Regionalliga Nordrhein
Das Hauen und Stechen: Von Remscheid bis Langenfeld
HGR und Bonn haben vorne ganz viel selbst in der Hand - anders als der TV Korschenbroich. Unten wartet der "Abstiegsgipfel" der SGL in Mönchengladbach.

Ihr da oben, wir da unten: Mit dem 34:33 sorgten Thorben Richartz (Mitte) und die SGL am 11. November 2023 für eine echte Überraschung. Trotzdem sind die Langenfelder aktuell Letzter, während Tohüter Max Conzen und Kaan Tymaz mit der damals geschlagenen HG Remscheid als Spitzenreiter an die 3. Liga denken dürfen. (Foto: Thomas Ellmann)

Für den einen oder anderen wird guter Rat langsam richtig teuer. Und das gilt oben wie unten. Dabei befinden sich die beiden Top-Teams HG Remscheid und TSV Bonn rrh. (jeweils 22:10 Punkte) zurzeit definitiv auf der Sonnenseite des Regionalliga-Lebens – die Remscheider, weil sie sich immer noch locker darauf zurückziehen können, dass sie im Jahr eins mit dem neuen Trainer Nelson Weisz nicht unbedingt in die 3. Liga aufsteigen müssen, was eher mittelfristig das Ziel des Vereins sein soll. Insofern dürfen sie im Bergischen selbst die eine oder andere Schwankung mehr oder weniger gelassen registrieren: Dabei finden sie solche Ausschläge nach oben wie jenen am vergangenen Wochenende mit dem 32:31-Erfolg im Spitzenspiel beim TV Korschenbroich (Vierter/19:13) verständlicherweise sehr viel angenehmer als einen wie die 24:37-Pleite vor Kurzem beim Dritten TSV Bayer Dormagen II (21:11) oder jenes 33:34 aus dem November 2023 beim Letzten SG Langenfeld (6:26). Remscheid hat es insgesamt komplett selbst in der Hand, wie lange es ganz vorne bleibt und es weiß zudem, dass Geschenke kaum zu erwarten sind – im Heimspiel gegen den Siebten TuSEM Essen II (16:16) ebenfalls nicht. Da sollte allein das 21:29 in Essen aus der Hinrunde als Warnung ausreichen.

Besonders über sich selbst staunen sie zurzeit vor allem bei der TSV Bonn rrh., die trotz des starken Saisonstarts mit fünf Siegen hintereinander bei der Vergabe der Spitzenplätze nur wenige richtig im Blick hatten – zumal das Team von Trainer Frank Berlinger anschließend fünf Mal in Folge unterlag. Dann setzte die TSV aber zu einer neuen Serie an, holte zunächst wiederum fünf Siege – und machte jüngst mit dem 26:23 in Langenfeld das halbe Dutzend voll. Berblinger betonte hinterher, dass die Bonner längst sehr, sehr viel Gefallen an der aktuellen Entwicklung gefunden haben: „Wenn wir die Möglichkeit haben, ganz oben anzugreifen, dann machen wir das.“ Bereits die Aufgabe gegen die HSG Refrath/Hand (Zehnter/15:15) wird nun zeigen, ob Berblingers Team sein Niveau halten und fortsetzen kann. Anschließend geht es nach Karneval am 18. Februar bei den Dormagenern und am 24. Februar gegen Korschenbroich zur Sache – gegen zwei Kontrahenten aus dem ersten Drittel, deren Entwicklungen zurzeit gerade in völlig verschiedene Richtungen zu streben scheinen.

Dabei hat Aufsteiger Dormagen offensichtlich das Verlieren verlernt, denn die Mannschaft von Trainer Martin Berger, angetreten mit dem glasklaren Ziel Klassenerhalt, hat seit dem 18. November 2023 mit dem 34:36 beim Fünften HC Weiden (19:13) kein einziges Mal als Verlierer die Platte verlassen, sondern fünf Mal in Folge beide Punkte eingesammelt – mit dem 37:24 gegen Remscheid und dem 35:34 in Korschenbroich sogar durchaus spektakulär. Auch auf die Dormagener wartet am 18. Februar gegen Bonn bald ein besonderer Höhepunkt, der vielleicht in der Tabellenspitze ein paar Fragen klären könnte. Vorher bestreitet das Team  von Trainer Martin Berger aber noch die ebenfalls nicht einfache Aufgabe beim OSC Rheinhausen (Neunter/15:15), der zuletzt mit der 24:34-Pleite gegen Schlusslicht Langenfeld eine schmerzhafte Überraschung erlebte. Es dürfte Bergers junges Team kaum überraschen, wenn der OSC in eigener Halle um Wiedergutmachung bemüht ist. Wiedergutmachung ist im Übrigen auch das Stichwort für den ehemaligen Spitzenreiter HC Weiden, der das alte Jahr mit einer Niederlage beendete (27:32 gegen Rheinhausen) und das neue mit zwei weiteren Niederlagen begann – 29:31 in Bonn, 28:35 in Mönchengladbach. Vor allem die zweite Halbzeit in Mönchengladbach ging HC-Trainer Marc Schlingensief gegen den Strich: „Die letzten 25 Minuten verlieren wir 9:18, das ist inakzeptabel. Da haben wir einiges aufzuarbeiten. Wir werden uns aber gemeinsam aus der Minikrise rausarbeiten.“ Den ersten Hinweis dafür, ob das gelingt, können/wollen die Weidener nun beim HC Gelpe/Strombach (Sechster/18:14) abliefern.

Im Kampf um die Meisterschaft bliebe nicht zuletzt der TV Korschenbroich zu berücksichtigen, der schließlich als einziger Regionalligist mit dem offensiv verkündeten Ziel Aufstieg in die 3. Liga in die neue Saison gegangen ist. Das sahen die Verantwortlichen bereits im Anschluss an den dritten Spieltag in Gefahr, nachdem Korschenbroich in Remscheid mit 29:31 verloren hatte und das Konto bei 2:4 Punkten angekommen war. Folge: Der damalige Trainer Gilbert Lansen musste seinen Hut nehmen und der aus dem sportlichen Ruhestand geholte Dirk Wolf erklärte sich bereit, für den Rest der Serie noch einmal die Verantwortung an der Seitenlinie zu übernehmen. Was nicht passieren wird, weil es reichlich absurd wäre, aber auf der anderen Seite durchaus zur damaligen Logik passen würde: Aufgrund der jüngsten Entwicklung bräuchte Korschenbroich gerade schon wieder einen neuen Trainer. Erstens: Lansen stolperte seinerzeit unter anderem über ein 27:29 in Dormagen und ein 29:31 in Remscheid. Zweitens: Korschenbroich zog am 2. Dezember 2023 in eigener Halle gegen Weiden mit 30:34 den Kürzeren, kletterte dann bis zum Jahresende trotzdem auf den ersten Tabellenplatz – und begann 2024 mit einem 34:35 gegen Dormagen sowie einem 31:32 gegen Remscheid. In der Summe hat der TVK demnach ausgerechnet in der Waldsporthalle drei Spitzenspiele abgebeben und daraus folgt als nicht weniger belastend, dass er in den beiden direkten Vergleichen mit der HGR und dem TSV Bayer am Ende der Serie bei Punktgleichheit das Nachsehen hätte. Daraus ergibt sich nun zwangsläufig, dass  Korschenbroich eigentlich nichts mehr liegen lassen darf, also auch nicht beim Elften MTV Rheinwacht Dinslaken (14:18). Was Wolf und seine Mannschaft immer noch für sich verwerten könnten: Vorne ist in der Regionalliga offensichtlich nichts in Stein gemeißelt.

Das würden wohl die in den Abstiegskampf verwickelten Teams liebend gerne ebenfalls so sehen. Nach dem Stand der Dinge sind es jedoch nur drei Klubs, die unter sich die eventuell zwei Absteiger ausmachen. Einen einzigen Absteiger gibt es ja lediglich dann, wenn aus der 3. Liga niemand aus dem Bereich des Verbandes Handball Nordrhein runter muss – was zurzeit aber wieder auf den TV Aldekerk zutrifft (Vorletzter). Daraus ergibt sich: In der Regionalla müssen besonders der Drittletzte Borussia Mönchengladbach (10:22) und der Vorletzte Bergischer HC II (9:23) sowie erst recht Schlusslicht Langenfeld (6:26) zu entschlossenen Aldekerk-Anhängern werden. Dabei spricht im Augenblick einiges für die Borussia – trotz der 25:33-Niederlage am Dienstagabend im Nachholspiel gegen den HC Gelpe/Strombach. Das Team von Trainer Ronny Rogawska bringt immerhin noch 5:3 Punkte aus den vergangenen vier Partien mit und damit eine um Lichtjahre bessere Bilanz als die SGL, die zuletzt sechs Mal hintereinander leer ausging und entsprechend im Jahr 2024 bisher nichts Zählbares auf das eigene Konto zu überweisen wusste (0:6). Kein Zweifel: Das Kellerduell am Freitagabend zwischen der Borussia und den Langenfeldern kann die Frage nach dem ersten Absteiger wenigstens zum Teil beantworten. Das ist vor allem bei einem Sieg der Borussia der Fall. Läuft es dagegen umgekehrt, geht unten das große Hauen und Stechen erst richtig los, in das der beim BTB Aachen (Achter/16:16) geforderte BHC II im Grunde in einer Dauerschleife verwickelt ist: Der bisher letzte Sieg in dieser Saison (26:24 gegen Remscheid) stammt schließlich vom 29. September 2023 und er ist inzwischen nach den folgenden 3:17 Zählern aus zehn Partien mit einer dicken Staubschicht belegt. Aus allem ergibt sich oben wie unten nur eine mögliche Prognose: Es warten auch nach Karneval (10./11. Februar) ein paar tolle Tage.