Regionalliga Nordrhein
Von Korschenbroich bis Langenfeld: Es liegt was in der Luft
Der TVK hat im Kampf um den Aufstieg in die 3. Liga alles selbst in der Hand. Mönchengladbach und die SGL sind kaum noch zu retten und andere gefährdet.

Wir oder die? David Klinnert (mit Ball) und seine Korschenbroicher haben da ziemlich klare Vorstellungen. Sie wollen ihren Verfolger TSV Bayer Dormagen II (Nummer 17 Felix Böckenholt, Nummer 12 Torhüter Linus Borreck) unbedingt hinter sich halten. (Foto: Sven Frank)

Beide haben noch drei Aufgaben vor sich, beide haben noch ein vergleichbares Restprogramm. Was dabei für den Tabellenführer TV Korschenbroich spricht: Auf seinem Konto steht ein Punkt mehr (33:13), er kann sieben Siege in Folge in die Waagschale werfen und er kann den sportlichen Ausgang im Meisterschaftskampf selbst bestimmen. Außerdem legt der TVK jetzt vor, weil er am Samstagabend auf den Bergischen HC II trifft, der als Zwölfter (18:28) mitten im Kampf gegen den Abstieg steckt. Durch einen Sieg könnte Korschenbroich damit den Druck an seinen Verfolger TSV Bayer Dormagen II (32:14) weitergeben – der allerdings erst am Ende der vergangenen Serie aus der Oberliga Mittelrhein in die Oberliga aufgestiegen ist und deshalb von Anfang an weder zu den Aufstiegskandidaten gehörte noch überhaupt zu diesem Kreis gehören wollte. Was jetzt fürs Team von Trainer Martin Berger spricht, das 22 Stunden später als Korschenbroich spielt und am Sonntag auf den HC Weiden trifft (Vierter/27:19): Dormagen hat jedenfalls keinen großen Druck und lediglich einen Zähler Rückstand. Der TSV Bayer kann sogar in relativer Ruhe abwarten, ob sich der TVK einen Ausrutscher leistet. Und sollte das passieren, würden die Dormagener als Herausforderer vielleicht davon profitieren, dass sie den bei Punktgleichheit am Ende entscheidenden direkten Vergleich auf ihrer Seite wissen (29:27, 35:34). Vor den Weidenern hat Berger dabei eine Menge Respekt: „Das ist eine Mannschaft, die vor allem auf ihren Halbpositionen auf beiden Seiten extrem stark besetzt ist.“ In Sven Xhonneux etwa verfügt der HC über den aktuell zweitbesten Werfer in der Regionalliga, der bislang in 22 Einsätzen bereits 165 Treffer erzielt hat (Durchschnitt 7,50) und hinter Julian Mayer liegt, der für den HC Gelpe/Strombach auf 187 Tore in 23 Partien kommt (Durchschnitt 8,13). Eine Schwierigkeit für den TSV Bayer: Direkt vor der Regionalliga-Mannschaft spielt die A-Jugend im Viertelfinale um die Deutsche Meisterschaft gegen die Rhein-Neckar Löwen, sodass auf den einen oder anderen Spieler eine herausfordernden Doppel-Belastung zukommen dürfte.

Der TVK und sein Trainer Dirk Wolf sind offensichtlich fest entschlossen, sich im Fernduell mit Dornagen auf keinerlei Kompromisse mehr einzulassen. „Wir müssen sehen, dass wir das Tempospiel des BHC II unterbinden“, betont Wolf. Der sich daraus ergebende Plan liegt fast auf der Hand: „Wir müssen im Angriff effektiv und gut abschließen. Und wir müssen natürlich wieder aus einer starken Deckung mit guten Torhütern in unser eigenes Tempospiel kommen.“ Der Rückblick auf den vergangenen Freitag hat den Korschenbroichern erneut vor Augen geführt, wie gefährlich der BHC II selbst einem Spitzenteam werden kann – als er gegen Dormagen nach einer mit maximaler Geschwindigkeit geführten Abend ganz knapp mit 37:39 den Kürzeren zog. Dass die Solinger mit Trainer Mikro Bernau trotz ihrer Tempo-Qualitäten und der ausgeglichenen 10:10 Zähler im Kalenderjahr 2024 tief im Keller festhängen und um den Klassenerhalt bangen müssen, dürfte die Aufgabe für den TV Korschenbroich kaum einfacher machen. Zu verschenken haben die Gäste nichts – und sie werden die Punkte entsprechend kaum kampflos in der Waldsporthalle abgeben.

In der verrückten Regionalliga 2023/2024 haben nur drei Klubs nicht viel mit den beiden da oben und dem großen Rest ab Platz sechs zu tun. Dabei wäre für den Bonner SC (31:17), der am Donnerstagabend in der vorgezogenen Partie gegen den HC Gelpe/Strombach (Neunter/22:26) zu einem 32:30-Sieg kam, der dritte Platz trotzdem ein sehr großer Erfolg. Zwischendurch ein bisschen mehr dürften sich die auf Rang vier folgenden Weidener (27:19) ausgerechnet haben, die allerdings für 2024 bei übersichtlichen 8:10 Punkten stehen, deshalb den Anschluss nach ganz oben verloren haben und jetzt nach vier Partien ohne Sieg am vergangenen Wochenende mal wieder zwei Punkte holten (23:16 gegen HSG Refrath/Hand). In Dormagen werden sie dennoch genau wissen, dass sie den HC lieber nicht auf die leichte Schulter nehmen – was sehr viel mit dem 18. November 2023 zu tun hat, als Weiden in der Halle Parkstraße ein 36:34 gegen den TSV Bayer erzielte. Die Chancen auf eine Top-Platzierung haben sich auf Rang fünf hinter dem HC Weiden auch für die HG Remscheid (27:19) erledigt, die seit dem 20. Januar 2024 in neun Partien bloß einen Punkt mehr als die Weidener sammeln konnten (9:9). Zuletzt war Trainer Nelson Weisz froh darüber, dass sich die Remscheider nach vier Spielen ohne Sieg nach einem Rückstand bis in die Schlussphase hinein noch mit 30:28 gegen die SGL durchsetzen konnten.

Jene Langenfelder stehen inzwischen als Letzter (13:33) mit anderthalb Beinen bereits in der Oberliga und ihre Aussichten auf einen Platz am rettenden Ufer sind inzwischen höchstens noch theoretisch da – was zentral mit der Entwicklung in der 3. Liga zu tun hat, wo die Bergischen Panther, der TV Aldekerk und Interaktiv.Handball im Kampf um den Klassenerhalt stecken. Weil beinahe ausgeschlossen ist, dass sich alle drei retten werden (was nur einen Absteiger in den Bereich des Nordrheins bedeuten würde), müssen die Regionalligisten in der wahrscheinlichsten Variante von mindestens zwei Absteigern ausgehen. Demnach rückt zunächst der Bergische HC II als Zwölfter (18:28) in den Blick, zu dem der SGL bereits fünf Zähler fehlen. Das bedeutet ja im Übrigen selbst für den Vorletzten Borussia Mönchengladbach (14:32) bei vier Punkten weniger die Alarmstufe Rot und das jüngste 32:31 der Mannschaft von Trainer Ronny Rogawska gegen die Bonner war im Grunde fast nur dazu geeignet, eine ziemlich vage Chance auf den Sprung ans rettende Ufer zu erhalten. Um es doch irgendwie zu schaffen, müssten die beiden Letzten wohl alle drei Rest-Spiele gewinnen – die Langenfelder damit jetzt auch bei der HSG Refrath/Hand, die Mönchengladbacher gegen Remscheid.

Simon Breuer, der Trainer des BTB Aachen (23:23), der im Übrigen als einziger Regionalligist über ein ausgeglichenes Konto verfügt, brachte am vergangenen Wochenende die verrückte Lage im Kampf um den Klassenerhalt sehr exakt auf den Punkt: „Drei Spieltage vor Schluss sind wir als Sechster immer noch nicht sicher.“ Breuer geht in seiner Einschätzung der Vorsicht halber davon aus, dass aus der 3. Liga alle drei Absteiger aus dem Gebiet Nordrhein stammen – und damit dort die Zahl der Absteiger in diesem ungünstigsten Fall auf vier steigt. Darum sind vor allem der OSC Rheinhausen (17:29) und der BHC II so stark gefährdet und absolute Sicherheit gibt es zurzeit erst durch den zehnten Platz, auf dem gerade TuSEM Essen II (21:25) zu Hause ist – ohne dort ein besonders reichhaltiges Polster zum OSC und den Solingern zu haben. Das wiederum erhöht die Spannung für viele der nächsten Partien: Sollten die Aachener nun etwa in Rheinhausen gewinnen und der BHC II in Korschenbroich verlieren, wäre der BTB sicher durch. Ähnlich sieht das für die Teams aus, die gerade bei 22:24 Punkten stehen: Der Siebte Dinslaken könnte durch einen Erfolg über die Essener eventuell den entscheidenden Schritt zum Klassenerhalt schaffen – wie der Neunte HSG Refrath/Hand durch einen Sieg gegen den Tabellenletzten Langenfeld. Gleiches gilt für die TuSEM-Zweite, falls sie aus Dinslaken beide Punkte entführt.

 

TSV Bonn rrh. – HC Gelpe/Strombach 32:30 (16:12). Während die Bonner den dritten Platz festigten, sind die Gäste plötzlich mindestens halb zurück im Kampf um den Klassenerhalt, denn ihr neunter Rang und die 22:26 Zähler geben kein besonders üppiges Polster (mehr) nach unten ab. Und genau deshalb käme der Mannschaft von Markus Murfuni ein Sieg der Korschenbroicher am Samstag über den Drittletzten BHC II sehr gelegen – wobei der HC-Coach mit dem Auftritt in Bonn sowieso kaum etwas anfangen konnte: „Wir haben es nicht geschafft, ein schlagbares Bonn zu schlagen. Wir standen uns da teilweise selber im Weg, wir waren nicht konzentriert genug – und das kann ich nicht akzeptieren in so einer Phase der Saison. Dementsprechend bin ich sehr angefressen, wie ich es nie war. Dass wir am Ende nur mit zwei Toren verlieren, ist noch geschmeichelt. Der Sieg für Bonn geht absolut in Ordnung.“ Kollege Frank Berblinger war auf der anderen Seite von der Vorstellung der Gastgeber sehr angetan und die TSV steht tatsächlich vor der realistischen Chance, sich in der Abschluss-Tabelle direkt hinter den beiden Top-Teams zu positionieren. „Die Jungs haben wieder super umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben“, fand Berblinger, „wir haben uns als gemeisames Ziel gesteckt, dass wir mindestens den dritten Platz über die Ziellinie bringen wollen, weil wir dadurch unsere überragende Saison tabellarisch krönen.“ Für die beiden restlichen Aufgaben am 27. April beim Sechsten BTB Aachen und am 4. Mai gegen den Zehnten TuSEM Essen II rechnet sich Bonn durchaus einiges aus, während Murfuni für die Aufgabe des HC Gelpe/Strombach am 27. April gegen Mönchengladbach vorab eine klar verständliche Forderung aufstellt: „Ich erwarte eine Reaktion von der Mannschaft, weil wir die brauchen.“

Der Sieg der Bonner war alleine deshalb in Ordnung, weil sie nach dem 1:0 (2.) von Daniel Fischer fast immer führten und lediglich beim 1:1 (3.) der Gäste durch Mike Heinzerling einmal einen Ausgleich hinnehmen mussten. Gelpe/Strombach blieb dann bis zum 5:6 (15.) dran, ehe sich die Hausherren einen deutlicheren Vorsprung erarbeiteten – 10:6 (18.), 13:8 (23.). Mit dem 3:0-Lauf vom 16:12 (30.) am Ende der ersten Halbzeit bis zum 19:12 (35.) am Anfang der zweiten sprach bereits fast alles für die TSV, bevor der HC auf der Zielgeraden näher herankam und nach dem 23:25 (52.) spät auf 28:30 (58.) verkürzte. Fabian Struif (59.) und Luca Bohrmann (60.) beseitigte anschließend jedoch mit dem 32:28 letzte kleinere Restzweifel am Erfolg der Hausherren. „In der zweiten Halbzeit haben wir das Spiel eigentlich im Griff, verlieren aber den Faden, weil die Kräfte ein bisschen geschwunden sind“, fand Berblinger, „es ist noch mal ein bisschen enger geworden als geplant, aber auch da haben wir kühlen Kopf bewahrt und das Ding solide runtergespielt. Ich bin rundzum zufrieden.“ Auffällig bei den Gästen aus dem Oberbergischen: In Kapitän Alexandre Brüning fehlte ihnen eine wichtige Stütze an allen Ecken und Enden – und Julian Mayer war angeschlagen, aber mit elf Toren (fünf per Siebenmeter) der erfolgreichste Werfer des Abends. Alleine in den letzten sechs Minuten erzielte der Linkshänder sechs Tore und er sorgte so praktisch im Alleingang dafür, dass Gelpe/Strombach relativ knapp den Kürzeren zog und halbwegs glimpflich davonkam.

TSV Bonn rrh.: Krouß, Meißenburg – Krohn (8), Benninghoff-Lühl, Santen (1), Behr (4), Wilhelms, Fischer (5), Worm (5/4), Bohrmann (2), Struif (3), Rohloff (4).

HC Gelpe/Strombach: Stöcker, Ahmed Elnoamany – Maier (5), Altjohann (4), Feuerbach (1), Viebahn (2), Reuber, Heinzerling (3), Soldanski, Elverfeld, Panske (1), Borisch, Mayer (11/5), Rostalski (3).