2. Bundesliga
Dormagen greift zu, Essen stoppt die Talfahrt
TSV Bayer holt mit 27:25 in Nordhorn zwei Punkte für den Klassenerhalt, TuSEM gegen personelles Pech ein 28:28 in Bietigheim.

Rein damit: Peter Strosack, in Nordhorn mit seinen 29 Jahren bereits der älteste Feldspieler der Dormagener, steuerte drei Treffer zum wertvollen Sieg bei. (Foto: Michael Jäger)

Es könnte ein entscheidender Schritt auf dem Weg zum Happy End in einer aufregenden Saison gewesen sein, denn an diesem 28. Spieltag gelang beiden mehr als nur die einfache Erfüllung einer Pflicht-Aufgabe. Der TSV Bayer Dormagen, der zuletzt vor allem durch Siege über die Keller-Konkurrenten EHV Aue (33:22) und Dessau-Roßlauer HV (26:23) viel für sein Konto getan hatte, brachte von der Partie bei der HSG Nordhorn-Lingen (Zehnter/24:28 Punkte) einen 27:25-Sieg mit – den in dieser Form niemand zwingend auf der Rechnung haben musste. Möglicherweise für die Moral noch wertvoller war allerdings das 28:28, das TuSEM Essen von der um den Aufstieg in die 1. Bundesliga kämpfenden SG BBM Bietigheim (Zweiter/41:11) entführte – und das ebenfalls verdient. Nach 2:14 Punkten aus den acht Spielen zuvor und nur einem Sieg bei acht Niederlagen markierte das Unentschieden zumindest mal das Ende einer langen und zum  Teil frustrierenden Durststrecke, die das Team von Trainer Michael Hegemann an den Rand der direkten Gefahrenzone geführt hatte. Ein weiteres Plus: Essen schien das Pech irgendwie magisch anzuziehen – und stürzte sich erst recht in den Versuch, ein fast unlösbares Rätsel aufzudröseln. Die Handicaps: Routinier Dennis Szczesny stand wegen einer Fußverletzung ohnehin lediglich als Daumendrücker auf der Bank zur Verfügung, dann erwischte es sehr früh Abwehrchef Malte Seidel (Knie) und später in der ersten Halbzeit auch Max Neuhaus (Schlag auf den Kopf).  Trotzdem gab der Außenseiter nie auf, kämpfte nach einem 25:28 (57.) in den letzten zweieinhalb Minuten weiter und kam durch Jonas Ellwanger, der den Ball zuvor abgefangen hattte, auf den letzten Drücker zum 28:28-Ausgleich. Auf Rang 13 steht Essen jetzt mit 20:32 Punkten um sieben Zähler besser als der TuS Vinnhorst (17./13:39), der am Momtagabend gegen den TuS N-Lübbecker mit 24:26 verlor und als Vorletzter auf dem ersten Abstiegsplatz zu finden ist. Als zusätzliche Hilfe kommt am Ende sogar das bei Punktgleichtheit in der 2. Bundesliga entscheidende Torverhältnis in Frage – minus 25 bei Essen, minus 94 bei Vinnhorst. Entsprechendes gilt für die Dormagener (19:33), die auf Rang 15 fast gleichauf mit dem Dessau-Roßlauer HV (19:33/minus 34) liegen. Die minus 38 Treffer (722:760) bieten im Bezug auf Vinnhorst neben den sechs Punkten mehr gleichfalls ein nicht eben kleines Polster für den TSV Bayer, der am kommenden Freitag (5. April) im Heimspiel gegen den TV Großwallstadt (Zwölfter/20:30) eine weitere Gelegenheit zu einem neuen Beitrag für mehr Sicherheit bekommt. Auf die Essener wartet am Sonntag (7. April) sogar ein klassischer Matchball: Durch einen Erfolg über jene Vinnhorster wäre der Klassenerhalt vorzeitig greifbar nahe. Und in der Sporthalle „Am Hallo“ dürfen sie sehr sicher sein, dass ihnen in diesem Fall auch die Dormagener alle zur Verfügung stehenden Daumen drücken werden.

In Bietigheim erwischte TuSEM einen schwachen Start und drohte mit dem 0:3 (5.) direkt auf die nächste Niederlage zuzusteuern. Obwohl es anschließend in der von beiden Seiten offensiv mit viel Stückwerk geführten Partie bis zur achten Minute dauerte, ehe Felix Klingler mit dem 1:3 (8.) den ersten Treffer der Gäste anbrachte, entwickelte sich zunehmend ein ausgeglichenes Spiel – 5:5 (12.), 7:7 (20.). Ab dem 8:7 (20.) legte Hegemanns Team bis zum 12:11 (27.) sogar regelmäßig vor, doch das Pendel schlug noch in der ersten Halbzeit mit dem 12:14 (30.) wieder auf die andere Seite aus und vieles schien inzwischen für den bisweilen erstaunt wirkenden Favoriten zu sprechen, der nach dem 15:15 (34.) beim 20:17 (38.) zum ersten Mal mit drei Treffern Unterschied und beim 22:18 (42.) mit vier Toren führte. Es sprach für eine starke Moral der Essener, dass sie nicht aufgaben und immer wieder herankamen – auf der Zielgeraden zunächst auf 24:25 (53.). Dass es im Anschluss ans 24:27 (54.) noch zum Unentschieden reichte, hatte dann nicht zuletzt mit der sehenswerten Leistung von Arne Fuchs zu tun: Der nach knapp 40 Minuten für Lukas Diedrich zwischen die Pfosten gerückte Keeper kam auf sechs Paraden und er erreichte bei den gehaltenen Bällen eine Quote von 46,15 Prozent. Trainer Hegemann war später ebenso zufrieden wie besorgt: „Die Mannschaft hat viel investiert und gegen einige Widerstände angekämpft. Die Art und Weise, wie wir dieses Spiel bestritten haben, war gut – und für uns ist es ein Punkt, den wir gerne mitnehmen. Die Einstellung war sehr gut, wir haben nie aufgegeben. Das war wichtig. Wir haben im Angriff wieder mehr Lösungen gefunden und unsere Deckungsqualität steigern können. Wir wissen noch nicht genau, was Malte und Max für Verletzungen haben. Im schlimmsten Fall haben wir den Punkt teuer bezahlt.“

Der Erfolg der Dormagener in Nordhorn war erstens Gold wert und zweitens in der Summe über die 60 Minuten gerecht. Die HSG, mit deutlich höheren Ambitionen als der TSV Bayer in die Saison gestartet, lag Anfang März noch im positiven Bereich, setzte anschließend allerdings ihren Schlingerkurs fort und kassierte zuletzt im Heimspiel gegen die Eulen Ludwigshafen eine 24:37-Ohrfeige. Danach wäre eigentlich eine fester Wille zur Wiedergutmachung zwingend gewesen, doch Dormagen scherte sich nicht im Geringsten um die Befindlichkeiten der HSG. Nach dem 2:0 (4.) lief der Abend bis zum 4:4 (8.) ausgeglichen, ehe die Gäste bis zum 7:4 (12.) auf den Turboknopf drückten und nur beim 7:7 (15.) noch einmal den Ausgleich hinnehmen mussten. Übers 16:12 (30.) am Ende der ersten Halbzeit erhöhte die Mannschaft von Trainer Matthias Flohr schnell auf 18:12 (32.) und sie hielt ihren klaren Vorsprung bis zum 22:15 (38.). Nordhorn kam nach dem 20:25 (51,) erst besser zur Geltung, als alles bereits zu spät war – und Dormagen fand aufs 23:25 (55.) passende Antworten durch Ian Hüter (57.) und Jan Reimer (59.), die auf 27:23 erhöhten. „Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft, die eine geschlossene Leistung präsentiert hat“, fand Flohr, „alle haben ihren Job überragend gemacht und jeder hat sein Potential abgerufen. Wir haben hervorragend in der Abwehr gestanden und im Angriff mutig und fokussiert gespielt. Heute waren wir die bessere Mannschaft und haben sogar phasenweise dominiert.“

 

HSG Nordhorn-Lingen – TSV Bayer Dormagen 25:27 (12:16). 

TSV Bayer Dormagen: Oberosler, Simonsen – Senden (2), Böhnert, Rehfus (2), I. Hüter (2), Reimer (8/6), Böckenholt (2), Schroven (1), Strosack (3), P. Hüter (2), Träger, J.-Chr. Schmidt, Pauli, Steinhaus (4), Sondermann (1).

 

SG BBM Bietigheim – TuSEM Essen 28:28 (14:12).

TuSEM Essen: Fuchs, Diedrich – Ellwanger (4), Kämper, Wolfram, Wilhelm (3), Homscheid (6/3), Asmussen (5), Seidel, Klingler (8), Neuhaus, Rose (1), Mast (1), Werschkull, Schoss.