Regionalliga Nordrhein
Thema Aufstieg: Dormagen II wirft Hut in den Ring
TSV Bayer kann durch Sieg über Essen II den TVK vorerst an der Spitze ablösen - und er würde im Fall der Fälle aufsteigen wollen. Auch unten geht es richtig rund.

Suchende: Ob am Ende der Saison die Korschenbroicher mit Mats Wolf (Nummer 20) und Daniel Küpper-Ventura (rechts daneben) den finalen Durchblick haben oder die Dormagener mit Jan-Christian Schmidt (42) und Robin Kremp (37), ist im Moment noch nicht raus. Der TSV Bayer hat aber dem TVK den Kampf angesagt. (Foto: Sven Frank)

Am Ende kann es nur einen geben. Nach dem aktuellen Stand der Dinge spricht auch manches dafür, dass der TV Korschenbroich das Rennen macht und nach dem letzten Spieltag am 4. Mai als Aufsteiger in die 3. Liga feststeht – was der Verein ja von Beginn an offensiv als einziger Regionalligist als klares Ziel ausgegeben hatte. Demnach wäre die Meisterschaft der Korschenbroicher (Erster/29:13 Punkte), die sowohl am Anfang als auch zwischendurch mit Irrungen und Wirrungen zu kämpfen hatten, alles andere als eine Sensation. Es wäre nach der Vizemeisterschaft von 2022/2023 nur die logische Fortsetzung der Dinge, die sich gerade in den vergangenen Wochen vor allem aus der Sicht des TVK zum Guten gewendet haben. Besonders viel Boden büßten auf der anderen Seite im neuen Jahr der HC Weiden (6:8 Punkte aus sieben Spielen) und die HG Remscheid (7:7) ein, die nun auf den Rängen vier und fünf mit jeweils 25:17 Zählern fast raus sind aus dem Meisterschaftskampf. Besser sieht die Bilanz der ebenfalls mal an der Tabellenspitze stehenden TSV Bonn rrh. aus (9:5), die als Dritter bei 27:15 Punkten irgendwie ein Stück weit auf der Lauer liegt. Der ernsthafteste Konkurrent der Korschenbroicher im letzten und entscheidenden Teil der Serie 2023/2024 ist allerdings einer, der davon vor dem Start in die neue Saison nicht im Ansatz zu träumen wagte: Der Zweite TSV Bayer Dormagen II (28:14) scheint jedoch tatsächlich sportlich in der Lage zu sein, das Unwahrscheinliche möglich zu machen. Trainer Martin Berger weiß dabei, dass es ganz ohne fremde Hilfe nicht funktionieren kann: „Wir gehen auf die Zielgerade der Saison zu und wir sind ein bisschen in der Jägerposition. Korschenbroich hat die Pole Position und alle Möglichkeiten, mit fünf Siegen Meister zu werden. Wir wollen alle Spiele gewinnen, so nah wie möglich dranbleiben und dann hoffen, dass Korschenbroich vielleicht doch noch mal stolpert.“ Das wäre wirklich der springende Punkt: Lässt der TVK irgendwo etwas liegen und erzielt Dormagen in der Summe nur einen Zähler mehr, spräche der bei Punktgleichheit über die genaue Position entscheidende direkte Vergleich für den TSV Bayer, der zu Hause gegen den Spitzenreiter mit 29:27 gewann und in Korschenbroich mit 35:34.

Höchst erstaunlich ist, wie sich die Ansichten in Dormagen im Vergleich zum Sommer 2023 gewandelt haben. Damals war von Berger sehr entschieden das hier zu hören: „Knallhart geht es für uns um den Klassenerhalt. Wir haben eine höhere Dichte an Spielen, wo wir nicht in der Favoritenrolle sind. Wir müssen uns reinarbeiten.“ Und so hört sich das heute an: „Wir hoffen, dass wir die schweren Partien, die noch auf uns warten, gewinnen und oben dranbleiben – und vielleicht ein kleines Wunder schaffen und mit der U 23 eine schöne Geschichte schreiben in Dormagen. Wenn wir Erster werden, dann haben wir alle Möglichkeiten, aufzusteigen in die 3. Liga – und dementsprechend so ein bisschen auch das Go vom Verein. Das wäre einfach eine schöne Geschichte und würde mich vor allem für die jüngeren Spieler freuen, die weiterhin auf die Anschlussförderung der U 23 in Dormagen vertrauen und da dann eine noch bessere Perspektive in der 3. Liga bekommen würden, weil sie sich mit noch stärkeren Spielern messen können. Aber dafür müssen wir auf alle Fälle unsere Aufgaben machen, dafür müssen wir alle Spiele gewinnen und Korschenbroich muss einen Punkt lassen. So einfach ist die Rechnung. So wie Korschenbroich gerade spielt, sind sie aber der Favorit. Wir bleiben einfach dran.“

Sie sind in der Realität sogar früher dran als andere und stehen damit vor der großen Chance, zumindest vorerst auf den ersten Tabellenplatz zu klettern: Dormagen eröffnet den 22. Spieltag bereits am Freitagabend gegen TuSEM Essen II (Siebter/21:21) und würde durch einen Erfolg am TVK vorbeiziehen – dessen eigene Partie gegen den BTB Aachen (Sechster/22:20) nach hinten verlegt wurde und nun mit Verspätung erst am 22. März über die Bühne geht. Weil sie sich beim TSV Bayer recht gut an den 5. November 2023 und das 31:35 in Essen erinnern, haben die Hausherren viel Respekt vor dem Gegner: „Da haben wir überhaupt nicht gut ausgesehen und Essen hat verdient gewonnen. Essen hat uns mit unterschiedlichen Deckungssystemen in Schwierigkeiten gebracht und wir haben sehr viele technische Fehler produziert. Sie haben auch die Qualität, im Kollektiv ein sehr schnelles Tempospiel vorzubringen. Wir müssen bereit sein und einen ordentlichen und disziplinierteren Rückzug an den Tag legen.“ Wie sich das alles diesmal in der Realität darstellt, werden sie nicht zuletzt in Korschenbroich sehr aufmerksam verfolgen. Ganz „nebenbei“ gehen alle, die es mit dem TSV Bayer halten, wohl davon aus, dass die in 2. Bundesliga um den Klassenerhalt kämpfende Mannschaft auch zum Schluss über dem Strich steht – was durchaus drin ist, aber bei Weitem nicht mit einer Garantie versehen. Klarer Fall dabei: Muss Dormagen I in die 3. Liga runter, dürfte Dormagen II nicht hoch – wie Andreas Tiemann bestätigt, der als Vorsitzender der Spielkommission 3. Liga und Spielleitende Stelle Männer so etwas wie eine höchstrichterliche Instanz ist und die Sachlage deshalb genau kennt: „Nein. Es ist nicht zulässig, dass zwei Mannschaften eines Vereins in der 3. Liga spielen.“ Wie der Verein jeweils ein Team in der 2. Bundesliga und in der 3. Liga im Etat darstellen würde und ob er es überhaupt seriös könnte, wäre in diesem Zusammenhang eine ganz andere Frage. Nach den finanziellen Turbulenzen der Monate seit dem Herbst 2023 sind da Zweifel angebracht –  und keine besonders leisen.

Leise wollen im Übrigen auch die drei hinter den Top-Teams folgenden Klubs den Rest der Serie nicht hinter sich bringen. Was für die Betreffenden noch machbar ist, überprüfen zum Beispiel die Bonner und die Remscheider am Samstag im direkten Duell. Ganz klar: Ein Sieg der Remscheider würde auch dene beiden ganz oben helfen, weil dann mindestens drei Konkurrenten bei 17 Minuspunkten stünden. Sollte die HGR, die nach dem bemerkenswerten 32:31 in Korschenboich am 27. Januar nur eine ihrer vergangenen fünf Partien für sich entschied, erneut eine Niederlage erleiden, findet der weitere Kampf um die Meisterschaft endgültig ohne sie statt. Die Weidener halten den losen Kontakt nur dann, wenn sie die durchaus knifflige Aufgabe beim Schlusslicht SG Langenfeld (11:31) entsprechend lösen. Für den Tabellenletzten sieht es zwar in Sachen Klassenerhalt schlecht aus, aber Trainer Markus Becker hat entschlossen angekündigt, nicht aufzugeben – oder frühestens dann, wenn auch rein rechnerisch zu hundert Prozent keine Rettung mehr möglich.

Dass die Lage im Tabellenkeller für alle dort ansässigen Teams immer gefährlicher geworden ist, liegt unter anderem an der Entwicklung in der 3. Liga. Lediglich einen Absteiger aus der Regionalliga gibt es nur, wenn von oben kein einziger Nordrhein-Vertreter runter muss. Wenn jetzt Schluss wäre, stünden aber in Interaktiv.Handball und im TV Aldekerk gleich zwei Teams unter dem Strich – womit es drei Regionalligisten träfe – aktuell den Bergischen HC II (Zwölfter/16:24), die Borussia Mönchengladbach (12:30) und Langenfeld. Als erste Mannschaften am rettenden Ufer lägen erst der MTV Rheinwacht Dinslaken (19:23) und der OSC Rheinhausen (17:23) auf den Rängen zehn und elf. Mithin stehen selbst die Dinslakener, die zuletzt ein Happy End im Krimi gegen Mönchengladbach feiern konnten, gegen den Achten HC Gelpe/Strombach (20:22) etwas unter Druck. Noch dramatischer ist die Lage der Borussia, die sich doch am 24. Februar mit dem 30:29 gegen Dormagen auf den Weg aus dem Gröbsten raus zu machen schien. Dass es unter dem Strich anders aussieht, hat mit drei Ergebnisse im Jahr 2024 gegen direkte Konkurrenten zu tun – 30:30 gegen den Bergischen HC II, 24:25 gegen Langenfeld, 27:28 gegen Dinslaken. Daraus ergibt sich, dass sich das Team von Trainer Ronny Rogawska am Sonntag in Rheinhausen eigentlich keine weitere Niederlage erlauben darf. Druck auf dem Kessel ist auch für den BHC II, der vor der Aufgabe bei der HSG Refrath/Hand (Neunter/20:22) immerhin eine Serie von vier Spielen hintereinander ohne Niederlage vorweisen kann (drei Siege, ein Unentschieden). Warum die Solinger mit maximal viel Widerstand rechnen sollten: Die HSG ihrerseits hat wenig Lust, irgendwie doch noch in Gefahr zu geraten. Allein deshalb wird die Mannschaft von Trainer Kelvin Tacke intensiv überprüfen, was der Trend des BHC wirklich für sie bedeutet. Na klar: Jeder hat seine eigenen Ziele. Und deshalb wird es am Ende nur einen geben, der zufrieden von der Platte geht.