Oberliga Niederrhein
Florian „Colt“ Lindenau: Je älter, desto besser
Der Torhüter der Adler Königshof denkt mit 40 noch lange nicht ans Aufhören: "Erst, wenn die Zeit reif ist."

Endstation: Florian Lindenau ist ein Meisters seines Fachs. Im Spitzenspiel gegen Mönchengladbach (Dennis Aust beim Siebenmeter) war der Torhüter zuletzt durch viele Glanzparaden daran beteiligt, dass Königshof lange für einen Sieg in Frage kam. (Foto: Herbert Mölleken)

Handball ist ein einfaches Spiel: Wer am Ende mehr Tore geworfen hat, der gewinnt. Ein Gedanke in die andere Richtung: Wer weniger Treffer kassiert, der gewinnt das Spiel auch – weil er Tore verhindert. Hinter einer guten Deckung sorgen Torhüter oft für Spektakel bis ins hohe Sportleralter. Ein Paradebeispiel dafür ist Florian Lindenau, der Keeper des Oberligisten DJK Adler Königshof: Mit 40 Jahren bringt er seine Gegner noch immer zum Verzweifeln. Angefangen hat Lindenau damit im Alter von knapp acht Jahren bei der Turnerschaft St. Tönis, im Seniorenbereich ging es nach einigen Saisons zu Borussia Mönchengladbach in die Regionalliga – die damals die 3. Liga in Deutschland war. Die starke Konkurrenz zwang Lindenau jedoch zum nächsten Wechsel und der TV Aldekerk (zurzeit Regionalliga) hatte Glück. Lindenau blieb hier neun Jahre und feierte in diesem Zeitraum mit der Mannschaft die eine oder andere Niederrheinmeisterschaft. Ganz nebenbei, aber nicht ganz unwichtig: Florian Lindenau hat jede Menge Sympathiepunkte gesammelt.

„Florian ist ein ganz feiner Kerl – da wird niemand etwas drüber kommen lassen“, sagt Christoph Kleinelützum, der selbst 18 Jahre beim ATV verbrachte und neun Jahre mit „Colt“ gemeinsam unterwegs war. Der Spitzname hat im Übrigen nichts mit einer Vorliebe für Schusswaffen zu tun: Lindenau wurde wegen seines Autos aus der Produktpalette eines japanischen Herstellers so genannt. Mit dem Mythos des etwas bewegungsfaulen Torhüters räumt Kleinelützum schnell auf: „Er ist unfassbar fit, wir hatten beim Cooper-Test keine Chance gegen ihn. Und hätte er nicht den einen oder anderen Wurf bei uns im Training fangen wollen, hätte er wohl noch mehr Bälle gehalten.“ Dass er bis heute in Königshof unverändert zu Höchstform aufläuft, wundert Kleinelützum nicht im Geringsten: „Es ist seine Heimat und er hat seine Jungs um sich, dazu in Marius Timofte einen Top-Trainer.“

Tatsächlich trennen Lindenau ganze drei Minuten von „seiner“ Halle. Er kannte viele Leute schon, bevor er zu den Adlern kam – auch aus vielen dritten Halbzeiten“, berichtet Kleinelützum. Wie wichtig dem Torhüter das Zwischenmenschliche ist, zeigt wohl der Beruf: Florian Lindenau entschied sich für einen Zivildienst mit anschließender Ausbildung zum Heilerziehungs-Pfleger. Er betreut verhaltensauffällige und autistische Kinder – was für seinen Aldekerker Freund „Lütze“ bezeichnend ist: „Florian ist einfach ein netter Mensch. Durch seine zwei Meter Körpergröße und die Tattoos könnte man in glatt in eine Schublade stecken. Aber da gehört er absolut nicht hin.“ Neben der Arbeit füllen Lindenaus Leben drei Dinge aus: Natürlich seine beste Freundin, der Sport – aktuell mit vielen Trainingseinheiten daheim – und der Kaffee. Da können es am Morgen durchaus mal sechs Tassen werden. Die Frau fürs Leben hat „Colt“ allerdings bislang nicht gefunden.

Prima Klima: Adler-Trainer Marius Timofte weiß genau, was er an seinem erfahrenen Torhüter Florian Lindenau hat. Umgekehrt ist das genauso. (Foto: Michaela Kuhlen)

Dafür gilt seine Leidenschaft mit 40 noch immer dem Handball. „Ich denke von Saison zu Saison. Solange ich fit und verletzungsfrei bin, wird es weitergehen“, schätzt Lindenau – wohl zum Leidwesen seiner Gegner. Zu einem klassischen Spieltag gehört für ihn als kleines Ritual ein Essen in der Markthalle mit Teamkollegen und Linksaußen Arne Thelen. Der Blick auf die Tabelle zeigt, dass dieses Ritual kein Unglück bringt: Aktuell belegen die Adler in der unterbrochenen Saison mit 6:4 Punkten den vierten Platz. Die beiden Niederlagen gab es in knappen Duellen mit dem Spitzenreiter Borussia Mönchengladbach (22:23) und dem Tabellenzweiten Bergischer HC II (30:32). „Da steht eine hungrige und motivierte Truppe. In den nächsten Jahren sollten wir uns oben festsetzen“, findet Lindenau. Höhere Ziele? Kann sein: „Die Zeit muss reif sein.“ Wie viel Anteil er dann daran haben wird, will „Colt“ selbst entscheiden. Es gibt allerdings schlechtere Ideen, als mit einer Meisterschaft abzutreten – wenn die Zeit reif ist.