Abstiegsregelung Regionalliga/Oberliga
Viele Fragezeichen: Wer bleibt, wer muss runter?
In der Regionalliga Nordrhein sorgen unklare Durchführungsbestimmungen für Verwirrung, in der Oberliga Mittelrhein weckt die Rolle des Leichlinger TV böse Erinnerungen an den Mai 2022.

Echt jetzt? Meint ihr das ernst? Obwohl Frank Berblinger auch als Trainer schon länger im Geschäft ist, scheint er kaum zu begreifen, warum der Verband einfach keine klar verständliche und für alle nachvollziehbare Abstiegsregelung hinbekommt. Das Rezept für seine Bonner, die derzeit als Zehnter auf jeden Fall am rettenden Ufer liegen: Punkte, Punkte, Punkte – um sich aus allem rauszuhalten. (Foto: Thomas Schmidt)

Normalerweise hätten am Freitagabend in der Bielerthalle bei der Drittliga-Partie zwischen dem TuS 82 Opladen und dem Longericher SC wohl einige Mannschaften vom Nieder- und Mittelrhein den Gastgebern die Daumen gedrückt. Nicht unbedingt, weil sie plötzlich Fans des Teams von Trainer Fabrice Voigt geworden wären – sondern eher aus Eigeninteresse. Die Abstiegsregelungen in den Amateurklassen der Region hängt nämlich auch davon ab, wie viele Mannschaften aus der 3. Liga in die Regionalliga Nordrhein absteigen. Derzeit sieht es tatsächlich so aus, als würde keine einzige Mannschaft aus dem Einzugsgebiet in die vierthöchste Klasse runterkommen, was natürlich den Optimalfall darstellen würde. Die Opladener sind aus der Gruppe West als Achter bei 19:25 Punkten als einziger Vertreter noch halbwegs ernsthaft gefährdet, hätten aber mit einem Sieg im Derby gegen den LSC schon fast alle Sorgen um den Klassenerhalt beseitigen können. Pech für alle Beteiligten: Am frühen Donnerstag fiel die Entscheidung, dass die Partie wegen zu vieler Krankheitsfälle abgesagt werden muss. Grundsätzlich ändert sich allerdings am Unternehmen Daumendrücken nichts, bis die Opladener endgültig in Sicherheit sind. In der Gruppe Süd-West ist im Übrigen auch der VfL Gummersbach II als Fünfter (25:19) noch nicht ganz sicher durch, die Zweifel sind aber eher theoretischer Natur. Sammeln auch die Opladener in Kürze ihre letzten nötigen Punkte, müsste somit am Saisonende kein Drittligist aus der Harzhelden-Region absteigen.

Was bedeutet das jetzt für die Abstiegsregelung in der Regionalliga? Mit Blick auf die Durchführungsbestimmungen des Verbandes Handball Nordrhein ergibt sich hier zunächst ein scheinbar klares Bild: In Anlage 1 findet sich unter Ziffer 1.1.3 die Übersicht, wie viele Absteiger in die Oberligen es gibt, je nachdem, wie viele Mannschaften aus der 3. Liga dazukommen. In dem derzeit wahrscheinlichen Fall, dass kein Drittligist in die Regionalliga absteigt, ist von zwei Absteigern in die Oberligen die Rede. Dabei stellt die folgende Ziffer 1.1.5 klar, dass einer dieser Absteiger der Leichlinger TV ist, der im Jahr 2022 seine Mannschaft direkt nach dem Meldetermin wieder zurückgezogen hatte. Also würde in diesem Szenario lediglich noch ein Absteiger auf sportlichem Wege gesucht. Vieles spricht dafür, dass der jetzige Tabellenletzte Neusser HV bei 3:33 Punkten am Ende runter muss. Bereits der 13. MTV Rheinwacht Dinslaken oder der Zwölfte HC Weiden sind mit jeweils 11:25 Zählern wohl nicht mehr einzuholen.

Damit wäre der Abstiegskampf in der Regionalliga eigentlich früh entschieden – gäbe es da nicht noch eine Ziffer 1.1.8. Diese besagt: „Ein freier Platz über die Aufsteiger aus den Oberligen der beteiligten Landesverbände hinaus (siehe oben: Kein Absteiger aus der 3. Liga) wird direkt im Anschluss an die Saison in zwei Entscheidungsspielen zwischen dem HVM und dem HVN ausgespielt.“ Ein „freier Platz“ in der Regionalliga, wenn es keinen Absteiger aus der 3. Liga gibt? Wo soll der herkommen? Soll es am Ende doch zwei sportliche Absteiger neben dem Leichlinger TV geben? Die Regelung sorgte in den vergangenen Wochen bei einigen der Beteiligten für Verwirrung – vorrangig bei den Vereinen, die in der Regionalliga auf den vorletzten Tabellenplatz abrutschen könnten. Auf Nachfrage unserer Redaktion äußerte sich Staffelleiter Peter Monschau zu dem Thema so: „Der Zusatz in Punkt 1.1.8. ist sicher ein wenig verwirrend, aber es ist dort so gedacht, dass neben der Situation, dass kein Absteiger aus der 3. Liga in die Nordrheinliga einzugliedern ist, aus irgendwelchen Gründen (z.B. späterer Rückzug einer Mannschaft) ein Platz frei sein sollte, ein zusätzlicher Aufsteiger entsprechend 1.1.8. ermittelt wird.“ Demnach bleibt es dabei: Verläuft alles normal und gibt es keinen Absteiger aus der 3. Liga in die Regionalliga, muss nur der Tabellenletzte der Regionalliga auf sportlichem Weg in die Oberliga absteigen. Der zweite gesuchte Absteiger ist und bleibt der Leichlinger TV.

Es bleibt dann die Frage, was aus eben diesen Leichlingern wird. Der Verein, der sein letztes Pflichtspiel am 11. Dezember 2021 bestritten hat, ohne Mannschaft und bereits seit dem Hochwasser im Juli 2021 auch ohne taugliche Spielstätte dasteht, hätte tatsächlich das Recht, für die Oberliga Mittelrhein zu melden. Dass der LTV dort mit einem konkurrenzfähigen Team antritt, darf als ausgeschlossen gelten. Bei dem Gedanken dürften dem einen oder anderen aber böse Erinnerungen an den Mai 2022 kommen: Damals kündigten die Leichlinger an, für die Regionalliga zu melden, um dann sofort nach dem Meldetermin wieder zurückzuziehen. Dieses extrem unsportliche Manöver hätte den Abstieg in der seinerzeit laufenden Regionalliga-Saison erhöht. Ähnliches droht nun in der Oberliga Mittelrhein, bei der Stand jetzt am Saisonende eigentlich „nur“ drei Mannschaften absteigen müssten. Meldet aber der LTV für die Oberliga, müsste auch noch ein viertes Team in die Verbandsliga runter. Derzeit würde das die HBD Löwen Oberberg auf Platz 13 treffen. Im Mai 2022 löste der Verband Handball Nordrhein das Problem, in dem er die Regionalliga gedanklich auf 15 Mannschaften aufstockte und sowohl die Leichlinger als auch den damals betroffenen OSC Rheinhausen aufnahm. Letztlich war es nur eine kurzfristige und halbgare Lösung, denn ein Jahr später tauchen die Fragezeichen von damals wieder auf.

Ob es für den Fall der Fälle im Jahr 2023 schon Pläne gibt? Wir wissen es nicht, unsere Anfrage an die Verbände zu diesem Punkt blieb leider unbeantwortet. Wenn man es positiv sehen will, bringt die unklare Lage immerhin etwas mehr Spannung in den Abstiegskampf der betroffenen Klassen. Alle Mannschaften tun gut daran, sich nicht zu sehr auszuruhen, sondern die Saison so weit oben wie möglich abzuschließen. Einfacher macht es die Planungen für die Vereine aber ganz sicher nicht. Mittelfristig wären klare Regelungen und Durchführungsbestimmungen hier bestimmt hilfreich. Kurzfristig drücken die Beteiligten erst mal dem TuS 82 Opladen die Daumen – wenn nicht an diesem Freitag, dann in den Spielen danach.