30. April 2024 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Natürlich gehen sie jetzt im Kopf wieder und wieder alle Möglichkeiten durch, um doch einen Weg ans rettende Ufer zu finden. Fürs Erste hat der Bergische HC das erledigt, was unbedingt notwendig war, um überhaupt mit einem Stück Hoffnung auf das aus vier Spielen bestehende letzte Teilstück in der Saison 2023/2024 gehen zu dürfen. Im ersten Auftritt nach der Trennung von Trainer Jamal Naji hatte der BHC mit dem 25:21 beim Schlusslicht HBW Balingen-Weilstetten zunächst eine quälende Serie von zwölf Niederlagen hintereinander beendet und nun legte er durch das nicht minder wichtige 28:25 über den Drittletzten HC Erlangen schnell nach. Die Frage, ob die beiden Siege mit Naji an der Seitenlinie nicht ebenfalls drin gewesen wären, stellt sich derzeit keiner der direkt Beteiligten. Es ist eine andere, die alle umtreibt: Waren diese beiden Erfolge die Wende zum Besseren oder sogar zum Guten? Als sicher gilt lediglich, dass bisher niemand als Absteiger feststeht – selbst der mit mageren 11:47 Punkten ausgestattete Letzte Balingen nicht, der aber höchstens letzte theoretische Aussichten auf ein weiteres Jahr in der Erstklassigkeit hat. Mit absteigen müsste, falls jetzt Schluss wäre, der Bergische HC, der den Rückstand ans rettende Ufer allerdings auf zwei Zähler verkürzt hat. Dort hält sich gerade mit größter Mühe Erlangen (Rang 17/19:41), das zuletzt am 9. März gewann (28:23 gegen die Rhein-Neckar Löwen), danach sechs Mal in Folge verlor und mittlerweile selbst stark unter Druck geraten ist. Auf jene Erlanger ist der BHC im Kampf gegen den Abstieg nun in erster Linie fixiert – und er muss dazu zwei Zähler sowie sechs Treffer im Torverhältnis aufholen (minus 71/minus 65). Die stark zusammengefasste Rechnung: Sich selbst sieht der Vorletzte im Aufwind und den Konkurrenten aus Mittelfranken im anhaltenden Sinkflug.
Wie und ob der HC Erlangen darauf zu reagieren vermag, könnte bereits am Mittwochabend gegen 21 Uhr klarer feststehen, weil Erlangen um 19 Uhr auf den Fünften MT Melsungen trifft (40:20). Favorit sind die Gastgeber dann sicher nicht – aber Favorit ist auch der Bergische HC am Donnerstagabend beim Neunten HSV Hamburg nicht (26:32). Weil insgesamt keinweswegs alles, aber immerhin vieles dafür spricht, dass die beiden Absteiger aus dem Trio Balingen, BHC und Erlangen stammen, wird wohl zumindest einer hinterher feststellen müssen, dass ein Trainerwechsel eben doch keine Wunder vollbringt. Der BHC hatte ja hier nach der Pleite am 12. April bei den Rhein-Neckar Löwen den Anfang gemacht, indem er Naji sowie dessen Co-Trainer Peer Pütz den Stuhl vor die Tür setzte und dafür ein Interims-Trio installierte: Die beiden vorherigen Assistenz-Trainer Arnor Thor Gunnarsson und Markus Pütz haben für die weiteren Begegnungen gemeinsam mit Sportkoordinator Fabian Gutbrod das Sagen an der Seitenlinie. Balingen schloss sich dieser offensichtlich vielerorts gegen jede Vernunft als Allheilmittel geltenden Idee nach der Pleite gegen den BHC an, stellte Chefoach Jens Bürkle frei und installierte dessen Co-Trainer Tobias Hotz als neuen ersten Mann. Und genauso handelte wenig später zum „guten“ Schluss der HC Erlangen kurz vor der Partie beim BHC. In Erlangen war plötzlich Hartmut Mayerhoffer draußen und Co-Trainer Johannes Selin zum Chefcoach befördert. Klarheit auf der Trainerposition für 2024/2025 hat bislang im Übrigen allein Balingen-Weilstetten: Vom TSV Bayer Dormagen kehrt dessen aktueller Chefcoach Matthias Flohr zu seinem früheren Verein zurück, bei dem er bis zu seinem Wechsel ins Rheinland im Sommer 2022 als Co-Trainer von Jens Bürkle beschäftigt war.
Auf Wolke sieben und damit in ganz anderen Sphären als der BHC schwebt weiter der VfL Gummersbach durch die zweite Hälfte der Saison. Die Serie von sechs Spielen ohne Niederlage (11:1 Punkte) begann am 10. März 2024 ausgerechnet mit dem 31:24 beim Bergischen HC und sie endete jetzt vorläufig mit dem souveränen 35:28 über die HSG Wetzlar (Rang 13/23:37). Was den Gummersbachern alleine fehlt in der Rückrunde, ist ein Erfolg über eins der Mitglieder aus dem elitären Klub der obersten fünf Vereine SC Magdeburg (50:6), Füchse Berlin (50:10), SG Flensburg-Handewitt (44:14), THW Kiel (40:16) und MT Melsungen (40:20). In Melsungen gab es im letzten Spiel des Jahres 2023 ein knappes 25:26 und gegen Magdeburg am 2. März ein 30:38, sodass noch drei besondere Reifeprüfungen offen sind – die es jetzt gebündelt in dichter Folge gibt. Am 5. Mai kommt zuerst die Partie in Berlin, am 19. und am 26. Mai folgen die Heimspiele gegen die Rhein-Neckar Löwen (Elfter/24:34) und gegen den THW Kiel, ehe es am 30. Mai zur SG Flensburg-Handewitt geht – und drei Tage später das Saisonfinale am 2. Juni gegen FrischAuf Göppingen (Zwölfter/23:37) fast wie eine einfache Aufgabe aussieht. Sollte der mit 35:25 Punkte ausgestattete VfL danach seinen sechsten Platz vor der TSV Hannover-Burgdorf (Siebter/34:26) behauptet haben, wäre das sicher verdient. Eine Verbesserung gegenüber dem zehnten Rang und den 33:35 Zählern aus 2022/2023 steht sowieso schon fest.
Die aktuelle und an eine Leichtigkeit des Seins grenzende Selbstverständlichkeit, mit der sich Gummersbach aktuell auf der Platte darstellt, zeigte sich beim Sieg über Wetzlar vor allen Dingen in der ersten Halbzeit. Übers 5:1 (9.) und 9:2 (13.) dominierten die Hausherren praktisch nach Belieben – und nach dem 15:10 (26.) legten sie bis zur Pause das 18:10 (30.) hin, das sie am Anfang der zweiten Halbzeit zum bereits entscheidenden 21:10 (35.) ausbauten. In der Folge klappte zwar längst nicht mehr alles, zumal Wetzlar zulegte, doch der Rest des Abends lief bis zum 30:21 (51.) unverändert in klaren Bahnen. Dass die HSG durch eine 4:0-Serie auf 25:30 (54.) verkürzen konnte, war in der Summe nicht mehr als Ergebniskosmetik. „Ich bin natürlich sehr zufrieden und glücklich. Wir haben überragend angefangen“, fand Trainer Sigurdsson, „wir wussten, dass wir heute aggressiver in der Abwehr agieren mussten, weil wir riesigen Respekt vor dem Rückraum der Wetzlarer hatten. Daniel Rebmann hat dann alles gehalten, was durch die Abwehr gekommen ist. Wir sind mit einem großen Vorsprung in die Halbzeit gegangen und auch danach war lange Zeit alles gut – bis Wetzlar auf das Sieben-gegen-Sechs umgestellt hat. Da hatten wir auf einmal große Probleme in der Abwehr. Wir haben den Faden verloren, uns dann aber gefangen. Ich möchte ein riesiges Lob an die Jungs aussprechen und freue mich sehr über die beiden Punkte.“ HSG-Coach Frank Carstens fand eine blumige Formulierung: „In die erste Halbzeit starten wir, als wären wir vorher eine Woche auf Mallorca gewesen.“
Weder Schönheitspreise noch sonstige Noten für einen besonderen Leckerbissen interessieren derzeit den Bergischen HC, für den es alleine um die Ergebnisse auf dem weiten Weg ans rettende Ufer geht. Gegen Erlangen ließen sich die Hausherren auch nicht von einer engen und maximal umkämpften ersten Halbzeit mit einem 8:10 (21.) und 9:11 (23.) aus der Ruhe bringen. Vielmehr sorgte der 4:0-Lauf für ein 13:11 (29.) zur Pause, ehe Erlangen mit dem 13:13 (34.) richtig in die Partie zurückfand und der BHC anschließend immer wieder mit leichten Vorteilen unterwegs war – 18:15 (41.), 18:17 (44.), 20:17 (45.), 22:21 (50.). Danach fanden die Gastgeber erstens in einer Auszeit noch ein Stück mehr zu sich selbst und zweitens kam ihnen eine Zeitstrafe gegen Erlangens Nico Büdel (51.) entgegen. Was der BHC daraus machte, wirkte zudem sehr konsequent: Mads Andersen (52.), Tim Nothdurft (53.) und Yannick Fraatz (53.) erhöhten auf 25:21 gegen dezimierte Erlanger, die auf der Zielgeraden auf 24:26 (57.) und 25:27 (59.) herankamen, die Niederlage jedoch nicht mehr verhindern konnten.
Trainer Markus Pütz und alle anderen im Team waren nachvollziehbar sehr erleichtert: „Ich glaube, dass wir mit einem sehr guten Gefühl heute aus dem Spiel gehen. Wir haben nach Balingen jetzt den zweiten Schritt gemacht. Wir gewinnen meiner Meinung nach am Ende verdient.“ Für Fabian Gutbrod lag einer der Gründe für den wertvollen Sieg nicht zuletzt in der Torhüterleistung. „Wenn man einen hervorheben möchte, ist es Peter Johannesson, der am Ende ganz wichtige Paraden hat“, fand der Sportkoordinator, „ansonsten machen wir auch mental ein wahnsinnig stabiles Spiel – das ist fast überraschend nach den Misserfolgen der jüngsten Vergangenheit. Deshalb bin ich unheimlich froh. Es bestätigt die Eindrücke der letzten zwei Wochen, die wir im Training gewonnen haben.“ In der Summe erreichte Johannesson bei rund 40 Minuten Einsatzzeit elf Paraden und eine Quote von 37,07 Prozent bei den gehaltenen Bällen.
VfL Gummersbach – HSG Wetzlar 35:28 (18:10).
VfL Gummersbach: Rebmann, Ivanisevic – Vidarsson (4), Kodrin (4), Vujovic (1/1), Köster (3), Blohme, Oskarsson (4), Häseler (5), Schluroff (3), Tskhovrebadze (2), Mappes (1), Pregler (4), Horzen (4), Kiesler, Zeman.
Bergischer HC – HC Erlangen 28:25 (13:11).
Bergischer HC: Rudeck, Johannesson – Beyer (3/3), Persson, Doniecki, Nothdurft (4), Krecic, M’Bengue (1), Ladefoged (3), Andersen (7), Fraatz (5), Babak (2), Arnesson (1), Morante Maldonado, Stutzke (1), Seesing (1).