Regionalliga Nordrhein
Weiden entzaubert Ratingen, Korschenbroich zittert in Rheinbach
Der Aufsteiger wächst beim 26:25 über sich hinaus. An der Tabellenspitze liegt weiter der TuS 82 Opladen, der gegen Aldekerk mit 36:31 gewinnt.

Alle gegen einen: Rheinbachs Rückraum um den starken Oliver Dasburg (rechts/zehn Tore) machte immer wieder viel Druck auf Korschenbroich, das sich nur mit vereinten Kräfte zum Sieg zittern konnte. (Foto: Michael Jäger).

Die Regionalliga Nordrhein erlebt am vierten Spieltag ihre nächste dicke Überraschung – und wieder ist der Aufstiegs-Favorit SG Ratingen daran beteiligt. Das 28:31 vom ersten Spieltag konnte noch als mittel-unerwartet durchgehen, weil TuSEM Essen II in der vergangenen Serie immerhin zu den Spitzenteams der Klasse gehört hatte. Am Samstagabend galten die Ratinger dann beim bislang sieglosen Aufsteiger HC Weiden als haushoher Favorit und die Gastgeber als krasser Außenseiter – der dann alle Prognosen ignorierte und letztlich mit 26:25 die Oberhand behielt. Beide Teams stehen nun bei 3:5 Punkten – was für den Klassen-Neuling eine starke Bilanz ist und die Ratinger eine maßlose Enttäuschung. Nicht viel besser wäre es beinahe dem TV Korschenbroich ergangen, der eine Woche nach der Heimniederlage gegen den TuS 82 Opladen beim TV Rheinbach in den letzten zwei Minuten noch den Kopf aus der Schlinge zog und mit 29:28 gewann. Nutznießer der SG-Pleite sind besonders der Tabellenführer Opladen, der gegen den TV Aldekerk mit 36:31 gewann, und die glücklichen Korschenbroicher.

 

TuS 82 Opladen – TV Aldekerk 36:31 (17:10). Der Spitzenreiter erledigte einen Großteil seiner Arbeit zum Sieg in der ersten Halbzeit, als offensive wie defensiv viele Rädchen funktionierten. Vom 3:3 (5.) bis zum 10:3 (15.) legte die Mannschaft von Trainer Fabrice Voigt einen 7:0-Lauf hin, vom dem sich die Gäste später nie mehr richtig erholten. Nach der Pause sorgten beide Seite für einen Tag der offenen Tür mit insgesamt 40 Treffern innerhalb von 30 Minuten. Obwohl sich der TV steigerte und sogar auf 22:25 (48.) verkürzen konnte, geriet der Erfolg der Hausherren nicht ernsthaft in Gefahr. Felix Barwitzki (Siebenmeter), Birger Dittmer, Fabian Benger und wiederum Dittmer sorgten fürs 29:22 (51.), von dem der Spitzenreiter anschließend zehren konnte.

TuS 82 Opladen: Fuchs, Prützel, Strock – Rachow (2), J. Sonnenberg (2), Ellmann (3), Kaymaz, Dittmer (10), Barwitzki (6/3), Benger (1), M. Sonnenberg (3), Rinke (2), Pütz (7/4), Gremmelspacher.

TV Aldekerk: Köß, Schoemackers – Jonas Mumme (2), Kleinelützum, Greven, Schoemackers, Plhak (7/3), Upietz, Rampyapedi (2), Tobae (1), Zwarg (8), Julian Mumme (6), Tebyl (2), Appelhans (3).

 

SG Langenfeld – BTB Aachen 25:23 (14:6). Sollten die beiden Trainer fürs Kopfschütteln bezahlt werden, müssten sie nach dieser Partie eine Rekordgage auf ihrem Konto finden. Erst konnte Aachens Coach Martin Becker kaum glauben, was ihm seine Mannschaft anzubieten wagte. Nach dem Treffer von Dominik Jung führte Langenfeld beim 17:6 (35.) mit elf Toren Unterschied und der BTB-Trainer war fassungslos. Von Regionalliga-Niveau mochte er sowieso nicht sprechen: „Das hatte mit Handball nichts zu tun.“ Namensvetter und SGL-Kollege Markus Becker wirkte später ebenfalls, als habe er gerade in eine besonders sauere Zitrone gebissen: „Wir haben total den Faden verloren.“ Das war am Ende noch eine echte Untertreibung, weil sich die Hausherren konsequent aus der Partie verabschiedeten und letztlich einen knappen Erfolg über die Runden quälten. Das Resultat stimmte Markus Becker immerhin halbwegs versöhnlich. „Das ist am Ende des Wichtigste. Wir haben den ersten Saisonsieg geholt.“

Der BTB schien mit dem 1:0 (1.) und 2:0 (3.) in der Partie zu sein, täuschte damit aber alle in der Halle. Knapp zwölf Minuten später hieß es bereits 2:7 (15.) und nach dem 6:9 (22.) trieben es die Aachener halbzeitübergreifend noch wirrer, weil sie bis zum 6:17 sogar acht Tore hintereinander kassierten – ohne selbst eins zu werfen. Die SGL schien hier noch nichts Böses zu ahnen, jedoch von der einen auf die andere Sekunde alle Tugenden vergessen zu haben. Wo vorher bei allen Fehlern immerhin Einsatz und konzentrierte Aktionen dominiert hatten, gab es nun nur noch Ausschuss. Die Gäste kamen Zug um Zug heran – 19:24 (55.), 22:24 (58.). Hätte Aachen jetzt nicht beim eigenen Angriff den Ball verschenkt, wäre es für die SGL vielleicht noch enger geworden als ohnehin schon. So machte Vinzenz Preissegger mit seinem Tempogegenstoß zum 25:22 genau 80 Sekunden vor der Schluss-Sirene alles klar für den Drittliga-Absteiger, der anschließend ausgelassen feierte. Aachen wirkte dagegen tief getroffen. „Zuerst hat uns der Glaube gefehlt“, fand BTB-Coach Martin Becker, „und als wir ihn dann hatten, war es zu spät.“

SG Langenfeld: Schmidt, Riebau – Poetsch (3), Jung (3), Preissegger (3), Rahmann (1), Schirweit (1), Korbmacher (5), Eich (6/1), Boelken, Schulz (3), Voelker, S. Pagel, Nelte.

BTB Aachen: Dorsch, Elsen – Saive-Pinkal (1), Jacobs (6), Breuer (3), Bökmann (3), Uerlings (3), Horn (4), Bardak, Kell, Luetz (2), Käsgen (1).

 

HC Weiden – SG Ratingen 26:25 (12:13). Der Jubel kannte bei den Hausherren nach dem Ende des Spiels keine Grenzen, weil niemand ernsthaft mit diesem Coup gerechnet hatte – vorher nicht und auch in der Partie selbst zunächst nicht. Übers 1:5 (13.) und 3:8 (18.) schien die Angelegenheit den Verlauf zu nehmen, der niemanden umgeworfen hätte. „Wir sind zu schlecht reingekommen und hatten zu viel Respekt“, fand Team-Manager Jochen Kuck, „aber mit der Halle im Rücken und einem tollen Teamgeist sind wir zurückgekommen.“  Eine der wichtigsten Stützen für die Wende stand zwischen den Weidener Pfosten, denn Keeper Tobias Bayer begann seinen Arbeitsplatz immer mehr zu vernageln. Trainer Andreas Heckhausen war von der Vorstellung seines Schlussmanns und der kämpferischen Einstellung der gesamten Mannschaft begeistert: „Überragend.“

Der Mann fürs ganze Dutzend: Die zwölf Treffer von Simon Bock (beim Wurf) waren für seine Weidener Gold wert. (Foto: Herbert Mölleken)

Bis zur Pause war der HC bereits dran, ehe er einen weiteren Turbo zündete – 15:13 (33.), 19:17 (42.). In der spannenden Schlussphase behielt der Aufsteiger auch die Nerven und nahm beim 25:24 seine letzte Auszeit. Ergebnis: Tim Wolff erzielte zehn Sekunden darauf das 26:24 (58.), auf das die SG nur noch mit dem 25:26 durch Etienne Mensger im folgenden Angriff antworten konnte. HC-Coach Heckhausen: „Es war das glücklichere Ende für uns, aber es war nach einem harten und tollen Kampf ein verdienter Sieg.“ Daran nicht ganz unbeteiligt: Rückraumspieler Simon Bock, der zwölf Treffer beisteuerte – wie sein Ratinger Pendant Alexander Oelze, der ebenfalls zwölf Tore erzielte und erneut der mit weitem Abstand wirkungsvoller Akteur der SG war. Die Frage, wer an diesem Abend mehr Spaß hatte, stellt sich allerdings nicht.

HC Weiden: Bayer (1), Rüttgers – Kuck (1), Wolf (3), Hoffmann (1), Beckers (2), Scheidtweiler (2), Lübcke, Leonhardt (4), Flossbach, Eiche (1), Micke, Habisch, Bock (12/5).

SG Ratingen: Schmidt, Angelov – Funke, Bauer (2), Nitzschmann (1), Schmitz, Oelze (12/5), Mergner (3), Mensger (4), Lazarov (3), Bahn, Jonovski, Ditzhaus.

 

TV Rheinbach – TV Korschenbroich 28:29 (13:15). Der TVK scheint es extrem spannend zu mögen, denn er leistete sich erneut ein echtes Handball-Drama, in dem er sogar erneut leer auszugehen drohte. Oliver Dasburg brachte die Hausherren, die selbst ohne ihren fehlenden Regisseur René Lönenbach jede Menge Widerstand leisteten, in einem Abnutzungskampf per Siebenmeter in der vorletzten Minuten erneut nach vorne – 28:27. Dann belegten die Unparteiischen Marcel Kurth mit einer Zeitstrafe, sodass die Mannschaft der Trainer Dietmar Schwolow/Jan Hamann den Rest der Partie in Unterzahl bestreiten mussten. Und auf der Zielgeraden schlug jetzt die Stunde der beiden Außen Sascha Wistuba, der zum 28:28 ausglich (59.), David Biskamp (60.), der per Siebenmeter das 29:28 schaffte (60.). Rheinbach suchte in einer Auszeit noch nach einem letzten Mittel, um wenigstens einen Zähler zu behalten, ging allerdings leer aus – ein bitteres Finale.

TV Rheinbach: Funke, Thürnau – Schwolow (3), Kurth (2), Prell, Schöneseiffen (4), Dasburg (10/4), Schmitz, Kazimierski (2), Künkler, Voihs (3), Genn (3), Stief, Hoven.

TV Korschenbroich: Jäger, Krüger – Wistuba (4), Dicks, Jennes (1), Brinkhues (2), Zidorn (2), Wolf (3), Fütterer, Kauwetter, Biskamp (8/5), Schneider (5), Franz (4).

 

HG Remscheid – HSG Siebengebirge 28:28 (15:9). Das Ergebnis hilft unter dem Strich im Kampf um den Klassenerhalt keinem richtig weiter – und falls doch, dann vermutlich eher der mit großen personellen Sorgen angetretenen HSG aus dem Siebengebirge. Das Team von HG-Trainer Frank Berblinger schien bis zur 30. Minute das 24:37-Debakel vom Wochenende zuvor in Aachen geraderücken zu können, denn die Gastgeber legten eine Sechs-Tore-Führung hin und zu Beginn der zweiten Halbzeit durch Tobias Bonekämper noch das 16:9 hinterher (31.). Die folgenden acht Minuten machte dann aber alle Fans der Hausherren ziemlich fassungslos, weil ihre Mannschaft plötzlich die Halle verlassen zu haben schien – und Siebengebirge zum 16:16 ausgleichen konnte (39.). Der Rest war ein packendes Kopf-an-Kopf-Rennen, in dem Remscheid vorübergehend ganz leer auszugehen drohte – 23:24 (51.), 25:26 (54.). Yannick Faust ließ den Aufsteiger mit seinem 28:27 (59.) wieder vom zweiten Saisonsieg träumen, ehe beide Seiten kurz hintereinander ihre jeweils letzte Auszeit nahmen. Oliver Dziendziol fand kurz vor dem Ende mit dem 29:29 die für Siebengebirge bessere Lösung. Auf den Rängen elf (Remscheid) und 14 (Siebengebirge) gehören trotzdem beide Seiten weiter zu jenen Klubs, die sich in der direkten Gefahrenzone aufhalten.

HG Remscheid: Geske, Bungart – Faust (6), Schiewe, Baier (5/4), Heimannsfeld (6), Pütz (2), Voss (1), Schönfeld, Rother (1), Jansen (2), Rath, Bonekaemper (4), Hermann (1).

HSG Siebengebirge: Schultze, Löcher – Dziendziol (8/3), Kreutz, Steinhaus (8), Lopez der Carvalho (3), Kesper, Hayer, Picard, Stöcker (2), Willmann (1), Marcinkovic (5), Kurscheid, Tebbe (1).

 

TSV Bonn rrh. – TV Jahn Köln-Wahn 27:21 (11:10). Der TSV Bonn rrh. konnte sich nach dem 25:24 im Derby bei der HSG Siebengebirge auch gegen den nächsten Nachbarn durchsetzen – und musste diesmal nicht einmal bis zum Ende zittern. In der ersten Hälfte lieferten sich die beiden Teams noch ein Duell auf Augenhöhe. Bonn lag beim 7:4 (17.) erstmals klarer vorne und zwang Kölns Trainer Olaf Mast zur ersten Auszeit. Die Gäste ließen sich hier noch nicht abschütteln und waren beim 9:9 (25.) wieder dran.

Nach der Pause setzten die Hausherren dann vom 13:13 (38.) den nächsten Zwischenspurt an – 16:13 (40.), 18:14 (42.). Wieder zog Wahn eine Auszeit, dieses Mal behielt der TSV aber die Kontrolle über die Partie. Das 19:17 (47.) beantworteten Franz Krohn (48.) und Daniel Fischer (50.) mit dem 21:17. Danach verwalteten die Bonner den Vorsprung und spätestens mit dem 27:21 durch Fabian Struif (58.) war die Partie entschieden. „Insgesamt war das heute ein Spiel, das eher übers Kämpferische entschieden wurde. Im Angriff war bei uns heute viel Stückwerk. Aber wir konnten zum richtigen Zeitpunkt immer noch ein Tor nachlegen“, fand der erleichterte Bonner Coach David Röhrig.

TSV Bonn rrh.: Meißenburg, Euchner – Krohn (3), Palmen (2), S. Röhrig (3/1), Bock, Benninghoff-Lühl (3/1), Wilhelms (2), Fischer (4), Terehov (3), Mäser (2), Bohrmann (3), Struif (1), Rohloff (1).

TV Jahn Köln-Wahn: Kierdorf, Rotscholl – Akintunde (2), Branding (5/4), Pestinger (6), Rus (3), Wendler (5), Maus, Denis, Pohl, Giacobbe, Lange.