1. Bundesliga
BHC stürzt ins Tal der Tränen
Nach 27:30 gegen Eisenach spricht alles für den Abstieg. Gummersbach setzt Höhenflug mit 33:25 gegen Schlusslicht Balingen-Weilstetten fort.

Abschiedsstimmung? Lukas Stutzke, Torhüter Christopher Rudeck, Linus Arnesson und Tomas Babak bedankten sich nachher natürlich bei den Fans des Bergischen HC für deren Unterstützung. Viel Zuversicht für den restlichen Kampf gegen den Abstieg konnten sie aber nicht weitergeben. (Foto: Thomas Wirczikowski)

Demnächst werden es also wieder Hagen, Coburg, Ludwigshafen oder Dessau-Roßlau sein und eben nicht die Dienstreisen zu den ganz Großen der Branche. Kein THW Kiel. Kein SC Magdeburg. Keine Füchse Berlin. Keine SG Flensburg-Handewitt. Feststellung eins: Wer in der 1. Bundesliga zum elften Mal hintereinander verliert, steckt in der Summe definitiv nicht unglücklich tief im Keller der Tabelle fest. Feststellung zwei: Wer jetzt im über sein sportliches Schicksal mit entscheidenden Heimspiel gegen einen Aufsteiger mit 27:30 den Kürzeren zieht, hat am Ende auch keine Argumente mehr auf seiner Seite. Sicher ist zudem, dass den Bergischen HC die Niederlage gegen den ThSV Eisenach inzwischen nicht nur mit anderthalb Beinen über dem Abgrund schweben lässt, sondern zu nahezu hundert Prozent den Abstieg in die 2. Bundesliga bedeutet. Endgültig beschlossen ist der Gang in die Zweitklassigkeit zwar noch nicht, aber es gibt längst keinerlei Hinweise mehr auf eine Rettung – die nun allerhöchstens durch ein Maximum an Glück oder eine Art Super-Wieder-Auferstehung gelingen könnte, die sich allerdings mit einer Eisenacher Nullnummer bis zum Ende kombinieren müsste. Mit seinen 13:41 Punkten sieht die Mannschaft von Trainer Jamal Naji lediglich das Schlusslicht HBW Balingen-Weilstetten (11:45) hinter sich und der Abstand zu den Eisenachern am rettenden Ufer (18:38) ist auf fünf Zähler angewachsen. Der BHC hat auf der Zielgeraden nichts mehr in der eigenen Hand – und es fehlt inzwischen tatsächlich jede Phantasie, wie er den Rückstand in sieben übrigen Spielen aufholen sollte.

Weiter geht es am kommenden Freitag bei den Rhein-Neckar Löwen (Zehnter/22:30) und am 19. April beim Schlusslicht Balingen-Weilstetten. Nach dem Heimspiel am 28. April gegen den HC Erlangen (15./19:37) und der Aufgabe am 2. Mai beim HSV Hamburg (Achter/24:28) wartet am 19. Mai die Partie gegen den TBV Lemgo Lippe (Elfter/21:33). Für keinen dieser Termine sind nach der Entwicklung in den vergangenen Monaten zwingende Gründe erkennbar, die auf einen Sieg des BHC schließen lassen – und noch weniger darf er sich zum Schluss am 30. Mai bei den Füchsen Berlin (Erster/49:7) und am 2. Juni gegen die SG Flensburg-Handewitt (Dritter/42:12) ausrechnen. Sehr viel bis nahezu alles spricht dafür, dass sich die Solinger spätestens im Duell mit den Flensburgern offiziell mit einem Meisterschafts-Einsatz aus der höchsten deutschen Klasse verabschieden werden – während Eisenach, als größter möglicher Außenseiter überhaupt in die Saison gestartet, nun sehr realistisch von dem träumen kann, was bei Vollendung mit Recht als „Wunder von Thüringen“ durchgehen würde. In Hingabe und Einsatz hatten die Eisenacher im direkten Duell mit dem BHC sowieso keinerlei Nachteile, sondern eher ein Plus: Während bei den Hausherren die meisten Spieler sicher wollten und einige wie Noah Beyer, Eloy Morante Maldonado oder Lukas Stutzke auch ihr Handballherz auf der Platte ließen, wirkten die Gäste wie ein Verbund aus reinster Leidenschaft mit eingebauter Bereitschaft, sich von keinem Rückschlag aus der Bahn werfen zu lassen. BHC-Coach Naji sah in diesem Punkt trotzdem keinen Unterschied zwischen den Kontrahenten: „Wir haben es 60 Minuten geschafft, auf dem gleichen Energie-Level zu funktionieren, wie Eisenach es bemerkenswerterweise schon über die ganze Saison schafft. Ich glaube, wir haben all das, was möglich war, hier investiert.“

Der BHC erwischte einen guten Start, legte regelmäßig vor und schien nach dem 3:3 (4.)  übers 5:4 (7.) beim Stande von 7:4 (8.) auf dem aus seiner Sicht richtigen Weg zu sein – was jedoch bei den Gästen und deren Trainer Misha Kaufmann auf heftigsten Widerstand stieß. Einen 4:0-Lauf darauf hieße es dann 8:7 (14.) für den TSV, der in Mateusz Korniecki einen starken Keeper als Rückhalt hatte und in Marko Grgic einen selten zu kontrollierenden Spieler im Rückraum. Der Klassen-Neuling lag in der Folge ab dem 10:8 (17.) oft mit zwei Toren vorne und nahm dieses kleine Polster auch mit in den zweiten Durchgang, den die Hausherren mit mehr Biss in der Abwehr zumindest defensiv besser begannen und sich dafür mit etwas Anlauf auch belohnten – 16:16 (33.), 17:18 (40.), 19:20 (43.), 20:20 (44.), 21:20 (47.). Nachdem Grega Krecic (52.) und Morante Maldonado (54.) aus dem 22:23 (52.) die 24:23-Führung gemacht hatten, lag für den Bergischen HC erneut Zählbares im Bereich des Möglichen, bevor Frederik Ladefoged den 24:24-Ausgleich (55.) mit dem Tor zum 25:24 (56.) beantwortete und dadurch den Spalt in der Tür zum Sieg noch ein bisschen breiter machte. Was sehr schnell folgte, war allerdings die komplette Ernüchterung für die Hausherren, die einen bestimmten Namen trug: Manuel Zehnder. Der Schweizer, vom ThSV für diese Saison vom Klassen-Konkurrenten Erlangen ausgeliehen, glich per Siebenmeter zum 25:25 (57.) aus und ließ durch einen weiteren Strafwurf das 26:25 (58.) folgen, ehe er mit dem 27:25 (59.) die Entscheidung einleitete – die kurz darauf Malte Donker mit dem 28:25 (59.) gegen jetzt sehr offensiv deckende Gastgeber besorgte. Gut eine Minute darauf war der BHC um mehr als eine Enttäuschung „reicher“: Es gab keine Punkte in diesem Endspiel und bei erkennbaren Lücken im einen oder anderen Tribünen-Bereich mit angegebenen 3000 Zuschauern (Kapazität 3200) nicht mal eine ausverkaufte Wuppertaler Uni-Halle. Das sagt ebenfalls einiges und auch darüber lohnt es sich wohl nachzudenken.

In der anderen Handball-Welt, in der es sich viel angenehmer leben und Handball spielen lässt, sind sie derzeit im Oberbergischen beim VfL Gummersbach unterwegs, der sich nach einer durchwachsenen ersten Hälfte am Ende völlig ungefährdet mit 33:25 gegen den Letzten Balingen-Weilstetten durchsetzte und dadurch seine Bilanz fürs Kalenderjahr 2024 auf 14:4 Zähler stellte. Dabei kassierte die Mannschaft von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson nur zwei Niederlagen – jene zum Wiederbeginn nach der Pause am 7. Februar bei der TSV Hannover-Burgdorf (29:32) und jene am 2. März gegen den SC Magdeburg  (30:38), der als Zweiter hinter den Füchsen Berlin einer der beiden Favoriten auf die Deutsche Meisterschaft ist. Außerdem hat der VfL die beiden verlorenen Zähler in Hannover mittlerweile längst wieder herausgerarbeitet – und er liegt inzwischen mit 32:22 Punkten als Sechster vor der TSV (Siebter/30:24), die bei der SG Flensburg-Handewitt (28:31) und gegen den HSV Hamburg (25:26) zuletzt zweimal hintereinander verlor. Gummersbach und Hannover werden sich vermutlich in den letzten acht Wochen der Saison 2023/2024 bis zum 2. Juni ein Fernduell um den sechsten Tabellenplatz liefern, der beim Zusammentreffen günstigster Umstände zur Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb berechtigt. Die sieben Hürden für den Endspurt stehen am 21. April beim HSV Hamburg, am 27. April gegen die HSG Wetzlar, am 5. Mai bei den Füchsen Berlin, am 19. Mai gegen die Rhein-Neckar Löwen, am 26. Mai gegen den THW Kiel, am 30. Mai bei der SG Flensburg-Handewitt und am 2. Juni gegen FrischAuf Göppingen im Weg. Das Programm für die TSV Hannover-Burgdorf sieht eine Spur einfacher aus – unter anderem deshalb, weil am 18. Mai gegen Berlin nur noch ein Duell mit einem der Top-Klubs wartet.

In der ausgeglichenen ersten Halbzeit geriet der VfL beim 4:5 (11.) einmal in Rückstand und er tat sich übers 8:8 (17.) und 11:11 (25.) einigermaßen schwer, ging aber beim 14:12 (30.) mit einer Zwei-Tore-Führung in die zweite Halbzeit. Beim 19:15 (35.) lag Gummersbach zum ersten Mal deutlicher vorne und näher kamen die Gäste bloß beim 21:18 (40.) noch einmal heran – 23:18 (42.), 26:22 (46.), 29:24 (53.), 30:25 (57.), 33:25 (60.). Trainer Sigurdsson wirkte insgesamt zufrieden, ohne dabei in Begeisterung auszubrechen: „Ich bin sehr glücklich, dass wir gewonnen haben. In der ersten Halbzeit hat Balingen super gedeckt und der Torhüter war überragend. Aber wir haben auch acht Mal am Tor vorbei geworden oder den Pfosten getroffen. 33 Tore zu werfen ist gut, aber eine 60-Prozent-Ausbeute ist natürlich etwas, womit ich nicht glücklich sein kann. Elf technische Fehler sind auch zu viel. In der zweiten Hälfte haben wir es gut gemacht, auch wenn wir uns insgesamt schwergetan haben. Es war ein solider Auftritt von uns.“

 

VfL Gummersbach – HBW Balingen-Weilstetten 33:25 (14:12). 

VfL Gummersbach: Rebmann, Ivanisevic – Vidarsson (8), Kodrin, Vujovic (10/3), Köster (4), Blohme (1), Oskarsson, Häseler (3), Schluroff (3), Tskhovrebadze (2), Pregler (2), Horzen, Kiesler, Protsiuk, Zeman.

 

Bergischer HC – ThSV Eisenach 27:30 (14:16).

Bergischer HC: Rudeck, Johannesson – Beyer (6/2), Persson (1), Doniecki, Nothdurft, Krecic (4), M’Bengue, Ladefoged (4), Andersen, Fraatz, Babak (3), Arnesson, Nikolaisen, Morante Maldonado (7), Stutzke (2).