG Remscheid (jetzt Fünfter/ebenfalls 24:16), die nach dem 32:31 in Korschenbroich die besten Aussichten hatte – und sich anschließend zügig wieder aus dem Rennen verabschiedete. Wer ernsthaft an die Meisterschaft denkt, darf nicht kurz hintereinander gegen TuSEM Essen II (31:35), gegen den Bergischen HC II (30:31) und beim OSC Rheinhausen (29:33) verlieren. Raus aus dem Rennen dürfte irgendwie zudem die TSV Bonn rrh. sein (Dritter/25:15), die nach 7:1 Punkten aus den ersten vier Spielen – darunter das beachtliche 29:29 beim TSV Bayer Dormagen II – erst im Gipfeltreffen mit Korschenbroich eine 24;29-Niederlage hinnehmen musste und dann eine zumindest in der Höhe unerwartete 22:30-Pleite beim MTV Rheinwacht Dinslaken aus dem unteren Drittel.

In der Summe bliebt nach den ersten paar Wochen in 2024 und dem jetzt erreichten Stand als dauerhaft ernsthafter Verfolger des Spitzenreiters TVK nur der Zweite TSV Bayer Dormagen II übrig (26:14), der die ersten fünf Spiele im neuen Jahr ungeschlagen überstand und dabei selbst aus Korschenbroich einen wichtigen Erfolg mitnahm. Obwohl das 29:30 vor zwei Wochen bei gefährdeten Mönchengladbachern nicht richtig passte, kann die junge Mannschaft von Trainer Martin Berger nach sieben Partien auf 9:5 Punkte zurückblicken und sie ist durch ihren Turbohandball eine Gefahr für jeden Gegner. Ein Problem: Nicht eben wenige Spieler des Kaders stehen in einer Doppelbelastung in Regionalliga und A-Jugend-Bundesliga. Sollte Dormagen dieses Thema aber durchgängig im Griff haben, könnte sich das Kopf-an-Kopf-Rennen weiter zuspitzen. Dabei hat Bergers Team ja den bei Punktgleichheit nach Abschluss aller Spiele über die genaue Position entscheidenden direkten Vergleich auf seiner Seite – 29:27, 35:34. Dass Korschenbroich und Bayer am 4. Mai nach dem letzten Spieltag gleichauf liegen, ist nicht völlig ausgeschlossen – und dann wäre der Aufsteiger direkt noch einmal Meister. Dass dessen Weg anschließend in die 3. Liga führen würde, ist allerdings gleichzeitig ein sehr schräger bis sehr absurder Gedanke: Im Sportcenter haben sie schließlich vor allem eine relativ leere Kasse und alle Hände voll damit zu tun, dass der Spielbetrieb der ersten Mannschaft für die 2. Bundesliga (Klassenerhalt vorausgesetzt) finanziell wie personell gewährleistet ist. Soll heißen: Dormagen kann (und wird) sich eine Mannschaft in der 3. Liga nicht leisten – es sei denn, die Erste steigt doch ab. In der Summe folgt daraus, dass Korschenbroich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit selbst als Zweiter aufsteigen könnte. Wie sich die Dinge entwickeln, macht vielleicht das kommende Wochenende ein bisschen klarer: Der TVK tritt beim HC Gelpe/Strombach (Siebter/20:20) im Oberbergischen an, Dormagen beim zurzeit formstarken BTB Aachen (Sechster/22:18), der vier seiner vergangenen fünf Einsätze erfolgreich absolviert hat.

Mit dem ganz spitzen Stift müssen auch die Mannschaften rechnen, die am anderen Ende der Tabelle um den Klassenerhalt kämpfen und ein nicht geringer Teil der Aufmerksamkeit gehört dabei dem, was in der 3. Liga passiert – weil die Zahl der Absteiger von dort auch die Zahl der Absteiger aus der Regionalliga in die Oberliga bestimmt. Variante eins: Es kommt keiner runter – was als eher unwahrscheinlich zu gelten hat. Dann gäbe es nur einen Regionalligisten, der die Klasse verlassen muss. Variante zwei: Es kommt einer runter, was aktuell der Fall wäre, denn der TV Aldekerk steht als Vorletzter auf einem der drei Abstiegsplätze. Dann gäbe es zwei Regionalligisten, die die Klasse verlassen müssen. Variante drei, die aufgrund der Ergebnisse in den vergangenen Wochen nicht mehr als ganz wirklichkeitsfremd aufploppt: Es kommen zwei runter. Die Bergischen Panther und Interaktiv.Handball gehören mittlerweile ebenfalls zu den Klubs, die in den Abstiegskampf verwickelt sind. Unter Umständen gäbe es damit drei Regionalligisten, die die Klasse verlassen müssen. Theoretisch könnte diese Zahl sogar auf vier steigen, wenn es Aldekerk, die Panther und Interaktiv als Trio erwischt – der Fall mit der geringsten Wahrscheinlichkeit, aber nicht zu hundert Prozent ausgeschlossen. Tatsächlich müssen sich vorsichtshalber alle gefährdeten Regionalligisten mit den verschiedenen Möglichkeiten beschäftigen.

Insgesamt wirkt nun die Lage des Tabellenletzten SG Langenfeld (10:30) trotz des jüngsten 33:31 über TuSEM Essen II fast aussichtslos aus, denn selbst bei lediglich einem Absteiger fehlen zwei Zähler zum Aufsteiger Borussia Mönchengladbach (12:28), der zudem bei Punktgleichheit am Ende der Saison den für diesen Fall entscheidenden direkten Vergleich auf seiner Seite weiß: Nach dem 29:28 in Langenfeld und dem 24:25 in Mönchengladbach ergibt auch die Tordifferenz keinen Unterschied, sodass letztlich nach den offiziellen Durchführungsbestimmungen die Anzahl der auswärts erzielten Treffer herangezogen werden müsste – und da sind die 29 der Borussia besser als die 25 der SGL. Direkt vor den Mönchengladbachern ist der Bergische HC II (15:23) noch ein ordentliches Stück näher an der Rettung – was vor allem daran liegt, dass die Solinger aktuell als Mannschaft der Stunde zu gelten haben. Nach einem ausgeglichenen Saisonstart (6:6) geriet das Team von Trainer Mirko Bernau in eine harte Ergebniskrise – elf Spiele, kein Sieg, nur drei Unentschieden. Dann setzte sich der BHC aber gegen TuSEM Essen II mit 49:34 durch und löste dadurch offensichtlich manche Bremse: In der Folge gab es das 31:30 im Bergischen Derby beim Fünften HG Remscheid und das 29:26 beim Vierten HC Weiden. Nun wartet am Freitagabend gegen die Langenfelder eine Art Abstiegsfinale: Holt der BHC den vierten Erfolg hintereinander, hätte er zumindest die SGL abgehängt (um sieben Punkte) und er könnte noch mehr Druck auf die anderen im unteren Drittel ausüben.

In der direkten Verlosung sind inzwischen mindestens fünf Vereine dabei – auch der Zehnte OSC Rheinhausen (17:21) und der MTV Rheinwacht Dinslaken (17:23), die beide am vergangenen Wochenende überzeugend gewannen (MTV 30:22 gegen Bonn, OSC 33:29 gegen Remscheid). Das Pech der Rheinhausener: Ihnen sind die Punkte vom 34:32-Sieg beim BHC II am 8. Dezember 2023 offiziell wieder abhandengekommen. Gegen die Wertung der Partie hatte der Verlierer nach einigermaßen schwierig nachzuvollziehenden und verworren dargestellten Ereignissen in den letzten Minuten einen Protest eingelegt – den die Verbandsspruchkammer jetzt positiv entschied, weil sie einen durch die Unparteiischen begangenen Regelverstoß als erwiesen ansah. Das Resultat von damals wurde bereits aus der Wertung genommen und die Partie soll demnächst wiederholt/neu angesetzt werden – was dem BHC im Übrigen die Zusatz-Chance auf weitere wichtige Punkte eröffnet. Diese Chance haben nun sofort die Mönchengladbacher und die Dinslakener, die sich zum direkten Duell treffen. Klarer Fall: Die Borussia muss unbedingt gewinnen – weil sie nur so den Kontakt zum wahrscheinlich/möglichen rettenden Ufer hält. Verliert das Team von Trainer Ronny Rogawska, fehlen ihm eventuell (falls der BHC gegen Langenfeld erfolgreich ist) schon fünf Punkte zu ein bisschen mehr Sicherheit.