Regionalliga Nordrhein
Warum Lochtenbergh und Lietz in einem Boot sitzen
Der HC Gelpe/Strombach steht bei 0:8 Punkten, Dinslaken bei 0:6. Beide Trainer und beide Mannschaften hatten sich mehr ausgerechnet.

Suchender: Dinslakens Regisseur Fabian Gorris (mit Ball) würde gerne häufiger eine Lücke oder den Weg zum Pass auf Dennis Backhaus finden (Nummer 4). Beim Saisonstart gegen Rheinhausen (25:31) standen ihm aber Alex Grefer und Moritz Krumschmidt (von links) im Weg. Und Julian Kamp (ganz rechts) passte auf Kreisläufer Backhaus auf. (Foto: Herbert Mölleken)

Herausfordernd ist die Saison für alle. Weil viele Dinge im Moment nicht so selbstverständlich sind wie früher und anderes viel mehr Aufwand erfordert, um Meisterschafts-Partien durchführen zu können. Ein Beispiel dafür liefert der Regionalliga-Aufsteiger HC Gelpe/Strombach, der in der wirklich altehrwürdigen Eugen-Haas-Sporthalle zu Hause ist – in der früher der längst in die Schwalbe-Arena umgezogene VfL Gummersbach seine Heimat hatte. „Wir haben bei jedem Heimspiel zwölf Ordnungskräfte, die an sechs Stellen auf die Einhaltung der Regeln achten“, erklärt Michiel Lochtenberg, der bei den Oberbergischen als Sportlicher Leiter und Trainer Verantwortung trägt. Seine feste Überzeugung zusammengefasst: „Ja, es ist viel Arbeit und mit einer riesigen Organisation verbunden, aber es läuft.“ Der 39 Jahre alte Niederländer sieht die Bemühungen des Vereins zur Umsetzung der Corona-Maßnahmen insgesamt auf einem sehr hohen Niveau – was er zum eigenen Bedauern von der bisherigen Bilanz im Bereich Sport nicht behaupten kann. Vier Niederlagen, 0:8 Punkte und der letzte Platz sind für alle im Verein eine ernüchternde Bilanz – erst recht nach der überragenden Saison 2019/2020 und mit dem Blick auf den ganz guten besetzten Kader. Einer der Gründe für den misslungenen Start: Personell klaffen Theorie und Praxis momentan weit auseinander.

Ein Rückraum etwa mit den beiden Linkshändern Julian Mayer und Lukas Bader in Kombination mit dem vom Drittligisten SG Schalksmühle-Halver Dragons nach Gummersbach zurückgekehrten Alexandre Brüning? Ein Traum für jeden Trainer. Doch es ging schon „gut“ los, als Gelpe beim Saisonstart gegen die HSG Siebengebirge trotz der sechs Brüning-Tore mit 25:28 verlor. Der Haken: Mayer (Schambein-Entzündung) und Lukas Bader (krank) waren schon nicht an Bord. Lochtenbergh: „Von unseren besten zehn Spielern fehlen vier. Wir haben in der Breite nicht diese Qualität.“ Wenigstens Bader kämpft sich gerade Stück für Stück zurück, doch seine Kraft reichte zuletzt noch nicht annähernd für eine komplette Partie. „Insgesamt kommt uns die Pause jetzt ganz recht“, findet Lochtenberg.

Darin bietet sich wohl auch die Gelegenheit, das bisher Erlebte und in erster Linie die jüngste 23:32-Pleite gegen den TV Aldekerk aufzuarbeiten. Da sah der Coach nämlich, wie sein Team nach einer 13:10-Führung aus der ersten Halbzeit vom Kurs abkam und sich später nach dem 19:20 (44.) in der letzten Viertelstunde fast ohne jede Gegenwehr geschlagen gab. „Das geht gar nicht“, betont Lochtenbergh, der seine deutlichen Worte im Anschluss an die Partie als Weckruf verstanden wissen will – zumal er gerade jetzt immer wieder an seine Aussage aus der Saison-Vorbereitung erinnert wird: „Wenn wir im Februar oder März immer noch im Abstiegskampf stecken, haben wir etwas falsch gemacht.“ Eine Entschuldigung für den damaligen Optimismus: Seinerzeit war er davon ausgegangen, dass ihm das Personal weitgehend komplett zur Verfügung steht. Heute hört sich die Neu-Bewertung so an: „Entscheidend ist, dass wir am Ende über dem Strich stehen.“ 

Fehlt noch: Rückkehrer Alexandre Brüning (mit Ball) konnte für den HC Gelpe/Strombach bisher nur im Auftaktspiel beim 25:28 gegen die HSG Siebengebirge (links Bastian Willcke, rechts Oliver Dziendziol) seine Qualitäten zeigen. (Foto: Thomas Wirczikowski)

Der Trainer Lochtenbergh aus dem Oberbergischen bildet aktuell mit dem Trainer Boris Lietz vom Niederrhein eine Art Leidensgemeinschaft, denn dessen MTV Rheinwacht Dinslaken geht es nach einem ebenfalls missratenen Start ähnlich schlecht. Nach der schwierigen Saison 2019/2020, in der vermutlich nur der Abbruch den Abstieg der Dinslakener in die Oberliga verhinderte, wollte Lietz als Nachfolger von Harald Jakobs in erster Linie zusammen mit seiner Mannschaft den Knopf für den Neustart drücken, die Rettung als Chance sehen und sportlich eine ruhigere Zeit erleben. Die bisherigen Ergebnisse zeigen allerdings wieder in eine andere Richtung – 25:31 gegen den OSC Rheinhausen, 20:31 gegen den TV Korschenbroich, 29:34 beim TV Aldekerk. Über gute Ansätze ist der MTV noch nicht hinausgekommen und er verteilt seine ordentlichen Phasen erstaunlich breit: Mal stehen sie am Anfang, mal beginnen sie in der Mitte und dann wieder deutlich zu spät. „Uns fehlt die Konstanz“, meint Lietz, „das hat auch damit zu tun, dass wir im Moment die alten Muster im Spiel noch nicht ganz rauskriegen. Das ist aber notwendig.“ Außerdem weist er darauf hin, dass die drei Auftakt-Kontrahenten zur oberen Hälfte gehören (Dritter, Sechster, Vierter).  

Am Feinschliff würden sie in Dinslaken jetzt in der planmäßigen Pause (Herbst-Schulferien) gerne intensiv (weiter-) arbeiten, doch Team und Trainer müssen sich gedulden. Da es bei einem Spieler einen positiven Corona-Test gab, befinden sich momentan alle in Quarantäne – die erst in der kommenden Woche abläuft. Die für den vergangenen Sonntag vorgesehene Aufgabe gegen die HG Remscheid wurde deshalb abgesetzt, ehe Lietz‘ Mannschaft in den Meisterschafts-Betrieb zurückkehren kann – spätestens gegen die TSV Bonn rrh. am 8. November. Am 31. Oktober/1. November (Allerheiligen) wären die Dinslakener (mittlerweile um den erfahrenen Rechtsaußen Hannes Hombrink verstärkt) normalerweise spielfrei, doch jenes Wochenende kommt inzwischen als Nachholtermin für die Aufgabe gegen Remscheid in Frage. Für Boris Lietz selbst kommt insgesamt trotz des schwierigen Starts nur der Klassenerhalt in Frage. Was ihn besonders hoffen lässt:  „Ich habe noch nie erlebt, dass eine Truppe so zusammenhält.“ Dass Ausdauer hinzukommen muss, dürfte Michiel Lochtenbergh im Oberbergischen bestätigen. Was die Herren eint: Die Saison wird herausfordernd – eigentlich für alle und erst recht für jene, die auf ein leeres Konto schauen müssen.