3. Liga
Der Abstiegskracher: Ratingen gegen Aldekerk
Für beide steht noch mehr auf dem Spiel als für die Panther gegen Haßloch. LSC und Opladen wollen sich selbst was Gutes tun, Eagles die Revanche gegen Ferndorf.

Die in der Klemme stecken: Spielertrainer Tim Gentges (Mitte) befindet sich mit seinen Aldekerkern ebenso im Abstiegskampf wie Rechtsaußen Moritz Görgens (links) und Torhüter Tim Merten (trägt hier das Trikot seines in dieser Partie fehlenden Keeper-Kollegen Davi Ferne) mit den Bergischen Panthern. (Foto: Carsten Wulf)

Das wird scheppern an diesem Samstag. Einmal in der Halle an der Gothaer Straße, wo der Aufsteiger Interaktiv.Handball den TV Aldekerk erwartet. Und gleichzeitig in der Max-Siebold-Halle an der Schulstraße in Burscheid, wo die Bergischen Panther die TSG Haßloch erwarten. Es ist der reine Abstiegskampf – mit Druck für alle, mit noch mehr Druck für den einen oder anderen. Und niemand aus dem Kreis der sieben gefährdeten Teams darf unbedingt davon ausgehen, dass er 2024/2025 noch/weiter der 3. Liga angehören wird. Die Sicherheit versprechende Zone beginnt erst bei der HSG Dutenhofen-Münchholzhausen II, die auf Rang neun mit fast komfortabel wirkenden 19:23 Zählern in den Schlussteil der Saison 2023/2024 geht. Dahinter aber hat sich ein irrwitzig enges Feld von sieben Klubs herausgeschält, die womöglich bis zuletzt mit größter Gefahr leben müssen: Panther (Platz zehn/15:27), TV Homburg (Elfter/14:30), HSG Friesenheim-Hochdorf II (Zwölfter/14:30), TuS Dansenberg (Rang 13/14:30), Interaktiv (Rang 14/14:30), Aldekerk (Platz 15/14:32), Haßloch (Platz 16/13:31). Wäre jetzt Feierabend, müssten in Interaktiv und Aldkerk zwei Vereine aus dem Gebiet des Verbandes Handball Nordhrein absteigen – was das direkte Duell der beiden früheren Regionalliga-Rivalen zu einem echten Abstiegs-Endspiel macht. Keine herausragend kühne Prognose: Der Verlierer wird es ganz schwer haben, den Fahrstuhl nach unten zu verlassen. Und die Suche nach einem Favoriten fürs bevorstehende Duell der Nachbarn, die nur rund 50 Kilometer voneinander entfernt zu Hause sind, ist derart kompliziert, dass sie keinen Sinn ergibt. Jedes Ergebnis liegt im Bereich des Möglichen.

Was gegen Interaktiv spricht: Die Mannschaft des Trainergespanns Filip Lazarov/Alexander Oelze hat nach dem 18. November 2023 und dem 31:29 gegen die Bergischen Panthern sowie nach dem 25. November 2023 mit dem 33:33 beim TV Gelnhausen (Achter/20:22) neun der folgenden zehn Spiele verloren – und nur einmal gewonnen: Vor drei Wochen reichte es gegen den TuS 82 Opladen (Siebter/21:23) im Krimi zu einem 31:30-Erf0lg. Das ergibt in der Summe der vergangenen zehn Partien eine immer noch dürftige Ausbeute von 2:18 Zählern, sodass aus der einst sehr anständigen Ausbeute von 12:12 Punkten inzwischen jene 14:30 geworden sind, die Ratingen Stück für Stück in den Keller befördert haben. Was für Interaktiv spricht: Die Gastgeber bringen aus der Hinrunde einen 34:30-Erfolg in Aldekerk mit und sie hätten, sollten sie jetzt erneut gewinnen oder mindestens ein Unentschieden erzielen, den am Ende bei Punktgleichheit entscheidenden direkten Vergleich auf ihrer Seite. Gleichzeitig beginnen für die Ratinger gerade die besonders intensiven Wochen der Wahrheit, weil sie nach der Osterpause am 6. April in Homburg, am 13. April gegen Dansenberg und am 19. April bei den Panthern weitermachen. Chance und Risiko liegen demnach dicht beieinander.

Was gegen Aldekerk spricht: Die Mannschaft um Spielertrainer Tim Gentges hat aus einem Spiel mehr zwei Minuspunkte mehr – die allerdings aus der vorgezogenen Partie beim Zweiten HSG Krefeld Niederrhein (39:7 Punkte/21:31 am 10. Februar) stammen, wo ohnehin nicht sonderlich viel zu erwarten war. Bei den direkten Vergleichen liegt der TVA gegenüber Dansenberg (29:31/28:29) und Homburg (31:24/29:41) hinten, während er gegenüber Friesenheim II (26:27/27:24) und den Panthern (29:33/37:26) einen Vorteil hat. Offen sind die Duelle mit Interaktiv (Hinrunde 30:34) und Haßloch (Hinrunde 40:30.). Was für Aldekerk spricht: Rund um die Vogteihalle sind sie offensichtlich als Lebenskünstler unterwegs – vom ersten Spieltag an mit dem Rücken zur Wand stehend und zugleich leidenschaftlich genug, um nie aufzugeben. Die Ausbeute im mit Interaktiv vergleichbaren Zeitraum: Elf Spiele, vier Siege, 8:14 Punkte, darunter zuletzt ein 28:27 beim TV Gelnhausen und ein 32:26 gegen die HSG Hanau (Fünfter/25:17). Weil die beiden letzten Spieltage am 18. Mai beim ungeschlagenen Ersten TuS Ferndorf (43:1) und gegen den Longericher SC (Sechster/24:20) erneut sehr spezielle Herausforderungen werden, wäre ein Erfolg in Ratingen für Aldekerk erst recht Gold wert – zumal die Aufgaben vorher am 13. April gegen die HSG Nieder-Roden (Dritter/32:12) und am 27. April gegen den TuS 82 Opladen (Siebter/21:23) ebenfalls knackig aussehen.

Für Tim Gentges geht der Blick allerdings zumächst voll auf Ratingen. „Jeder weiß um die Wichtigkeit dieses Spiels“, sagt der TVA-Trainer, „aber ich habe ja schon früher gesagt, dass wir jetzt jedes Wochenende ein Endspiel haben. Die restlichen zu vergebenden Punkte sind für alle wichtig. Und wir müssen gucken, dass wir im Endspurt so viele Punkte wie möglich holen und so viele Mannschaften hinter uns lassen, wie es nur geht. Wir haben die Chance, an Ratingen vorbeizuziehen – Ratingen hat aber zugleich die Chance, uns wieder auf Distanz zu halten. Man sollte sich dabei von den Ergebnissen, die Ratingen in den letzten Wochen gesammelt hat, nicht täuschen lassen. Dann sieht man das Spiel gegen Opladen – und da spielen sie einen astreinen Ball. Wenn Ante Grbavac ins Laufen kommt und Bock hat, ist er schwer zu stoppen. Wir wissen aber auch um unsere Stärken und die wollen wir einsetzen in Ratingen.“ Selbstverständlich hat der TVA bei allem Respekt vor den Hausherren und deren bestem Rückraumspieler (141 Treffer/Nummer fünf bei den erfolgreichsten Torschützen der 3. Liga Süd/West) nicht vor, die beiden Zähler freiwillig bereits am Eingang abzugeben. Die Idee: „Wir haben in diesem Jahr personell ein bisschen zulegen können. Dadurch haben wir uns gesteigert, weil wir eine Breite haben – und wir können anders trainieren. Wir haben einen Schritt nach vorne gemacht dadurch, wir können auch mal entlasten. Das hat viele alte Stärken wieder hervorgerufen – und noch mal verbessert. Wir haben zwei Wochen intensiv gearbeitet und jetzt gilt es halt, unseren Matchplan durchzuziehen und sich vor allem nicht von den Emotionen mitreißen zu lassen. Ich freue mich auf dieses Handballspiel. Wir werden alles geben, um einen Schritt in Richtung Klassenerhalt zu machen.“

Dass die Panther mittlerweile in ziemlich großer Not stecken, hätten sie im vergangenen Herbst selbst nicht für denkbar gehalten: Da gab es am 4. November 2023 schließlich nach einem packenden Finale ein starkes 33:33 gegen die HSG Krefeld Niederrhein, die ja in die 2. Bundesliga will, und am 2. Dezember 2023 jenen 28:25-Erfolg in Friesenheim-Hochdorf, das heute ein direkter Konkurrent in der unteren Tabellenhälfte ist. Das Jahr 2024 begann zudem trotz massiver personeller Probleme mit dem 35:31 in Opladen gut, doch weitere fünf Niederlagen zerstörten alle Hoffnungen auf eine weitgehend sorgenfreie zweite Saisonhälfte. Und klar: Die Pleiten in Aldekerk (26:37), in Dansenberg (32:40) und gegen Homburg (23:29) waren im Kampf um den Klassenerhalt besonders schmerzhaft. Neue Hoffnung schöpfte Trainer Marcel Mutz jedoch zuletzt aus der Partie beim Longericher SC, die ihm trotz der 28:32-Niederlage viel Positives bot: „Wir können stolz sein, wie wir uns präsentiert haben. Auf dieser Leistung können wir aufbauen.“ Weil der am Saisonende bei den Panthern aufhörende Coach sehr gut rechnen kann, war ihm natürlich immer klar, dass weiteres Lob alleine wenig bringt – weshalb er für die Partie gegen Haßloch direkt eine einfache Formel aufstellte: „Das wird unser Endspiel erst mal. Dieses Spiel müssen wir ziehen.“ Kurz vor dem Ernstfall hört sich das gerade nicht weniger entschlossen an – im Gegenteil. „Die Wichtigkeit des Spiels muss jedem bewusst sein“, betont Mutz, „das ist nicht nur ein Vier-Punkte-Spiel, das ist weitaus mehr. Da geht es für beide Mannschaften sicherlich schon um alles, auch wenn noch viele Spiele zu spielen sind. Das ist von immenser Bedeutung – egal, in welcher personellen Konstellation wir auftreten. Wir wollen dieses Spiel unbedingt ziehen, wir wollen den Befreiungsschlag landen, wir wollen die zwei Punkte holen. Es geht auch nicht darum, schön zu spielen. Ich erwarte ein enges Match, ich erwarte ein umkämpftes Match.“ Ob die Panther was draus machen können, dass sie bisher ein Mal weniger im Einsatz waren als die Konkurrenz und deshalb theoretisch noch ein Mal mehr punkten können, dürfte sich erst am 8. Mai zeigen. Dann wird das am 20. Januar ausgefallene Duell vom 16. Spieltag gegen Dutenhofen-Mücnhholzhausen II nachgeholt (damals Wasserschaden in der Halle).

Deutlich jenseits von Gut und Böse werden sich für den Rest der Saison der Longericher SC und der TuS 82 Opladen auf den Rängen sechs und sieben bewegen – wobei die Kölner für den Nachbarn höchstwahrscheinlich bei drei Zählern Rückstand schon unerreichbar sind. Das hat nicht zuletzt mit der Berg- und Talfahrt der Opladener im Jahr 2024 zu tun, das am 29. Januar mit dem 29:22 in Dansenberg begann und anschließend in seinem Mangel an Konstanz sehr konstant war – 31:35 gegen die Panther, 26:26 beim TV Gelnhausen, 28:34 gegen TSG Hanau (Fünfter/25:17), 30:25 gegen HSG Dutenhofen-Münchholzhausen II, 30:31 in Ratingen, 25:28 gegen HSG Krefeld Niederrhein. Das ergibt in der Summe 5:9 Punkte, die eben kaum für einen Angriff auf den sechsten Platz reichen. Trainer Fabrice Voigt hofft für die Partie bei der HSG Friesenheim/Hochdorf II auf eine Wende zum Besseren: „Wir konnten die Pause nutzen, um ein paar Blessuren zu heilen. Deswegen hoffen wir, dass wir komplett bleiben. Wir freuen uns auf das Spiel. Friesenheim ist ein schwieriger Gegner, der steht unten drin und kämpft. Er hat zuletzt gute Ergebnisse erzielt, vor allen Dingen zu Hause. Wir waren ja zuletzt zweimal nah dran und wollen uns diesmal belohnen für unsere gute Arbeit.“ Bitter für Opladen: Nach Keeper Luois Oberosler (jetzt TSV Bayer Dormagen) und Rückraumspieler Sebastian Damm (Studium in Berlin) steht nun in Moritz Wiese ein weiterer Torhüter vorerst nicht mehr zur Verfügung (Fußverletzung).

Die Longericher haben im selben Zeitraum wie die Opladener ebenfalls nicht durchweg überzeugt, aber immerhin 8:6 Zähler aufs Konto überwiesen: Es sind genau die drei Punkte mehr, die gerade den Unterschied zum Nachbarn ausmachen. Am kommenden Wochenende denken nun natürlich beide zuerst an sich selbst – der LSC in Gelnhausen, die Opladener in Friesenheim-Hochdorf II. Wer dem Team von TuS-82-Trainer Fabrice Voigt die Daumen drückt? Ganz bestimmt nicht nur die eigenen Fans, sondern auch alle, die es mit Interaktiv und den Aldekerkern halten. Wer den Longerichern mit Trainer Chris Stark die Daumen drückt? Es werden in erster Linie die eigenen Fans sein, weil vom Ausgang der Partie kein anderer mit Ambitionen nach oben oder der Blickrichtig nach unten betroffen ist. Wenn es dabei alleine nach drei Begegnungen aus der jüngeren Verangenheit geht, dürften eventuell leichte Vorteile bei Gelnhausen liegen: In der Serie 2022/2023 gewann der TVG im Ligapokal gleich beide Vergleiche (35:30/38:25), während die Kölner ihr Heimspiel in der Meisterschafts-Hinrunde 2023/2024 mit 31:25 für sich entschieden.

Das Spitzenspiel des 23. Spieltages bestreiten jene beiden Klubs, die vermutlich in ein paar Wochen auch an der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga teilnehmen. Ganz klar Nummer eins der Klasse sind die Ferndorfer (43:1), die in dieser Saison erst einen Punkt abgaben – was am 30. September 2023 am fünften Spieltag gegen die Longericher passierte. In der Folge holte der Meisterschaftsfavorit aus 17 weiteren Partien makellose 34:0 Zähler und er brauchte auf dem Weg zu dieser grandiosen Serie nur zweimal eine Portion Glück: Zuerst war das beim 31:29 am 22. Oktober 2023 gegen die Eagles so, später außerdem im ersten Spiel des neuen Jahres mit dem 35:34 am 20. Januar gegen die HG Saarlouis. Daran, dass sie den Tabellenführer irgendwie noch abfangen werden, können sie in Krefeld realistisch selber nicht glauben, wohl aber an eine vernünftige Chance für eine Revanche.

So groß war ja der Unterschied zwischen den beiden Top-Teams in der 3. Liga nicht vor knapp einem halben Jahr, denn seinerzeitkam Krefeld selbst in der 59. Minute beim Stande von 29:30 noch für Zählbares in Frage. Ganz nebenbei wären eine überzeugende Leistung und erst recht ein Erfolg ein starkes Signal für den Rest der „normalen“ Saison – vor allem an den Dritten HSG Rodgau Nieder-Roden (32:12), auf den die HSG im Kampf um Platz zwei ein bisschen auspassen muss. Der Endspurt nach dem Gipfeltreffen mit Krefeld hält anschließend weitere sechs Aufgaben am 13. April gegen die Bergischen Panther, am 20. April beim TV Gelnhausen, am 27. April gegen die HSG Hanau, am 4. Mai beim TuS Dansenberg, am 18. Mai gegen die HG Saarlouis und am 25. Mai bei der HSG Friesenheim-Hochdorf II bereit.