2. Bundesliga
Essen bleibt auf Kurs, Dormagen gefährdet
TuSEM rettet ein 29:29 in Dessau-Roßlau. TSV Bayer findet beim 28:35 in Hagen keinen richtigen Zugriff.

Zwei gegen einen: Sören Steinhaus (links) und seine Dormagener erleben gerade eine besonders herausfordernde Zeit in der 2. Bundesliga. (Foto: Michael Jäger)

Die Welt da draußen sieht natürlich für TuSEM Essen deutlich freundlicher aus. Beim Thema Geld sind sie auch auf der Margarethenhöhe nicht auf Rosen gebettet und deshalb ist die vor der Saison erneut umgebaute Mannschaft von Trainer Michael Hegemann ja zu durchaus größeren Teilen mehr denn je als ein Feldversuch aus der Abteilung „Jugend forscht“ unterwegs. In der Summe geht es den Essenern dabei im Ruhrgebiet allerdings deutlich besser als dem im Rheinland ansässigen TSV Bayer Dormagen, der kürzlich eine größere finanzielle Lücke öffentlich machte und seitdem auf mehreren Baustellen beschäftigt ist. Dass es auf der Platte mit einem ebenfalls sehr jungen Team sowieso nur um den Klassenerhalt gehen kann, stand dabei von Anfang an fest – und es ist eine Herausforderung, der sich Trainer Matthias Flohr und seine Mannschaft auch gerne mit Lust und Leidenschaft stellen wollen. Das zeigten sie nach dem Start mit 2:6 Punkten vor allem bei zwei Siegen hintereinander – mit dem 26:17 über den EHV Aue (Letzter/2:14) und dem 35:34 beim Dessau-Roßlauer HV (Rang 15/5:11). Beim 35:40 gegen den neuen Spitzenreiter SG BBM Bietigheim (14:2) stimmte die Leistung ebenfalls – was jetzt auf das 28:35 beim vorher gleichauf positionierten VfL Eintracht Hagen (Neunter/8:8) nur bedingt zutraf. Auf Rang 14 bewegt sich Dormagen mit 6:10 Zählern zwar immer noch weitgehend im richtigen Zielkorridor, doch die nächsten Aufgaben werden wiederum happig: Der Monat Oktober endet mit den Aufgaben am Mittwoch gegen die HSG Nordhorn-Lingen (Sechster/10:6) und am 28. Oktober beim TV Großwallstadt (Siebter/10:6).

Der aktuelle Rang fünf (10:6 Punkte) der Essener ist unter anderem deshalb doppelt wertvoll, weil sie erst drei Mal in eigener Halle antreten konnten und bereits fünf Mal auswärts auf den Prüfstand mussten – und darin eingerechnet ist das 23:36-Debakel vom Saisonstart gegen den Bundesliga-Absteiger ASV Hamm-Westfalen (Zweiter/14:2). Anschließend wirkte TuSEM auswärts stabiler, sodass es neben der Niederlage beim HC Elbflorenz Dresden (24:26) einen Sieg (24:23 beim VfL Potsdam) sowie zwei Unentschieden gab – erst das 22:22 beim TSV GWD Minden und nun das 29:29 in Dessau-Roßlau. In eigener Halle hat Hegemanns Team mit dem 26:23 gegen Dormagen, dem 31:28 gegen den TuS N-Lübbecke und dem 32:20 gegen Aue bisher keinen einzigen Punkt abgegeben. Das bedeutet keineswegs, dass sich Essen plötzlich zu Höherem berufen fühlt, aber es ist eine perfekte Basis für die bevorstehende Aufgabe: Das Heimspiel am Mittwochabend gegen Bietigheim könnte ein echtes Handballfest werden, zu dem die Gäste aus Baden-Württemberg gerade ebenfalls viel Werbung vor allem in eigener Sache beisteuerten: Die SG, bei der in Spaniens Legende Iker Romero ein sehr prominenter Trainer arbeitet, gewann gegen den zuvor ungeschlagenen ASV Hamm-Westfalen mit 35:31 und übernahm dadurch bei ebenfalls 14:2 Zählern die Tabellenspitze.

Es gab in Hagen drei Puzzleteile, die einen Erfolg der durch den Ausfall von Abwehrchef Patrick Hüter (Leiste) und Alexander Senden (Hüfte) personell erheblich geschwächten Dormagener schlicht unmöglich machten. Das erste: Nach dem 12:12 (26.) von Florian Böhnert lief in den letzten vier Minuten der ersten Halbzeit defensiv generell nicht mehr viel. Das zweite: Am Anfang der zweiten Halbzeit bekam die Abwehr der Gäste die Zuspiele der Hagener auf ihren einen Kreisläufer Alexander Becker gar nicht mehr in den Griff. Mit dem 17:13 (32.), 19:14 (45.) und 20:15 (36.) war Becker nach dem stets selben Muster frei und zur Stelle. Das dritte: Nach dem 23:18 (43.) durch Frederic Stüber, den zweiten Kreisläufer des VfL, nahm Dormagens Trainer Matthias Flohr direkt eine Auszeit – deren Wirkung er sich definitiv anders vorgestellt hatte. Tatsächlich verloren die Gäste vorne den Ball und sie erlaubten dadurch der Eintracht einen Tempogegenstoß, den Stüber nicht unerwartet gerne zum 24:18 (44.) verwertete. Näher als auf die vier Tore beim 21:25 (46.) kam der TSV nicht mehr heran und beim 23:31 (53.) drohte zwischenzeitlich sogar eine Niederlage mit einer zweistelligen Differenz – die Flohrs Team mit dem 28:33 (59.) verhindern konnte. In der Summe waren die Dormagener dann tatsächlich jene sieben Treffer schlechter, die sie auf der Anzeigetafel nachlesen konnten. Der TSV-Coach fasste die Partie so zusammen: „Wir haben gesagt, dass wir mutig sein und den Gegner mit einem Stör-Abwehrsystem unter Stress setzen müssen. Hagen hat sich aber nicht unter Stress setzen lassen und von daher verdient gewonnen.“

Essen lieferte bei den gefährdeten Dessauern eine echte Berg- und Talfahrt ab. Nach dem frühen 1:0 (2.), das ausgerechnet der sehr selten als Torschütze in Erscheinung tretende Abwehrchef Malte Seidel erzielte, gerieten die Gäste in Rückstand – und mit dem 5:9 (14.) sehr deutlich. Diesen Rückstand arbeitete Hegemanns Team allerdings zum 12:12 (20.) auf und ein paar Minuten später konnte es mit einer eigenen 16:14-Führung (27.) in die Pause gehen. Über 20:17 (34.) und 21:18 (35.) stimmte der Kurs aus der Sicht der Gäste weiter, ehe Dessau antwortete – 25:24 (46.), 26:25 (49.), 27:26 (53.), 28:27 (56.), 29:28 (59.). Nach einer Auszeit am Anfang der letzten Minute traf Nils Homscheid 26 Sekunden vor der Schluss-Sirene noch zum 29:29-Endstand, durch den die Essener gleichzeitig ihre Serie auf vier Spiele hintereinander ohne Niederlage (6:2 Punkte) verlängerten. Hegemann zeigte sich einverstanden: „Wenn man das Spiel insgesamt betrachtet und mit dem Unentschieden in Minden vergleicht, dann bin ich schon sehr glücklich mit dem Punkt. Wir haben uns gegen viele Widrigkeiten gestemmt und hatten die Chance, in der zweiten Halbzeit den Deckel draufzumachen. Aber da haben wir das Spiel etwas aus der Hand verloren. Die Mannschaft hat sich dann nicht aufgegeben und den Punkt erkämpft.“

 

VfL Eintracht Hagen – TSV Bayer Dormagen 35:28 (16:12).

TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Simonsen – Reuland (6), Böhnert (5), Kremp, Rehfus (1), I. Hüter (4), Reimer (3/3), Schroven (1), Strosack, Träger, J.-Chr. Schmidt (5), Pauli, Steinhaus (3), Sondermann.

 

Dessau-Roßlauer HV – TuSEM Essen 29:29 (16:17).

TuSEM Essen: Fuchs, Diedrich – Ellwanger (1), Wolfram (3), Wilhelm, Homscheid (5/4), Eißing (6), Szczesny (4), Seidel (1), Klingler, Neuhaus (2), Rose (2), Mast (5), Werschkull, Schoss.