Oberliga Mittelrhein
Gerettet: Aber Aachen traut dem Braten nicht
Schwarz-Rot hat nach 29:24 gegen den HC Weiden II mindestens Platz vier in der Abstiegsrunde sicher - der nach den Durchführungsbestimmungen auch reicht.

Wer weiß was? Die Trainer Cornelius Hesse (Mitte) und Lukas Winter (links daneben/verdeckt) spielen mit ihren Aachenern leidenschaftlich gerne Handball – und zwar in der Oberliga. (Foto: Thomas Schmidt)

Gut ist das nicht. Aber es soll ja vorkommen, dass ein Verein seinem Verband und dessen nachlesbaren Durchführungs-Bestimmungen nicht richtig über den Weg traut. Oder trauen kann? In diesem Fall geht es um den ASV SR Aachen, der jetzt in der Abstiegsrunde der Oberliga Mittelrhein nach dem 29:24 im Nachholspiel gegen den HC Weiden II aller Voraussicht nach mit bisher 16:10 Zählern als Vierter hinter der Fortuna aus Köln (19:9), den Weidenern (18:8) und dem TuS Derschlag (18:10) durchs Ziel gehen wird. Das reicht dann nach dem vor der Saison veröffentlichten Regelwerk auf jeden Fall zum Klassenerhalt, weil die Zahl der Absteiger vier nicht übersteigen darf. Damit es überhaupt vier werden, sind zwei Voraussetzungen zu erfüllen: Aus der 3. Liga muss TuSEM Essen II in die Regionalliga absteigen – was gut möglich bis ziemlich wahrscheinlich ist. Dann und genau dann steigen aus der Regionalliga zwei Teams ab. Und nach dem Jetzt-Stand könnte es tatsächlich den TV Rheinbach und die HSG Siebengebirge erwischen, die jeweils der Oberliga Mittelrhein zugeschlagen würden, die für diese Variante ihrerseits vier Absteiger zu verkraften hätte.

In Abschnitt 3.5 der Durchführungs-Bestimmungen wird ganz weit hinten von einem fünften Absteiger „geredet“ – was von drei Absteigern aus der Regionalliga Nordrhein an den Mittelrhein ausgeht. Wer aber sollte denn dieser dritte sein? Schlusslicht Siebengebirge kann höchstens die Rheinbacher noch einholen und der TV wiederum allenfalls die vor ihm stehenden OSC Rheinhausen und SG Langenfeld – die beide dem Niederrhein „gehören“. Die nächsten Mittelrhein-Vertreter sind auf den Rängen neun und zehn der HC Weiden (19:23) und der BTB Aachen (19:29), die jedenfalls nicht mehr Letzter oder Vorletzter werden können. In der sehr, sehr grauen Theorie wäre es zwar rechnerisch möglich, dass einer von beiden auf den drittletzten Platz abrutscht – was allerdings keinen Schaden in Sachen Abstieg anrichtet. Dann kursiert zu „guter“ Letzt noch die fiktive Idee, dass der einstige Drittligist Leichlinger TV nach seinem Rückzug um die Jahreswende in der Regionalliga weitermacht und für die vierthöchste Klasse meldet. Das ist erstens eine völlig wirklichkeitsfremde Idee, weil es den LTV-Handball zuletzt nur auf unterer Hobby-Ebene in der Kreisklasse 1 gab, wo die Mannschaft die Abstiegsrunde mit 11:17 Zählern auf dem fünften Platz abschloss. Glaubt irgendjemand, dass die Leichlinger ihre Zweite zur Regionalliga-Mannschaft machen oder auf andere Art wie aus dem Nichts ein Regionalliga-Aufgebot auf die Platte stellen? Ohne Halle? Ohne richtiges Training? Ernsthaft? Diese Spekulation ist abwegiger Blödsinn.

Was könnte sonst einen fünften Absteiger herbeiführen? Offen ist bisher immerhin, wie der Verband Mittelrhein mit den Aufsteigern aus der Verbandsliga umgehen will. Sportlich haben sich in der Aufstiegsrunde der Stolberger SV und der TV Palmersheim durchgesetzt. Aus dem Rennen sind dahinter der Dritte TuS Königsdorf und der TV Jahn Köln-Wahn II, die noch ein Nachholspiel gegeneinander zu bestreiten haben – was eher keinen ohnehin belanglosen Platztausch mehr nach sich ziehen wird. Spannend ist eher, dass die Kölner, die sich 2020 freiwillig aus der Regionalliga zurückzogen, aufgrund einer besonderen Vereinbarung mit dem Verband zur Saison 2022/2023 auf jeden Fall in die Oberliga zurückkehren dürfen – was sie auch unbedingt wollen. Dieser Fall ist allerdings in den Durchführungs-Bestimmungen überhaupt nicht erwähnt.

Die Aachener haben sich erst einmal dazu entschlossen, die eigenen Aufgaben so gut wie möglich zu erledigen – was mit dem Sieg über die Weidener im Nachholspiel sehr ordentlich gelang. Der Abend bot bis in die zweite Halbzeit hinein ein ausgeglichenes Duell, in dem sich zuerst keiner entscheidend absetzen konnte – und bis zum 18:18 (38.) war jeder Sieger möglich. Mit dem 23:18 (43.) nach fünf Treffern in Folge lag Schwarz-Rot erstmals klar vorne, doch Weiden verkürzte auf 22:23 (47.) und 24:26 (54.). Das 27:24 (54.) und 28:24 (56.) machten allerdings den Weg endgültig frei für die Hausherren. „Das war reinrassiger Abstiegskampf mit viel Leidenschaft. Man hat unseren Jungs angemerkt, dass sie im Derby unbedingt Revanche nehmen wollten für die Niederlage in der Hinrunde. Wir haben gezeigt, dass wir diese Liga unbedingt halten wollen. Und wir haben jetzt alles getan, was wir tun konnten, um Platz vier zu erreichen“, sagt Trainer Cornelius Hesse. Über das Folgende muss er fast selber lachen: „Jetzt müssen wir nur noch mit 27 Toren gegen Oberwiehl gewinnen, um Platz drei zu erreichen.“ Im Ernst geht er natürlich davon aus, dass Aachen am Samstag beim nicht mehr zu rettenden Letzten CVJM Oberwiehl wohl gewinnt – aber in einem normalen Rahmen. Damit bliebe bei Punktgleichheit über das bessere Torverhältnis der dritte Rang bei Derschlag und der vierte bei den Aachenern. Wie sehr sie bei Schwarz-Rot den Handball-Funktionären misstrauen, belegt im Übrigen am Ende diese Aussage: „Wer weiß, was sich der HVM wieder ausdenkt für die Abstiegsregel.“

 

ASV SR Aachen – HC Weiden II 29:24 (14:12). 

ASV SR Aachen: Bockwinkel, Vitz – M. Monteiro Pai (2), Korsten (7), Schartmann (2/2), Schumacher, Kuchenbäcker (3), Kurscheid (3), Fiedler (7/1), Bockwinkel, Rietz (1), Huckemann (3), Bauer, May, Bösel (1).

HC Weiden II: Kaever, Gawlas – Schröder, Kemper, Moll (3), Habisch, Lütz (2), Xhonneux (6), Kraus (1), Akintunde, Havers (5),  Meurer (3/2), Signon, Zaube (4).