Regionalliga Nordrhein
HC Gelpe/Strombach: Ein Aufsteiger, der anpackt
Die Mannschaft von Trainer Michiel Lochtenbergh ist heiß auf die nächste Saison und oberstes Ziel zunächst "nur" der rechtzeitige Klassenerhalt.

Hier ist die Faust: Trainer Michiel Lochtenbergh (vorne) und der HC Gelpe/Strombach haben einen klaren Plan – für die nächste Saison und für die Jahre danach. (Foto: Thomas Schmidt)

Sie sind definitiv gekommen, um zu bleiben. Von Stillstand halten sie nicht so richtig viel beim HC Gelpe/Strombach. Das hat ganz viel mit zwei Dingen zu tun. Erstens: Obergelpe und Niedergelpe, die zusammen Gelpe bilden, sind Ortsteile von Gummersbach. Strombach ist ein Ortsteil von Gummersbach – klassisches Handball-Land mit dem Traditionsklub VfL direkt vor der Haustüre. Zweitens: Für den HC, den Zusammenschluss aus TV Strombach und TuS Gelpetal, arbeitet Michiel Lochtenbergh. Der ehemalige Nationalspieler der Niederlande und einstige Profi mit Bundesliga-Erfahrung ist ein echter Antreiber. Als Trainer kann er aus reichhaltiger Erfahrung aus einer erfolgreichen Spieler-Karriere schöpfen und in seiner Parallel-Tätigkeit als Sportlicher Leiter des gesamten Vereins viele Dinge mit anregen. Jammern über schwierige Lagen oder unerwartete Wendungen gehören dabei nicht zu seinem Gedankengut – wie jetzt bei der am Dienstagabend verkündeten Entscheidung des Verbandes, den Start in die neue Saison von Ende August in die September-Mitte zu verschieben. Noch wenige Stunden vorher war er davon ausgegangen, dass es wie geplant losgeht: „Wir haben dafür gestimmt und die Mannschaft kann starten.“ Keine zwölf Stunden darauf hatte sich die Lage verändert – und der HC verzichtete darauf, sich besonders lange mit der Kehrtwende aufzuhalten: „Jetzt haben wir immerhin zehn Tage vor der Saison eine Aussage. Es hätten ja auch nur drei sein können.Wir haben unseren Plan umgestellt und machen das Beste draus. Wir machen uns bereit.“

Bereit für was, bereit für welches Ziel? Die Antwort darauf muss mit einem Blick zurück in die vergangene Saison beginnen, als die HC-Verantwortlichen eine nicht ungeschickte Taktik wählten und sich stets bemühten, wenigstens teilweise unter dem Radar zu segeln. Beliebte Aussagen: Wir müssen nicht aufstiegen, der Favorit sind andere. Das nahm ihnen zwar von Beginn an niemand richtig ab, doch die Mannschaft machte das Versteckspiel am Anfang tatsächlich ein bisschen mit. Nach 8:2 Punkten aus fünf Spielen ohne Niederlage folgte im prestigeträchtigen Derby gegen den TuS Derschlag mit dem 29:33 ein herber Rückschlag – der besonders schmerzhaft war, weil Derschlag (was sonst?) ebenfalls ein Ortsteil der Handball-Metropole Gummersbach ist. Was damals so keiner ahnen konnte: Ausgerechnet jene Pleite legte die Basis für eine Serie von 13 Auftritten in Folge ohne einen einzigen weiteren Punktverlust. Dabei rief Gelpe/Strombach immer wieder höchste Qualität ab und das 31:19 im Spitzenspiel beim bis dahin gleichauf liegenden Pulheimer SC machte endgültig klar, dass im Kampf um die Meisterschaft kein Weg an Lochtenberghs Kader vorbeiführt. Wenig später gelang mit einem 34:22 in Derschlag auch noch eindrucksvoll die Revanche für die Derby-Schmach ein paar Monate zuvor.

Der mit den meisten Toren: Julian Mayer (rechts/hier angegriffen vom Pulheimer Bastian Jacoby) erzielte in der vergangenen Saison in nur 19 Spielen genau 175 Treffer für Gelpe/Strombach. (Foto: Thomas Schmidt).

Das war am 8. März und wenig später wurde die Saison 2019/2020 coronabedingt vorzeitig beendet – mit dem HC Gelpe/Strombach als fast logischem Meister. Weil der damalige Tabellenführer die meisten der ganz schwierigen Aufgaben bereits gelöst hatte, wäre er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch nicht mehr einzuholen gewesen. Dass ihnen Corona das Erlebnis genommen hat, den Erfolg auf dem Feld und anschließend mit den Fans auszukosten, haben sie im Oberbergischen schnell verarbeitet – und den Blick lieber relativ bald nach vorne gerichtet, um den Sprung in die Regionalliga mit ihren höheren Anforderungen vernünftig zu bewältigen. Den Königstransfer hatten sie zu diesem Zeit längst in der Tasche – weil er noch vor Weihnachten 2019 unter Dach und Fach war: Alexandre Brüning (26), zuletzt Kapitän des Drittligisten SG Schalksmühle-Dragons und dort als Spielmacher sehr geschätzt, kehrte in seine Gummersbacher Heimat zurück. Kein Zweifel: Brüning bereichert den HC-Kader, der ohnehin nicht ganz schlecht besetzt ist.

Eine Art „Alterspräsident“ ist Tim Hilger (36), der aufgrund seiner enormen Erfahrung ein Leitwolf fürs ganze Team und vor allem für die jungen Leute im Kader sein soll. „Die Hälfte unserer Kaders ist unter 21“, sagt Lochtenbergh. Zu den Talenten mit viel Perspektive gehört unter anderem Rückraumspieler Yannic Wollenberg aus der Jugend des Nachbarn CVJM Oberwiehl. Auch Rechtsaußen Johannes Urbach, der vom SSV Nümbrecht kommt, gehört mit 23 zu den Kräften mit viel Entwicklungs-Potenzial.

Irgendwie genau in der Mitte der Alterspyramide halten sich Julian Mayer (28) und Lukas Bader (25) auf – zwei Linkshänder, um die nicht nur sämtliche Regionalligisten den HC beneiden dürften. Mayers Pech: Ihn legt zurzeit eine Schambein-Entzündung auf Eis. Dass neben ihm ein „Ersatz“ der Kategorie Bader zur Verfügung steht, verdeutlicht noch einmal, wie gut der Klassen-Neuling personell aufgestellt ist. Ganz nebenbei hält Lochtenbergh viel von dem, was im neueren Deutsch gerne mit „Nachhaltigkeit“ umschrieben wird: Er sieht bereits die Nachfolger der „Alten“ in seinem Kader: „In ein paar Jahren können wir sie ersetzen.“ Das meint er so natürlich nicht wörtlich, weil er die Herren Hilger, Mayer und Bader sowohl sportlich als auch menschlich sehr zu schätzen weiß. Es geht ihm darum, die Nachfolger am besten in den eigenen Reihen auszubilden.

Die Mannschaft hat sich in den vergangenen Wochen intensiv vorbereitet – zunächst eher im Bereich Athletik und noch nicht in der Halle, obwohl das bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt möglich gewesen wäre. Luft nach oben gibt es in spielerischer Hinsicht, zumal ein geregeltes Training in der  Eugen-Haas-Halle zuletzt wegen aufwändiger Modernisierungsarbeiten stark eingeschränkt war. „Das ist weit weg von optimal“, findet Lochtenbergh. Auch hier machte der Verein das Beste aus der Situation, indem am vergangenen Wochenende rund 80 Spieler aus allen Mannschaften des HC an einer besonderen Maßnahme des Teambuildings teilnahmen und etwa selbst zu Anstreichern wurden.

Den richtigen Anstrich hat die kommende Saison für Gelpe/Strombach dann, wenn so früh wie möglich der Klassenerhalt in der Regionalliga gelingt. „Falls wir im Februar oder März des nächsten Jahres noch mitten im Abstiegskampf stecken, wären wir schon enttäuscht“, meint Lochtenbergh, „dann hätten wir etwas falsch gemacht. Für das, was wir machen wollen, sind wir gut aufgestellt. Ich bin gespannt auf die Saison.“ So vermessen, Ansprüche für einen Platz ganz oben anzumelden, ist er allerdings nicht. Das heben sie sich beim HC Gelpe/Strombach (noch) für etwas später auf: „In drei bis fünf Jahren wollen wir den nächsten Schritt tun.“ Daraus folgt: Der HC ist gekommen, um zu bleiben. Vorläufig.