Regionalliga Nordrhein
Ein prickelndes „Straßenbahn-Derby“: SG Langenfeld gegen TuS 82 Opladen
Das Treffen des Drittliga-Absteigers mit dem Spitzenreiter stellt diesmal alle anderen Spiele in den Schatten. Es ist auch ein Duell der Trainer Markus Becker und Fabrice Voigt.

So sehen Sieger aus: Trainer Fabrice Voigt (vorne) und der TuS 82 Opladen konnte in bisher sechs Spielen sechs Mal jubeln. (Foto: Thomas Ellmann)

Wer zu diesem Spiel alle Querverbindungen aufführen will, wird eine ziemlich lange Liste erstellen müssen. Eine der Hauptfiguren ist aber sicherlich Fabrice Voigt – der Langenfelder, der heute mit sehr viel Erfolg den TuS 82 Opladen trainiert. Voigt kommt aus der Jugend der SGL, hat anschließend unter anderem für die ersten Herren dort gespielt und war am Aufstieg in die Oberliga beteiligt. Zu den damaligen Weggefährten gehörten etwa André Moser (früher Eich) und der heutige Kapitän Vinzenz Preissegger. Trainer der Langenfelder ist jetzt im zweiten Jahr der Kölner Markus Becker. Die Herren können einander nicht so sehr gut kennen, oder? Das ist natürlich wieder ganz anders, weil Beckers Heimatverein der Longericher SC ist. Und da soll es dem Vernehmen nach einst ja durchaus das eine oder andere beherzt geführte Duell mit den Opladenern gegeben haben – obwohl es Voigt und Becker auf dem Feld positionsbedingt nicht direkt miteinander zu tun hatten. Am Samstagabend treten die beiden Rivalen von damals in anderer Funktion erneut gegeneinander an. Der Drittliga-Absteiger SGL erwartet den ungeschlagenen Spitzenreiter aus Opladen. Wenn es zwischen den beiden Städten noch Schienenverkehr gäbe, wäre es glatt ein Straßenbahnderby. Nur knapp sieben Kilometer trennt die Opladener Bielerthalle von Langenfeld. Mehr Nähe geht kaum.

Vor knapp zwei Jahren war die Halle am Konrad-Adenauer-Gymnasium nach dem ersten Abstieg der SGL schon einmal der Schauplatz für ein ungewöhnliches Duell zwischen den Orts- und Ligarivalen. Nachdem Jan Jagieniak in der 20. Minute das 11:3 und Felix Barwitzki in der 24. Minute das 15:7 für die in allen Belangen besseren Gäste erzielt hatte, schien die Begegnung bereits vor der Pause gelaufen zu sein. Langenfeld gelang jedoch eins der größten denkbaren Comebacks und war mit dem 14:15 (32.) nach sieben Toren hintereinander wieder dran. Ab dem 14:16 (33.) erzielten die Hausherren eine Serie aus sechs Treffern – 20:16 (43.). Die mit rund 500 Handball-Fans beider Seiten extrem gut gefüllten Halle hatte längst zu kochen begonnen. Vom 1:11-Lauf erholten sich die Gäste anschließend nicht mehr richtig und die SGL sicherte sich einen 25:22-Erfolg.

Wir wehren uns! Trainer Markus Becker (Mitte) und die SGL wollen alles für einen Heimsieg geben. (Foto: Burkhard Kasan)

Die Gäste haben das Drama aus dem September 2017 abgehakt. „Das ist Schnee von gestern“, sagt Voigt, der sich lieber mit dem aktuellen Stand der Dinge beschäftigt. Aus Opladener Sicht gibt es sportlich rein gar nichts zu beanstanden, denn der TuS 82 ist gerade mit 12:0 Punkten das Maß aller Dinge in der Regionalliga. Auf dem Weg zur makellosen Bilanz waren durchaus auch sehr schwierige Aufgaben zu bewältigen – was mit dem 24:23 beim TV Korschenbroich und dem 32:28 bei TuSEM Essen II auf verblüffende Art und Weise gelang. Beeindruckend war am vergangenen Wochenende außerdem der 31:25-Sieg über die hoch eingeschätzte und personell sehr prominent besetzte SG Ratingen, die in der Bielerthalle kein Bein auf den Boden bekam.

Einer der größten Trümpfe des Spitzenreiters ist die mannschaftliche Geschlossenheit. „Wir stehen auch in schwierigen Situationen zusammen“, sagt Voigt, der trotz des glänzenden Saisonstarts nicht abheben mag: „Wir wissen, wo wir herkommen. Und in dieser Regionalliga kannst du es dir nicht leisten, nur ein paar Prozent weniger zu geben.“ Eine besonders hohe Qualität können die Opladener in der Abwehr anbieten, in der die drei Kreisläufer Hendrik Rachow, Jan Jagieniak und Aaron Ellmann einen sehr schwer zu knackenden Innenblock stellen. Vorne kurbelt Johannes Sonnenberg, dessen handballerische Fähigkeiten SGL-Trainer Becker schätzt, die Aktionen an: „Er gehört zu den besten Spielmachern der Liga. Er hat das Spiel einfach verstanden.“ Weil das so ist, hoffen die Opladener erst recht auf den Einsatz ihres angeschlagenen Regisseurs (Knöchel). „Er wird auf die Zähne beißen“, sagt Voigt. Nicht zur Verfügung stehen im Rückraum Birger Dittmer und Felix Barwitzki (Bänderrisse).

Im Blickpunkt: Auf Langenfelds Torhüter Jascha Schmidt dürfte viel Arbeit zukommen, denn Opladen bringt den stärksten Angriff der Liga mit. (Foto: Burkhard Kasan)

Die Frage nach der Rolle des Favoriten stellt sich irgendwie nicht, weil in diesem Derby vermutlich andere Mechanismen greifen. Beide Trainer haben ohnehin viel Respekt vor dem jeweiligen Kontrahenten. „Langenfeld ist sicher eine der Mannschaften, die oben hingehören“, findet Fabrice Voigt. Markus Becker gibt das Kompliment zurück: „An einem Sahnetag können wir Opladen vielleicht ein bisschen ärgern.“ In umfangreichem Video-Studium will er sein Team zusätzlich auf die Stärken der Gäste hinweisen, die ebenfalls das höchste mögliche Tempo bevorzugen. Bisheriges Manko der Hausherren: Die Auftritte waren nicht konstant genug und es gab immer wieder Phasen, in denen die personell umgebauten Langenfelder vom Kurs abkamen. Das ist einer der Gründe dafür, dass sie mit 5:7 Punkten aus den ersten sechs Spielen auf Rang zehn noch in der unteren Tabellenhälfte angesiedelt sind.

Insgesamt sieht Becker die SGL nach dem Abstieg aus der 3. Liga aber auf dem richtigen Weg und perfekte Voraussetzungen für einen tollen Handball-Abend: „Das ist ein richtiges Derby und auch für mich ein Prestigeduell. Von meiner Mannschaft erwarte ich Kampf und Leidenschaft.“ Abgesprochen hat er das mit dem Kollegen Voigt nicht – doch diese Einschätzung könnte ebenso gut vom Opladener Coach stammen. Am Samstagabend gegen 19.30 Uhr werden beide etwas genauer wissen, wessen Trend (weiter) in die richtige Richtung geht und wer die gefühlte Nummer eins in der Gegend ist. Der TuS 82 bleibt auf jeden Fall Tabellenführer, weil er auf den Zweiten TV Korschenbroich drei Punkte Vorsprung hat.

Der TVK (9:3) hat sich selbst die Aufgabe gestellt, durch einen Sieg über den Letzten HSG Siebengebirge oben dranzubleiben und seine Rolle als Verfolger Nummer eins zu festigen. Beim Überraschungsdritten  TV Rheinbach und beim Vierten TuSEM Essen II (beide 7:5) beginnt derzeit im Grunde bereits das sehr breite Mittelfeld, das bis zum HC Weiden (5:7) auf dem elften Rang reicht. Nicht uninteressant: Aufsteiger Weiden, zuletzt klarer 21:26-Verlierer im Derby gegen BTB Aachen,  erwartet den auf den vorletzten Rang abgerutschten Vorjahresmeister MTV Rheinwacht Dinslaken. Die Rheinbacher werden ihren derzeitigen Leistungsstand beim früheren Titelfavoriten SG Ratingen testen, der bisher eine absolut enttäuschende Saison zeigt. In vielen Begegnungen geht es demnach bereits um eine Menge – am meisten aber im Derby zwischen der SGL und dem TuS 82. Am Samstag ist die KAG-Halle in der Regionalliga das Zentrum der Handball-Welt.