04. April 2024 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Um das festzustellen, braucht es keine besondere mathematische Gabe, keine natürliche Intelligenz und erst recht keine künstliche: Der Kampf um den Klassenerhalt in der 3. Liga ist längst zu einer besonderen Art der Millimeter-Arbeit geworden. Davon betroffen davon sind sieben Mannschaften – die eine weniger, die andere mehr. Und am meisten Sorgen muss sich nicht erst seit gestern der TV Aldekerk machen, dessen 14:34 Punkte aktuell den letzten Tabellenplatz und damit die denkbar schlechteste Ausgangslage bedeuten. Ob es der zuletzt mit dem 24:36 beim direkten Konkurrenten Interaktiv.Handball unter die Räder gekommenen Mannschaft um Spielertrainer Tim Gentges hilft, dass sie jetzt zuschauen kann, was die anderen machen? Die Aldekerker haben ja das vom jetzt anstehenden 24. Spieltag auf den 10. Februar vorgezogene Derby beim Zweiten HSG Krefeld Niederrhein bereits hinter sich und auch die damalige 21:31-Niederlage längst hinter sich gelassen. Ziemlich verrückt: Im günstigsten Fall der Fälle könnte der TVA nun ohne eigenes Zutun ein Stück weit aufrücken und die drei Abstiegsplätze wenigstens auf Zeit verlassen. Dazu bräuchten ja „nur“ die drei direkt davor platzierten Mitbewerber entsprechend leer auszugehen – was eine kühne Hoffnung ist, aber nicht völlig wirklichkeitsfremd. Ein durchaus schwerwiegendes Problem gerade für Aldekerk: Der Sprung von Rang 16 auf Rang 13 wäre zunächst bloß eine „Rettung“ auf Pump – erzielt über das bessere Torverhältnis. Das drückt sich in der aktuellen Tabelle aus, bringt jedoch in der Schluss-Abrechnung eher wenig. Dort entscheidet, wenn alle Spiele absolviert sind, bei Punktgleichheit der direkte Vergleich. Und dieses bindende Modell kommt bei Beteiligung von zwei Klubs noch einigermaßen unkompliziert daher, braucht aber bei drei, vier oder noch mehr betroffenen Mannschaften ein sehr exaktes Durchrechnen. Weil der TVA bisher zu oft gegen direkte Konkurrenten nicht so gut ausgesehen hat, wäre er für den Fall der Fälle wohl zu stark gehandicapt.
Grundsätzlich scheint aber fast die halbe Klasse in den Abstiegskampf verwickelt zu sein und so etwas wie relativ gute Sicherheit beginnt bei der HSG Dutenhofen-Münchholzhausen II (19:25 Punkte) auf dem neunten Platz. Direkt dahinter geht allerdings bei den Bergischen Panthern (16:28) das große Hausen und Stechen los, in das noch die HSG Friesenheim-Hochdorf II (16:30), Interaktiv.Handball (16:30), der TV Homburg (14:32), der TuS Dansenberg (14:32), die TSG Haßloch (14:32) und Aldekerk (14:34) verwickelt sind. Dass sich die Panther jetzt kurzfristig Erleichterung verschaffen können, ist theoretisch drin – aber gleichzeitig eher unwahrscheinlich, weil die Mannschaft von Trainer Marcel Mutz vor zwei hohen Hürden steht: Am kommenden Samstag geht es zum Dritten HSG Nieder-Roden (36:12) und am 13. April zum Zweiten HSG Krefeld Niederrhein (39:9), die sich hinter dem fast als Meister feststehenden TuS Ferndorf (45:1) um den zweiten Platz in der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga bewerben. Nieder-Roden kann den Kontakt zu den Eagles nur durch einen Erfolg halten und dürfte deshalb wenig Rücksicht auf die Nöte der Panther nehmen (wollen). Klar: Gegen eine Überraschung wie etwa beim 33:33 vom 4. November 2023 gegen Krefeld hätten Mutz und sein Team wenig einzuwenden. Zentral wichtig wird es für die Panther dann am 19. April in eigener Halle gegen Interaktiv und am 4. Mai gegen Friesenheim-Hochdorf II, bevor am 8. Mai mit dem Nachholspiel gegen Dutenhofen-Münchholzhausen II der Endspurt beginnt.
Wieder in eine bessere Position gebracht hat sich der Aufsteiger Interaktiv, der eine Serie von acht Niederlagen hintereinander zunächst mit dem 31:30 gegen den TuS 82 Opladen beendete, danach in Ferndorf völlig chancenlos war (18:36) und anschließend das Vier-Punkte-Spiel gegen Aldekerk glatt mit 36:24 für sich entschied. Nun tritt die Mannschaft des Trainergespanns Filip Lazarov/Alexander Oelze als Zwölfter beim direkten Tabellen-Nachbarn Homburg an (13.) und könnte hier durch einen weiteren Erfolg mit einer noch breiteren Basis ins letzte Fünftel der Saison 2023/2024 gehen. Für Ratingen dürfte die Dreier-Serie in Homburg, am 13. April gegen den TuS Dansenberg und am 19. April bei den Panthern entscheidende Weichen stellen – in die eine oder in die andere Richtung. Anschließend bekommt es Interaktiv noch dreimal mit Konkurrenz aus der oberen Hälfte zu tun sowie am 18. Mai (vorletzter Spieltag) in eigener Halle mit Friesenheim-Hochdorf II. Derzeit sieht es in der Summe eher ganz danach aus, dass der Aufsteiger sein sportliches Schicksal komplett in der eigenen Hand hat und eben nicht auf fremde Hilfe angewiesen ist.
Der Longericher SC könnte als Sechster (24:22) im Grunde fast schon einen Haken hinter die Saison setzen, weil er mit dem Thema Abstieg sowieso nie etwas zu tun hatte und mit der Vergabe der Spitzen-Positionen seit einiger Zeit ebenfalls nicht mehr direkt beschäftigt ist. Auf der anderen Seite passt es nicht zur DNA der Kölner, die Dinge einfach laufen zu lassen – und es dürfte ohnehin reizvoll sein, die aktuelle Position bis zum Schluss zu verteidigen. Bei fünf Zählern Rückstand auf den Fünften HSG Hanau (29:17) lohnt sich der Blick nach vorne nicht mehr, wohl aber jener auf den direkten Verfolger TV Gelnhausen (22:24), der ja gerade durch den jüngsten 30:29-Sieg im Krimi gegen die Kölner wieder engeren Kontakt zum LSC aufgenommen hat. Im Heimspiel gegen Hanau kann/will die Mannschaft von Trainer Chris Stark jetzt nach dem 32:38 aus der Hinrunde den Beweis dafür antreten, dass sie doch nicht so besonders viel vom ersten Drittel der Tabelle trennt. Stark hat Respekt vor der HSG: „Hanau war im vergangenen Jahr Meister in der Staffel Süd-West. Das zeigt, welche Qualität in der Mannschaft steckt. Das haben wir im Hinspiel leidvoll erfahren müssen, als wir eins der wenigen Spiele in dieser Saison hatten, wo wir relativ chancenlos waren. Da brennen wir auf Revanche und wir werden versuchen, eine Top-Leistung abzuliefern – die wir unbedingt brauchen.“ Gleichzeitig sieht Stark eine Verpflichtung für alle, Spielern wie Valentin Inzenhofer, Marian Dahlke, Maximilian Zerwas und Max Zimmermann, die ab Sommer nicht mehr an Bord sein werden, den passenden Abschied zu ermöglichen. „Wir wollen den Jungs natürlich noch mal tolle Handball-Erlebnisse und richtig gute Leistungen schenken“, sagt der LSC-Coach.
Die Lust auf Handball ist gleichzeitig auch beim TuS 82 ungebrochen und das Team von Trainer Fabrice Voigt hat ebenfalls keine Lust, die Serie ins Belanglose austrudeln zu lassen – wobei die drei Niederlagen zuletzt eins gemeinsam hatten: Sowohl beim 30:31 in Ratingen als auch beim 25:28 gegen die Krefelder und beim 22:25 in Friesenheim-Hochdorf II wäre wohl mehr drin gewesen. „Wir haben zuletzt nicht nur versagt, aber wir haben in den letzten zehn Minuten versagt. Das muss man einfach so sehen. Wir haben es drei Mal hintereinander in den letzten vier Minuten nicht geschafft, Punkte mitzunehmen. Da muss man weiter dran glauben, das kann man nicht trainieren. Wir müssen vielleicht auch ein bisschen mehr Glück haben – und das muss man sich erarbeiten.“ Die bevorstehende Aufgabe gegen die HG Saarlouis (Vierter/31:15) ordnet Voigt in die Kategorie sehr anspruchsvoll ein, zumal jetzt die Vorbereitung angesichts einiger Krankheitsfälle nicht wirklich optimal lief: „Saarlouis hat sich nach ein paar Startschwierigkeiten sehr gut gefangen. Das ist eine Mannschaft, die sicher immer mal den Blick nach oben hatte, auch vor der Saison, und die da nächstes Jahr hin will. Wir wollen versuchen, den Bock umzustoßen.“ Realistisch kann es für Opladen (21:25 Punkte) ohnehin nur noch darum gehen, den derzeitigen achten Platz als letzte Position in der oberen Hälfte ins Ziel zu bringen – was besonders angesichts der nächsten drei Aufgaben nicht ganz einfach aussieht. Nach Saarlouis gehts am 12. April zu den Longerichern und am 20. April kommen die ungeschlagenen Ferndorfer in die Bielerthalle. Das alles lässt sich definitiv höchstens mit ungebremster Leidenschaft bewältigen.