Oberliga Niederrhein
Ronny Rogawska und das Unternehmen Aufstieg
Der neue Trainer weiß, dass seine prominent verstärkte Mannschaft oben mitspielen muss - und er nimmt die Favoritenrolle an.

Kennt nur eine Richtung: Neu-Trainer Ronny Rogawska will die Borussia aus Mönchengladbach nach vorne treiben. (Foto: Michael Jäger)

Es ist der 29. Februar 2020 und Borussia Mönchengladbach gewinnt in der Oberliga eine Art Finale um den dritten Platz bei den Adlern Königshof mit 35:30. Sogar die Vizemeisterschaft ist noch drin, denn der Zweite LTV Wuppertal hat nur einen Punkt mehr. Ganz vorne sind nur die Wölfe Nordrhein zu weit enteilt. Was damals keiner wissen oder ahnen kann: Der Sieg über die Adler ist bereits die Abschieds-Vorstellung von Trainer Tobias Elis, der schon früh angekündigt hatte, dass er nach der Saison aufhören wird. Während die Konkurrenz Anfang März noch einmal spielt, wird die Partie der Borussia gegen die HSG Hiesfeld/Aldenrade bereits abgesagt. Eine Woche später folgt die coronabedingte Unterbrechung der Saison 2019/2020, wenig später der Abbruch. Die Wertung nach der Quotientenregelung durch den Verband macht die Wölfe zum verdienten Meister vor Wuppertal und Mönchengladbach. Das geht in Ordnung und taugt als Basis für die kommende Serie. Mehr ist es nicht. Vier Monate nach dem Einstieg in die Zwangspause ruht der See bei der Borussia immer noch still. Aber es ist die Ruhe vor dem Sturm und der neue Trainer Ronny Rogawska nicht gekommen, um irgendetwas nur zu verwalten. Sein natürlicher Auftrag: Aufstieg in die Regionalliga. Der 51-Jährige, der sich dem Handball mit Leib und Seele verschrieben hat, redet auch nicht um den heißen Brei herum: „Natürlich gehören wir zu den Favoriten.“ Mehr Anspruch mag er aus Respekt vor der Konkurrenz (noch) nicht festschreiben.

In den Monaten vor dem Abbruch schien die Borussia nach einer Siegesserie bereits für den großen Wurf in Frage zu kommen. Vor allem die Erfolge in Wuppertal (30:28) und gegen die Wölfe (27:18) waren ein deutliches Zeichen an die Konkurrenz, ehe sich das Team selbst aus dem Rennen nahm. Nach Niederlagen beim TV Krefeld-Oppum (24:29) und bei Unitas Haan (24:29) reichte es selbst gegen den Vorletzten TSV Aufderhöhe nicht zu zwei Zählern (25:25), sodass der Zug nach ganz vorne innerhalb von nur 13 Tagen plötzlich ohne Mönchengladbach weiter- und später über die Quotientenregelung auf Rang drei in den Bahnhof einfuhr. Zwei Aspekte aus der vergangenen Serie weisen unter dem Strich trotzdem darauf hin, dass zur kommenden Saison vieles für die Borussia spricht: Die Wölfe Nordrhein, die jetzt wieder unter dem Dach des OSC Rheinhausen zu Hause sind, haben sich in die Regionalliga verabschiedet und der Vizemeister Wuppertal muss sich nach dem Ausstieg von Spielertrainer David Kreckler (aufgrund geringer gewordener finanzieller Mittel des Vereins) erst neu sortieren. Dahinter folgen ja bereits die Borussen – die darüber hinaus ein paar namhafte Verpflichtungen anzubieten haben.

Zweikampfstark: Niklas Weis (am Ball/hier noch im Trikot der Rhein Vikings) verstärkt Borussia Mönchengladbach im rechten Rückraum. (Foto: Thomas Ellmann)

Die wichtigste Personalie: Ronny Rogawska, der einst als Spieler und Trainer mit der HSG Düsseldorf jeweils den Aufstieg in die Bundesliga schaffte. Nach sechs Jahren beim TV Korschenbroich (3. Liga) wechselte der Däne zur HSG Krefeld, die er in der Saison 2018/2019 zur Meisterschaft und über eine dramatische Qualifikation in die 2. Liga führte. Weil ihm im jüngsten Aufgabengebiet (Jugend-Koordinator in Korschenbroich) zunehmend doch der Nervenkitzel an der Seitenlinie fehlte, sah sich Rogawska nach einer auf Erfolg und höheres Niveau ausgerichteten Anschluss-Beschäftigung als Trainer um. Als er dann den Vertrag bei der Borussia unterschrieb, konnte er sich sicher sein: Der künftige Kader passt zu meinen Ansprüchen. Die Neuen sieht Mönchengladbach durch die Bank nicht zu Unrecht als Garantie für Qualität. Heider Thomas (31), mit großen Fähigkeiten im linken Rückraum und noch mehr in der Abwehr ausgestattet, trug zuletzt das Trikot des Zweitligisten TSV Bayer Dormagen. Niklas Weis (29/Rückraum) und Dennis Aust (35/als Linkshänder ein Allrounder) bringen ebenfalls viel Erfahrung aus dem höherklassigen Handball mit.

Dass die Vorbereitung für 2020/2021 aufgrund der besonderen Umstände komplizierter ist als sonst und gemeinsame Einheiten bislang eine Rarität waren, trägt Rogawska mit Gelassenheit. „Jeder Spieler hat seine Aufgaben bekommen“, sagt der Borussia-Coach, „und ich bin sicher, dass sich alle daran halten.“ Seine Grund-Einstellung: Ich vertraue darauf, dass sich alle ihrer persönlichen Verantwortung fürs gemeinsame Ganze bewusst sind. Am 20. Juli beginnt dann jene entscheidende Phase, in der die Mannschaft als Einheit in der Halle die restlichen Grundlagen für eine gute Saison legen will. Zur Testspielreihe gehört auch eine für den 20. August vorgesehene Partie gegen den Regionalligisten TV Korschenbroich – was dem mit seiner Familie in Korschenbroich lebenden Rogawska zumindest eine kurze Anfahrt beschert. Mit der relativen Ruhe ist es dann wenig später endgültig vorbei, weil es am 5. September beim TV Lobberich um die ersten Meisterschafts-Punkte gehen soll. Geschenke werden die Lobbericher vermutlich nicht machen wollen.