2. Bundesliga
Thema Abstieg: Nimmt Essen an der Verlosung teil?
Für TuSEM ist das 21:26 beim Letzten Aue eine Blamage, für Dormagen das 30:36 in Bietigheim in Ordnung.

Was stimmt hier nicht? Trainer Michael Hegemann und seine Essener wissen genau, dass sie besser ein Mittel gegen den Trend finden. (Foto: Thomas Ellmann)

Vielleicht muss die Geschichte über den Abstiegskampf in der 2. Bundesliga um ein neues Kapitel erweitert werden. Recht sein dürfte das ja eigentlich dem TSV Bayer Dormagen, der die Gefahr kennt und mit ihr seit Wochen und Monaten lebt. Anders gesagt: Er ist dran gewöhnt. Und falls sich nun tatsächlich ein weiterer Kandidat hinzugesellt, der noch dazu in dieser Form nicht damit gerechnet hatte, erhöht das sehr wahrscheinlich die Dormagener Chancen. Die Begeisterung darüber dürfte sich beim TSV Bayer trotzdem in Grenzen halten – weil es sich hier um einen nur 60 Kilometer entfernten Nachbarn handelt. Es ist TuSEM Essen, das sich allmählich Gedanken machen muss. Na klar: Auf den ersten Blick blickt das Team von Trainer Michael Hegemann von Rang 13 aus bei 19:29 Zählern immerhin mit einem Sechs-Punkte-Polster nach ganz unten. Es gibt allerdings durchaus ein paar Alarmzeichen – und eins ist, dass der TuSEM inzwischen nur noch zwei Punkte mehr hat als die auf Platz 14 folgenden Dormagener (17:31), die doch zuletzt immer sehr viel bedrohter aussahen. Hinter dem TSV Bayer stehen zunächst der Dessau-Roßlauer HV (15:33) und der TSV GWD Minden (14:34), die beide nach dem Jetzt-Stand ebenfalls gerettet wären. Absteigen müssten gerade der TuS Vinnhorst (13:35) und der EHV Aue (10:36). Das ist genau jener Aufsteiger, bei dem die Essener jetzt eine 21:26-Blamage kassierten. Demgegenüber konnte die 30:36-Niederlage der Dormagener beim Zweiten SG BBM Bietigheim (38:10) als in Ordnung durchgehen. Das Team von Trainer Matthias Flohr hatte sich beim in die 1. Bundesliga strebenden Favoriten nichts vorzuwerfen.

Der Weg der Essener und der Dormagener kreuzte sich direkt zum letzten Mal am 26. Dezember 2023 und der TSV Bayer sicherte sich an jenem zweiten Weihnachtstag durch ein 34:32 enorm wichtige Punkte. Im neuen Jahr und vor gar nicht langer Zeit machte Flohrs Team zwei weitere Mal seine Hausaufgaben – mit dem 33:24 am 25. Februar in Aue und mit dem 26:23 am 1. März gegen Dessau-Roßlau. In der Summe ergeben sich damit aus sechs Spielen immerhin ausgeglichene 6:6 Punkte. Das größte TuSEM-Problem ist demgegenüber nicht mal, dass es aus seinen sechs Aufgaben nur 2:10 Zähler erlösen konnte, die aus dem überraschenden 28:27 vom 24. Februar beim TuS N-Lübbecke stammen (Sechster/29:19). Deutlich schwerwiegender: Nach der Niederlage bei den um den Klassenerhalt kämpfenden Dormagenern erwischte es Essen zweimal richtig bitter – mit dem frischen 25:31 vom 1. März gegen Minden (hatte vorher sieben Mal hintereinander verloren) und mit dem noch frischeren 21:26 in Aue, das bereits abgeschlagen zu sein schien und jetzt wieder ein Stückchen neue Hoffnung hat. Sehr oft will/kann sich der TuSEM den Luxus, die Konkurrenz von ganz unten zu stärken, nicht mehr erlauben – und in naher Zukunft warten jetzt wenigstens zwei Gelegenheiten, einiges für mehr Ruhe zu tun. Weiter geht es am 23. März in eigener Halle gegen Dessau-Roßlau, ehe als Zwischenschritt am 31. März der Auftritt in Bietigheim folgt – und am 7. April ebenfalls zu Hause die Partie gegen Vinnhorst. Im Paket auf den ersten Blick schwieriger scheinen die nächsten drei Aufgaben der Dormagener zu sein, die am 22. März auf den VfL Eintracht Hagen treffen (Vierter/30:18), am 28. März zur HSG Nordhorn-Lingen (Neunter/24:24) müssen und am 5. April den TV Großwallstadt (Elfter/20:26) erwarten.

Nach der Niederlage in Bietigheim vermuteten die Dormagener, dass bei einer besseren ersten Halbzeit und einer insgesamt besseren Siebenmeterquote (vier von neun Versuchen erfolglos) wohl mehr möglich gewesen wäre. „Es ist sehr schade, dass wir von Anfang an nicht an uns geglaubt und zu ängstlich agiert haben“, fand Trainer Matthias Flohr, „hätten wir die Moral und die Überzeugung der zweiten Halbzeit auch schon vor der Pause gezeigt, wäre vielleicht etwas drin gewesen. Aber so müssen wir der SG zum verdienten Sieg gratulieren.“ Bietigheim legte schnell das 1:0 (2.) vor und baute seine Führung schrittweise aus – 5:2 (10.), 9:4 (18.), 14:8 (24.), 16:10 (30.). Der TSV verkürzte dann zum 12:16 (32.) und er machte etwas später aus dem 12:18 (34.) in seiner wirkungsvollsten Phase durch vier Treffer hintereinander sogar ein 16:18 (39.). Nachhaltig aus der Bahn werfen ließ sich der Favorit allerdings nicht und er hielt Dormagen übers 22:18 (42.) und 25:20 (45.) immer ausreichend auf Distanz. Endgültig gelaufen war das Duell, als die SG aus dem 27:24 (49.) durch eine 3:0-Serie die 30:24-Führung (53.) herstellte.

Dass die Niederlage der Essener auf jeden Fall verdient war, machte die Dienstreise ins Erzgebirge doppelt schmerzhaft, und sie rannten ab dem 0:1 (3.) auch permanent hinterher. Nur drei Mal überhaupt gelang ein Ausgleich – 1:1 (5.), 2:2 (7.), 3:3 (8.). Aue konnte sich zum 6:3 (13.) absetzen und es war beim 11:5 (25.) drauf und dran, Hegemanns Team, das hier bereits ohne Christian Wilhelm unterwegs war (21./Rote Karte), schon vor der Pause in ein Debakel zu schicken. Ein Beleg für allgemeine Harmlosigkeit: Vom 5:8 (15.) an blieb TuSEM fast elf Minuten lang ohne eigenes Tor, ehe Finn Wolfram diese Durststrecke mit dem 6:11 (26.) unterbrach. Das 10:13 (30.) am Ende der ersten Halbzeit konnten die Gäste zum 12:13 (36.) abtragen, ehe sie mit dem 12:16 (40.) wieder den Kontakt verloren und nach dem 17:19 (49.) mit einem 0:6-Lauf in acht weiteren Minuten ohne eigenen Treffer total aus den Fugen gerieten – 17:25 (57.). Der Rest ab dem 18:26 (57.) war nicht mehr als belanglose Ergebniskosmetik und Hegemann hinterher bedient: „Wir sind schwer ins Spiel gekommen, haben uns aber hereingekämpft. Wir kamen noch mal heran, haben aber insgesamt einfach zu viele Chancen liegen lassen. Die Rote Karte gegen Christian Wilhelm war extrem hart und durch diese Entscheidung haben uns die Schiedsrichter eine wichtige Wechseloption genommen. Am Ende haben wir noch mal etwas versucht, aber es hat nicht gereicht. Für uns ist diese Niederlage sehr frustrierend.“

 

SG BBM Bietigheim – TSV Bayer Dormagen 36:30 (16:10).

TSV Bayer Dormagen: Oberosler, Simonsen – Senden (6), Böhnert, Rehfus (2), I. Hüter (4), Reimer, Böckenholt (3), Schroven (6/4), Strosack (2/1), P. Hüter (1), Träger, J.-Chr. Schmidt (2), Pauli, Steinhaus (1), Sondermann (3).

 

EHV Aue – TuSEM Essen 26:21 (13:10). 

TuSEM Essen: Fuchs, Diedrich – Ellwanger (2), Kämper, Wolfram (4), Wilhelm, Homscheid (2/2), Asmussen (5), Seidel, Klingler (1), Neuhaus, Rose (3), Mast (2), Werschkull (1), Schoss (1).