15. April 2024 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Die Zeit der sinnfreien Durchhalteparolen sollte längst vorbei sein. Sie hören sich ja inzwischen auch eher peinlich an. Mal glaubte zuletzt jener, dass noch eine Chance vorhanden sei, dann dieser. Und ganz nebenbei war immer wieder zu hören, dass sie alle den Ernst der Lage erkannt hätten. Natürlich. In der Summe hat sich aber seit jenen oft betonten und vermeintlich heilsamen Diskussions-Tagen nach dem 22:33-Debakel am 29. Februar 2024 beim SC DHfK Leipzig wenig getan. Jedenfalls ist nichts durchgreifend besser oder anders geworden. Es habe ein „umfassender Aufarbeitungsprozess stattgefunden“, hieß es damals. Man habe die Oberfläche abgekratzt und dabei manches entdeckt, was schon längst hätte angesprochen werden müssen. Es solle die Konzentration auf das Wesentliche folgen. Wie falsch das alles ein paar Wochen später klingt. Fünf weitere Male hat der BHC danach verloren und dabei mindestens vier Mal weitere Enttäuschungen abgeliefert – die unter dem Strich immerhin eindrucksvoll belegen, warum die Mannschaft von Trainer Jamal Naji im Sinkflug ist und auf dem direkten Weg in die 2. Bundesliga. Schon das 24:31 im ersten Spiel „danach“ gegen den VfL Gummersbach war bitter, ehe das 27:30 gegen den SC Magdeburg in die Kategorie normal gehörte. Was folgte, waren zwei echte Armutszeugnisse – 26:27 beim TVB Stuttgart, 27:30 gegen den ThSV Eisenach. Das jüngste 29:35 bei den Rhein-Neckar Löwen, die zwölfte Niederlage hintereinander, kam dann fast nicht mehr überraschend.
Sechs Spieltage vor dem Ende der Saison, die für den BHC sehr viel mit einem Albtraum zu tun hat, sind die Hoffnungen auf den Klassenerhalt allenfalls sehr theoretischer Natur: Die Solinger werden als Vorletzter mit ihren 13:43 Punkten zu 99,98 Prozent zusammen mit dem Schlusslicht HBW Balingen-Weilstetten (11:45) absteigen. Der Abstand zum Aufsteiger Eisenach (18:38), dem überhaupt nur ganz wenige den Klassenerhalt zugetraut hatten, beträgt inzwischen fünf Punkte. Und der Blick weiter nach oben verbietet sich ohnehin, weil der TVB Stuttgart (14./20:36) und der HC Erlangen (19:37) noch ein bisschen mehr an Polster als der ThSV haben. Ganz nebenbei hat der BHC inzwischen auch das Torverhältnis von minus 78 (791:869) im Vergleich mit Stuttgart (minus 50), Erlangen (minus 59) und Eisenach (minus 67) gegen sich. Nach allen Gesetzen der Mathematik ist eine Rettung des Bergischen HC zwar noch rechnerisch möglich – aber mehr definitiv nicht. Es wäre Unsinn, sich an diesen Strohhalm zu klammern. Außerdem gibt das Restprogramm ebenfalls nichts her, was den Aufwand für derlei Träumereien rechtfertigt.
Natürlich: Der Bergische HC tritt am Freitag in Balingen-Weilstetten an – und dem Zweitliga-Meister der Saison 2023/2024 geht es ebenfalls nicht gut. Außerdem könnte es passieren, dass die erschütternde Negativ-Serie dort wirklich ihr Ende nimmt. Doch der BHC sollte lieber nicht davon ausgehen, dass zwei Punkte wie selbstverständlich auf sein darbendes Konto wandern. Dann würde er unverändert dem Irrtum/der Fehleinschätzung unterliegen, dass er eigentlich nicht nach dort unten gehört. Für Demut spricht außerdem, dass der Tabellenletzte aus seinen vergangenen zwölf Einsätzen wenigstens 6:18 Zähler generieren konnte und nicht bei den 0:24 seiner Gäste landete. Und im Übrigen waren hier ordentliche Ergebnisse dabei – wie ein 32:34 gegen die SG Flensburg-Handewitt oder ein 34:35 bei den Füchsen Berlin. Nach der Aufgabe Balingen tritt der BHC am 28. April gegen Erlangen an, ehe es am 2. Mai zum HSV Hamburg (Neunter/25:29) geht und am 19. Mai gegen den TBV Lemgo (Zwölfter/21:35). Super-Optimisten kämen wohl auf die Idee, dass es dreimal (Balingen, Erlangen, Lemgo) zu zwei Zählern reichen könnte – womit das Konto bei 19 Pluspunkten stünde. Dass anschließend noch etwas drin ist? Kaum. Nein. Schließlich beendet Jamal Najis Team die Serie am 30. Mai bei den Füchsen Berlin (Erster/49:7) und am 2. Juni gegen die SG Flensburg-Handewitt (Dritter/42:12). Davon ausgehend, dass der BHC die Saison theoretisch mit 19:49 Zählern beendet, müsste der Blick auf Eisenach gehen – das bereits jetzt bei 18 Punkten steht. Das finale Programm der Thüringer am 18. Mai gegen Flensburg, am 29. Mai in Hamburg und am 2. Juni gegen Berlin hat es zwar genauso in sich, aber der ThSV könnte sich vorher die fehlenden Zähler sichern – am kommenden Samstag gegen die Stuttgarter zum Beispiel oder am 26. April gegen den TBV Lemgo Lippe oder am 3. Mai in Balingen-Weilstetten. Das Team von Trainer Misha Kaufmann kommt zurzeit sehr gefestigt daher und es ist keineswegs ausgeschlossen, dass ihm bald der zur Rettung entscheidende Schritt gelingt.
Im Nachholspiel vom 20. Spieltag bei den in den vergangenen Wochen nicht besonders überzeugend auftrumpfenden Rhein-Neckar Löwen (vorher 4:12 Punkte im Jahr 2024) legte der BHC zuerst immer wieder vor – vom 1:0 (1.) bis zum 5:4 (5.) und dann mit dem 8:7 (8.). Beim 9:9 (12.) gelang durch Noah Beyer zum letzten Mal der Ausgleich, ehe sich die Waage zunehmend auf die Seite der Gastgeber neigte: Das 9:12 (15.) verkürzte der BHC zwar auf 11:12 (19.), doch übers 15:11 (22.) und 17:13 (24.) nahmen die Löwen ein 16:13 (30.) mit in die Pause – und sie legten am Anfang der zweiten Halbzeit schnell die 18:13-Führung (33.) hinterher. Das Gefühl, dass die Gäste irgendwie für eine Wende in Frage kommen könnten, hatte inzwischen niemand mehr, und spätestens mit dem 20:28 (42.) stand fest, wer als Gewinner von der Platte gehen würde. Während der BHC nun in einer Auszeit versuchte, ein Mittel zu finden, um wenigstens die Höhe der Niederlage einzugrenzen, nutzen die Hausherren die Gunst der Stunde und verhalfen ihrem Kapitän Patrick Groetzki nach langer Verletzungspause zum Comeback. Der Rechtsaußen traf anschließend auch – allerdings nicht ins Tor der Gäste. Die bestrafte er eher mit Worten, die wie ein krachende Ohrfeige wirkten: „Ich hatte nicht das letzte Gefühl, dass der BHC hier an die Punkte glaubt. Eine Mannschaft, die noch mehr Fehler macht als wir momentan, ist schwierig zu finden.“ Zwei markante Vorteile für die Hausherren: Löwen-Torhüter Mikael Appelgren glänzte mit 19 Paraden (Quote an gehaltenen Bällen bei 39.58 Prozent) und Spielmacher Juri Knorr (zehn Treffer) trat immer dann auf den Plan, wenn ihn seine Mannschaft besonders brauchte. Von derartigen Schlüsselspielern war beim Bergischen HC weit und breit nichts zu sehen.
Rhein-Neckar Löwen – Bergischer HC 35:29 (19:16).
Bergischer HC: Rudeck, Johannesson – Beyer (4/2), Persson (1), Doniecki, Nothdurft (3), Krecic (4), M’Bengue (2), Ladefoged (4), Andersen (4), Fraatz (2), Babak (1), Stutzke (4).