18. Januar 2024 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Allmählich müssten der spielende Trainer Tim Gentges und der TV Aldekerk über magische Kräfte verfügen und damit wie auf Knopfdruck Übernatürliches bewerkstelligen können. Normal oder irgendwie kalkulierbar scheint im zweiten Jahr nach dem Aufstieg jedenfalls nichts zu sein rund um die Vogteihalle. Dort sind sie seit dem Saisonbeginn nahezu pausenlos damit beschäftigt, irgendwie den Kampf um den Klassenerhalt zu bewältigen – und ob am Ende wirklich eine Position über dem Strich steht, lässt sich nicht ansatzweise vorhersagen. Besonders hoch im Kurs stehen die Aktien aktuell eher nicht. Dabei ist alleine die rein sportliche Lage sehr, sehr eng: Der TuS Dansenberg und die TSG Haßloch (jeweils 8:22 Punkte) auf den Rängen 13 und 14 machen womöglich zusammen mit den Aldekerkern und dem TV Homburg (beide 6:24) auf den Plätzen 15 und 16 die drei Absteiger unter sich aus. Die Lücke bis zum Zwölften HSG Friesenheim/Hochdorf II (11:19) beträgt nach der Hinrunde immerhin schon drei Zähler. Was beim TVA gerade wie eine tonnenschwere Last hinzukommt: Es fallen zwei Rückraumspieler aus, auf die das Team normal nicht verzichten kann. Auf der linken Seite fehlt weiterhin David Hansen, dessen Rippenbruch von Anfang Dezember sich doch deutlich schwerwiegender darstellte als angenommen – und wann Hansen, mit 94 Treffern in 13 Spielen unverändert Aldekerks bester Werfer und die Nummer fünf in der 3. Bundesliga, wieder auf der Platte stehen kann, ist völlig offen. Um das Pech komplett zu machen: Auf der rechten Seite muss die Mannschaft momentan auf Linkshänder Cedric Linden verzichten, der wegen einer Knieverletzung (Innenband) aus dem letzten Spiel des Jahres 2023 (31:35 beim Longericher SC) schweren Herzens auch unser Allstar Game gegen den Zweitligisten TSV Bayer Dormagen am vergangenen Freitag auslassen musste. Eine Lösung für die weiter verschärfte Lage sieht Gentges vor allem in der Aldekerker DNA: „Das alles macht natürlich unser Projekt, die Liga zu halten, noch schwieriger, als es ohnehin schon ist. Aber wir werden trotzdem nicht die Flinte ins Korn werfen, das ist nicht unsere Mentalität, das ist nicht unser Charakter. Wir werden bis zur letzten Minute alles reinhauen und alles geben, was wir haben. Wir werden unseren Mut und unseren Kampfgeist niemals verlieren und nicht aufhören.“
Einfache Aufgaben warten auf den Vorletzten in der Rückrunde sowieso keine – eher maximal herausfordernde und besonders wichtige. Die Auftaktpartie für 2024 gehört im Grunde in beide Kategorien, denn es steht die Dienstreise zu jener ebenfalls gefährdeten HSG Friesenheim/Hochdorf II auf dem Programm, deren erste Mannschaft in der 2. Bundesliga als Eulen Ludwigshafen unterwegs ist. Gentges hat viel Respekt vor dem Gegner: „Wir haben schon im Hinspiel gesehen, dass das super ausgebildete Jungs sind, die schon Erfahrung in der ersten Mannschaft in der 2. Bundesliga gesammelt haben und weiter sammeln. Wir wissen um die Schwierigkeiten, die vor uns stehen. Aber auch in Friesenheim werden wir versuchen, für uns das bestmögliche Ergebnis rauszuholen – und das Beste wären natürlich zwei Punkte.“ Wie dringend auf dem Weg dorthin allerdings sämtliche Puzzleteile an den richtigen Platz fallen müssen, zeigte bereits der Saisonstart mit der Aldekerker 26:27-Niederlage gegen die HSG in eigener Halle. In der Summe geht es um diese einfache Rechnung: Verliert der TVA erneut, liegt er erstens fünf Punkte hinter Friesenheim und hat zweitens den direkten Vergleich verloren – und dann höchstwahrscheinlich keinerlei Chance mehr, den Anschluss ans untere Mittelfeld herzustellen. Was angesichts widriger Umstände das einzige, aber dafür umso dickere Plus für Aldekerk sein könnte, ist jene innere Leidenschaft für den Handball: „Erst mal haben wir wieder Bock, dass es losgeht: Wir werden uns einen Plan ausdenken und dann fahren wir dahin und versuchen unser Bestes.“
Während die Aldekerker mit der deutlich mehr als 300 Kilometer weiten Fahrt bereits vor dem Anpfiff einiges an Energie zu investieren haben, steht der Longericher SC (Siebter/16:14) vor dem reisetechnisch fast gemütlich wirkenden 50-Kilometer-Ausflug nach Ratingen zum Aufsteiger Interaktiv.Handball (Elfter/12:18). Auf der Platte selbst dürfte das Team von Trainer Chris Stark allerdings wesentlich mehr investieren müssen – was trotz des Saisonstarts vom 1. September 2023 gilt oder gerade deswegen. Damals zerlegten die Kölner den bei der Premiere in der höheren Klasse überforderten Aufsteiger mit einem 35:23 über weite Strecken in Einzelteile. Seit diesem Abend vor über viereinhalb Monaten hat sich bei den Ratingern allerdings einiges geändert und das Team des Trainergespanns Filip Lazarov/Alexander Oelze befindet sich grundsätzlich auf einem ordentlichen Weg in Richtung Klassenerhalt – konnte zuletzt allerdings vier Mal in Folge nicht gewinnen und musste drei Niederlagen hintereinander einstecken. Stark warnt seinen LSC dennoch intensiv: „Acht von ihren zwölf Punkten haben sie zu Hause geholt, sie sind eine heimstarke Mannschaft. Das ist eine total ausgebuffte Truppe, die nichts aus der Ruhe bringt. Ich erwarte ein knappes Spiel. Im Hinspiel haben wir es geschafft, das Spiel mit viel Tempo und Dynamik an uns zu reißen – und da sollte es jetzt wieder drum gehen, gepaart mit einer hohen Bereitschaft und Aggressivität.“ Die hält Stark im Übrigen im Rückblick auf die Hinrunde, die ihn weder euphorisch noch völlig enttäuscht zurückgelassen hat, ohnehin für geboten. „Im Vergleich zur vorigen Saison haben wir sicherlich ein, zwei, drei Punkte zu viel liegen lassen, über die wir uns auch ärgern“, sagt der Longericher Coach, „aber im Zuge der ganzen Verletztenprobleme, die wir in der Hinrunde hatten, bin ich gar nicht gänzlich unzufrieden.“
Im Zeichen des Abschieds steht die komplette Rückrunde bei den Bergischen Panthern (Zehnter/13:17), denn Trainer Marcel Mutz wird sein Amt am Ende der Saison nach insgesamt mehr als zehn Jahren Tätigkeit im Verein aus privaten Gründen abgeben. Klarer Fall: Bis dahin will er mit seiner Mannschaft weiter den größten möglichen Erfolg erzielen – und zunächst wieder zur einstigen Konstanz finden. Nach dem 29:16 am 21. Oktober 2023 bei der TSG Haßloch gab es aus den folgenden sieben Partien nur 3:11 Punkte und dabei in vier Heimspielen keinen einzigen Sieg mehr (drei Niederlagen, 33:33 gegen HSG Krefeld Niederrhein). Eine Woche vor dem Derby am 26. Januar beim TuS 82 Opladen (Sechster/16:14) wollen die Panther deshalb erst recht mit Volldampf ins Duell mit der HSG Dutenhofen/Münchholzhausen II gehen, die als Achter (15:15) das Ende der oberen Tabellenhälfte markiert. Gewinnen die Panther, lägen sie gleichzeitig in der Schluss-Abrechnung bei Punktgleichheit sicher vor den Gästen – weil sie in diesem Fall nach dem 27:27 aus der Hinrunde im entscheidenden direkten Vergleich besser liegen.
Der TuS Dansenberg war für die Opladener vor ein paar Monaten ein sehr angenehmer Auftakt-Gegner und der 36:22-Sieg unter dem Strich ein perfekter Start – der jedoch beim Team von Trainer Fabrice Voigt eher der Auftakt zu einer Berg- und Talfahrt mit einigen Höhen und Tiefen war. In den Wochen vor Weihnachten passierten unter anderem Heimniederlagen gegen den TV Aldekerk (27:30) und die HSG Rodgau Nieder-Roden (21:24), während der TuS 82 von den gefährdeten TV Homburg (35:28) und TSG Haßloch (31:21) jeweils hohe Siege mitnahm und dadurch nachwies, dass er doch weit eher in die obere Hälfte gehört. Durch einen Erfolg in Dansenberg könnten die Opladener nun beim Rückrunden-Beginn auf der einen Seite sehr viel für sich selbst tun und auf der einen Seite eine Menge für die Aldekerker, deren direkter Konkurrent im Abstiegskampf der im Stadtteil von Kaiserslautern ansässige TuS ist. Dessen bekanntester (Ex-) Spieler steht im Übrigen mittlerweile für die deutsche Nationalmannschaft zwischen den Pfosten: David Späth (21), geboren in Kaiserslautern, kam 2012 als Zehnjähriger zum TuS, ehe er 2018 von Dansenberg aus zu den Rhein-Neckar Löwen wechselte, dort den Sprung aus der A-Jugend in den Bundesliga-Kader schafte, mit der deutschen U 21 im vergangenen Sommer Weltmeister wurde und gerade mit dem A-Nationalteam bei der Europameisterschaft unterwegs ist.
Weitestgehend im Soll scheint am Anfang des Jahres die HSG Krefeld Niederrhein zu liegen, deren erstes Ziel ja zunächst der Einzug in die Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga ist. Für diesen Plan sind der zweite Platz und die 24:6 Zähler auf dem Konto eine brauchbare Basis – nicht mehr und nicht weniger. Dafür, dass die Eagles den ungeschlagenen Spitzenreiter TuS Ferndorf noch abfangen könnten (29:1), fehlte gerade jede Phantasie – was unter anderem mit den Punktverlusten aus den Monaten November/Dezember 2023 zu tun hat. Mit dem 33:33 bei den Bergischen Panthern, dem 33:33 bei der HSG Hanau und dem 30:37 bei der HG Saarlouis verlor die Mannschaft von Trainer Mark Schmetz den direkten Kontakt zum Tabellenführer, sodass nun der Blick eher in den Rückspiegel geht: Dort liegen der Dritte Saarlouis und der Vierte Hanau (beide 21:9) nicht gerade Lichtjahre weit entfernt im Kampf ums zweite Ticket zur Aufstiegsrunde. Für den Wieder-Einstieg in der 3. Liga gilt Krefeld gegen Schlusslicht Homburg trotzdem als glasklarer Favorit. Magische Kräfte oder Übernatürliches sollten die Krefelder nicht benötigen, um ihrer Rolle gerecht zu werden.