Regionalliga Nordrhein
Fabian Gorris: Der Professor, der Dinslakens Fäden zieht
Der Spielmacher fühlt sich sehr wohl beim MTV Rheinwacht. Sein Traum: Einmal Barack Obama treffen.

Klarer Blick: Bei Fabian Gorris laufen ziemlich alle Fäden im Dinslakener Spiel zusammen. (Foto: Thomas Ellmann)

Im Sport ein Feingeist, im Alltag ein ruhiger Typ, der gerne unter Freunden ist – und wohl der einzige Mensch, der sich freut, wenn sein Lieblingsverein verliert. Fabian Gorris, seit zwei Jahren die Schaltzentrale des MTV Rheinwacht Dinslaken, hat mit seinen Teamkollegen in den beiden vergangenen Spielzeiten absolute Extreme erlebt: 2019 sicherte sich der MTV als Regionalliga-Aufsteiger den Titel vor der schon damals hochkarätig besetzten SG Ratingen. Anschließend verpasste er aber in der Quali den Sprung in die 3. Liga und es folgte der freie Fall ans Tabellenende der Regionalliga. Heute lässt sich nur mutmaßen, ob sich die Dinslakener in der später abgebrochenen Serie 2019/2020 ohne Absteiger noch hätten retten können. Sicher ist allerdings, dass die Horrorsaison nicht ohne Folgen blieb.

Ein Punkt: Nach vier erfolgreichen Jahren hat Trainer Harald Jakobs sein Amt abgegeben. Der Ex-Coach erinnert sich aber gerne an seinen Regisseur Fabian Gorris, der schon in Jugendzeiten ein Wunschspieler war. „Er ist ein Spitzen-Angriffsspieler. In unseren Konzeptionen hat er immer neue Lösungen gefunden, die auch seine Mitspieler manchmal überrascht haben“, sagt Jakobs, „vor allem die Kreisläufer werden ihn sehr vermissen.“ Die Wertschätzung beruht offensichtlich auf Gegenseitigkeit, denn Gorris gibt die Komplimente zurück: „In Harald Jakobs verliert der Verein leider eine Vaterfigur. Aber er hat den Weg für einen neuen Impuls nach einem Seuchenjahr freigemacht.“ Jakobs-Nachfolger ist Boris Lietz (zuletzt Birkesdorfer TV), der für Gorris zum Verein passt: „Er ist ein engagierter Typ, der in unserem Konzept viel bewegen kann – speziell im Tempospiel.“ Die nächste Saison kann also kommen.

Sprechstunde: Manchmal überließ Ex-Trainer Harald Jakobs (links) die Ansprache an die Mannschaft durchaus seinem Spielmacher Fabian Gorris (Mitte/Nummer 6), der ebenfalls immer was zu sagen hat. (Foto: Thomas Ellmann)

Auch Gorris (30) wird dann alles dafür geben, dass Dinslaken nicht wieder in den Abstiegskampf gerät. Dieser Verein ist für ihn schließlich etwas Besonders: „Man hat hier sportlich viel erreicht und trotzdem steht der Kommerz nicht im Vordergrund. Dinslaken ist einfach eine große Familie, die für das Hobby Handball viel bietet.“ Doch selbst in dieser Umgebung sei nicht alles perfekt. „Unsere Anwurfzeit ist ja sehr bekannt – und nicht immer meine liebste Zeit“, gibt Gorris zu. Trotzdem zieht es immer wieder viele Fans am Sonntagmorgen um 11.15 Uhr in die Douvermannhalle – worin Gorris einen weiteren Beleg für das „kollegiale Umfeld im Verein“ sieht. Auf seine Teamkollegen ist zudem immer Verlass. So konnte Gorris, der mit Problemen an der Achillessehne zu kämpfen hat, quasi jeden von Mitspielern getragenen Schuh ausprobieren, um das auf ihn passende Modell zu finden.

Außerhalb der Douvermannhalle ist Gorris Lehrer für Deutsch und Sport, was ihm den Spitznamen „Professor“ eingebracht hat. Und wäre es damals nicht so oft in die Halle gegangen, würde man Fabian Gorris heute wohl im Fußballtor finden. „Er ist ein guter Techniker mit dem Ball am Fuß“, bestätigt Harald Jakobs, der sich davon in etlichen Trainingseinheiten ein Bild machen konnte. Bis zur B-Jugend verband Gorris seine größten sportlichen Leidenschaften, ehe er sich komplett für den Handball entschied. Aus dieser Zeit stammen seine größten Idole: Daniel Stephan, der Welthandballer von 1998, Mark Dragunski, Ikone beim Bundesliga-Aufsteiger TuSEM Essen, und Giovane Élber, einstiger Star des FC Bayern München.

Gorris freut sich besonders über die Essener Rückkehr in die HBL – und sonst über jede Bayern-Niederlage. Wie das denn? „Ich bin Anhänger der spannenden Fußball-Bundesliga, doch die Bayern machen mir da in den letzten Jahren immer einen Strich durch die Rechnung“, erklärt Gorris. Neben Handball und Fußball stehen Tennis und Beachvolleyball beim Sportlehrer Gorris hoch im Kurs. An handballfreien Wochenenden verbringt er viel Zeit mit seiner Freundin und der Familie, außerdem mag er Treffen mit Freunden zum gemütlichen Beisammensein. Alleine spannt Fabian Gorris gerne mal bei einem Waldspaziergang oder an der Playstation aus. Dort setzt er allerdings gegen den Trend auf „Pro Evolution Scoccer“ und nicht auf die FIFA-Ableger. Würde er mal einen Promi treffen dürfen, fiele seine Wahl auf einen Plausch mit Barack Obama. Diese Wahl passt wohl zum „Professor“, den Jakobs immer wieder als „intelligenten und ruhigen Spieler und Menschen“ beschreibt. Das ist Fabian Gorris: Der stille Dirigent des MTV Rheinwacht Dinslaken.