Regionalliga
Aufstieg und Abstieg: Ein Tag der Entscheidungen?
Vorne könnte der TV Korschenbroich schon Meister werden - theoretisch. Unten stehen vor allem Mönchengladbach und Langenfeld auf der Kippe.

Wohin führt unser Weg? Trainer Ronny Rogawska (Mitte) und seine Mönchengladbacher brauchen im Endspurt nicht nur gute Leistungen und Ergebnisse, damit aus dem Klassenerhalt noch was werden kann. Der Aufsteiger benötigt auch massiv viel Glück, um den drohenden Wieder-Abstieg zu vermeiden. (Foto: Michael Jäger)

Denen da oben könnte relativ gleichgültig sein, wie sich die Dinge im Abstiegskampf in der 3. Liga entwickeln – weil sie auf die Vergabe der Meisterschaft in der Regionalliga wenig bis gar keinen Einfluss haben. Mutmaßlich wäre es aber sowohl dem Tabellenführer TV Korschenbroich als auch dessen einzigem Verfolger TSV Bayer Dormagen II aus vielerlei Gründen viel lieber, demnächst eine Etage höher gegen dort gefährdete Nachbarn wie Bergische Panther, TV Aldekerk oder Interaktiv.Handball anzutreten. Duelle mit anderen Konkurrenten wie den ebenfalls bedrohten TV Homburg (Saarland), TuS Dansenberg (Kaiserslautern) oder TSG Haßloch (Rheinland-Pfalz) verursachen schließlich deutlich mehr logistischen wie finanziellen Aufwand. Ob sich niemand retten kann, ob einer drinbleibt, ob zwei drinbleiben, ob es alle schaffen – oder ob es genau umgekehrt auf  keinen Absteiger, einen Absteiger, zwei Absteiger oder drei hinausläuft: Rein sportlich können und wollen sich die beiden Meisterschafts-Kandidaten in der Regionalliga vor allem um sich selbst kümmern. Für den Spitzenreiter TVK (35:13 Punkte) geht es darum, den ersten Platz ins Ziel zu bringen und so nach einigen Irrungen und Wirrungen den angepeilten Sprung in die 3. Liga zu schaffen. Kein anderer hat sich vor der Saison derart weit und mutig aus dem Fenster gelehnt wie die Korschenbroicher, die den Aufstieg ganz oben auf ihrer To-Do-Liste notiert hatten. Auch Dormagen (34:14) hatte ein glasklares Ziel formuliert, aber vor zehn Monaten im Sommer 2023 nach dem gerade gefeierten Aufstieg aus der Oberliga Mittelrhein in die Regionalliga niemals daran gedacht, dort schon wieder ein Kandidat für die Meisterschaft zu sein. Für Trainer Martin Berger gab es seinerzeit nur einen einzigen realistischen Maßstab: „Knallhart geht es für uns um den Klassenerhalt.“ Aus rein sportlicher Sicht dürfte es allerdings schon schlimmere Irrtümer gegeben haben.

20. Januar 2o24: Der TV Korschenbroich startet mit einer 34:35-Niederlage gegen Dormagen ins neue Jahr. 27. Januar 2024: Der TV Korschenbroich verliert beim 31:32 gegen die damals als direkter Konkurrent geltende und inzwischen auf Rang fünf weit zurückgefallene HG Remscheid (27:21). Fast sieht es hier so aus, dass sich die Wege der beiden Top-Teams trennen könnten, doch es kommt in den nächsten Wochen anders – weil auch der TSV Bayer sein Programm nicht unbeschadet absolvieren kann. Vielleicht werden hier alle noch sehr an diesen 24. Februar denken, als Dormagen bei der stark vom Abstieg bedrohten Borussia aus Mönchengladbach mit 29:30 den Kürzeren zieht und hier wertvollen Boden einbüßt. Ohne diese Überraschung wären es heute schließlich die Korschenbroicher, die sich in der Verfolgerrolle befänden und fremde Hilfe benötigt hätten, um auf den ersten Platz zu kommen. Den können die Korschenbroicher nun aus eigener Kraft verteidigen und die Mannschaft von Trainer Dirk Wolf macht dabei in der jüngeren Vergangenheit nicht den Eindruck, dass sie an sich zweifelt – acht Siege in Folge, 16:o Punkte nach jenen Niederlagen in Dormagen und gegen Remscheid. Nun muss der TVK „nur“ noch am Samstag beim Vierten HC Weiden (27:21) bestehen und zum Abschluss am 4. Mai gegen den Fast-Schon-Absteiger SG Langenfeld gewinnen (Letzter/15:33). Eine Entscheidung vor dem letzten Spieltag wird nur dann fallen, wenn der TVK selbst gewinnt und die Dormagener als haushoher Favorit am Samstag in Langenfeld stolpern – was theoretisch natürlich drin ist, allerdings kaum vorstellbar zu sein scheint. Ganz klar: Damit Korschenbroich vorzeitig Meister wird, reicht ihm kein Unentschieden – selbst dann nicht, wenn der TSV Bayer verliert. Andere Variante, theoretisch ebenfalls möglich: Der TVK lässt Federn. Dann wäre die Entscheidung gleichfalls aufs Saisonfinale vertagt – und sollten unter dem Strich beide die Serie mit derselben Punktzahl abschließen, wäre Dormagen Meister. In dieser Konstellation hätte es den heranzuziehenden direkten Vergleich auf seiner Seite (29:27/35:34).

Sogar noch dramatischer als die Lage oben sieht das aus, was sich am andere Ende der Tabelle im Kampf gegen den Abstieg abspielt – und manche werden ziemlich besorgte Blicke auch über das eigene Saisonende hinaus auf die Entwicklung in der 3. Liga richten. Jenen Blick kann sich allenfalls der Letzte sparen, weil es ja einen Absteiger mindestens gibt und das unabhängig davon, welche Absteiger aus dem Nordrhein-Bereich hinzukommen. Damit dürfte der Weg des Schlusslichts Langenfeld vorgezeichnet sein – trotz einer inzwischen ausgeglichenen Bilanz für 2024 (11:11). Angesichts der bevorstehenden Aufgaben am Samstag gegen Dormagen und am 4. Mai in Korschenbroich muss die SGL davon ausgehen, dass sie – als Mindest-Voraussetzung für ein Handball-Wunder – den letzten Platz nicht mehr verlassen kann. Nur unwesentlich besser geht es dem Aufsteiger Borussia Mönchengladbach (16:32), dem ebenfalls der Gang zurück in die Regionalliga droht – trotz der durchaus bemerkenswerten Erfolge des Vorletzten zuletzt mit dem 32:31 gegen die TSV Bonn rrh. (Dritter/31:17) und dem 38:35 gegen die HG Remscheid. Weil mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit wenigstens ein Absteiger aus der 3. Liga zur Regionalliga stößt, sitzt die Borussia aktuell auf dem heißesten denkbaren Stuhl, und sie müsste zumindest noch am Zwölften Bergischer HC II (18:30) vorbeikommen – der daran nachvollziehbar wenig Interesse hat und selbst zwischendurch bereits auf dem Weg ans rettende Ufer zu sein schien nach drei Erfolgen von Ende Februar/Anfang März (49:34 gegen TuSEM Essen II, 31:30 in Remscheid, 29:26 in Weiden) und dem 40:34 am 9. April im Wiederholungsspiel gegen den OSC Rheinhausen. Nach den Niederlagen gegen die Spitzenteams Dormagen II (37:39) und Korschenbroich (19:35) steckt die Mannschaft von Trainer Mirko Bernau aber weiter im dicksten Getümmel fest. Besonders die finale Aufgabe könnte hier brisant werden: Nach dem Spiel am Samstag gegen den MTV Rheinwacht Dinslaken (Achter/22:26) geht es am 4. Mai nach Rheinhausen.

Der OSC (Elfter/21:27) hat ebenfalls den dringenden Wunsch, dass aus der 3. Liga keine drei Klubs runterkommen – weil für diesen in der Theorie (noch) nicht auszuschließenden Fall eben auch der Viertletzte die Regionalliga verlassen müsste. Rheinhausen könnten nun durch einen Erfolg beim Sechsten TuSEM Essen II (23:25) viele Zweifel beseitigen und den BHC II definitiv hinter sich halten. Gleichzeitig bietet sich den Essenern (Sechster) die Chance, durch einen eigenen Erfolg fest ihren Platz für die Regionalliga 2024/2025 zu buchen – was genauso für den Siebten Aachen (23:25) bei einem Sieg über die TSV Bonn rrh. gilt. Um diese maximale Sicherheit geht es auch für den Achten Dinslaken beim BHC II, für den Neunten HC Gelpe/Strombach (22:26) gegen die Mönchengladbacher und für den Zehnten HSG Refrath/Hand (22:26) gegen die Remscheider. Was vermutlich allgemein alle und besonders die stark gefährdeten Mannschaften nerven dürfte: Das Hoffen und Bangen droht sich hier und da über das eigene Saisonende hinaus (4. Mai) weitere drei Wochen fortzusetzen, weil die 3. Liga ja erst am 25. Mai Feierabend macht. Daraus folgt: Die eine Klasse höher um den Klassenerhalt kämpfenden Bergischen Panther, TV Aldekerk und Interaktiv.Handball haben jetzt und über den gesamten Mai hinweg so viele Fans in der Regionalliga Nordrhein wie noch nie.