2. Bundesliga
„Mission Aufstieg“: Wohin führt der Weg des VfL Gummersbach?
Trainer Gudjon Valur Sigurdsson nach der Pleite in Fürstenfelbruck: "Wir haben bekommen, was wir verdient haben." Ganz bitter: Alexander Hermann fällt lange aus.

Und jetzt? Bei den Gummersbachern ist im Moment guter Rat teuer. Unter anderem Trainer Gudjon Valur Sigurdsson (stehend) und Kapitän Timm Schneider (ganz links) sind jetzt besonders gefordert. (Foto: Thomas Schmidt)

Sein Vorteil: Er hat als Handballer alles erlebt und in einer nahezu märchenhaften Karriere ziemlich alles erreicht. Und es waren nicht nur die gefeierten Triumphe bei einigen großen Klubs in Europa dabei – sondern auch jene, die in den offiziellen Statistiken nicht auftauchen: Rückschläge, überraschende Niederlagen, Krisen sogar. Von allem zusammen dürfte Gudjon Valur Sigurdsson jetzt profitieren. Es dürfte ihm helfen, die bislang schwierigste Phase seiner Amtszeit als Trainer des VfL Gummersbach zu bewältigen. Und die hat der Verein aus dem Oberbergischen in der „Mission Aufstieg“ gerade ganz sicher. Dass die Gummersbacher aus den vergangenen fünf Spielen im neuen Jahr nur auf 6:4 Punkte kamen, ist dabei nicht mal das riesige Problem. Es war vielmehr nur wenig Überzeugendes dabei – erst recht nach dem 28:25 gegen den EHV Aue und dem 37:30 bei der HSG Konstanz. Es folgten das 28:29 gegen den TV Großwallstadt, das mühsame 31:29 gegen den VfL Lübeck-Schwartau und dann diese Ohrfeige in der Nähe von München: Beim Letzten TuS Fürstenfeldbruck verlor der Aufstiegs-Kandidat sang- und klanglos mit 25:32. Im Oberbergischen werden sich viele auch ein paar Tage danach noch die Augen reiben und nicht verstehen, wie das passieren konnte.

Sigurdsson hatte nach der Partie an Ort und Stelle die mehr oder weniger unangenehme Aufgabe, in der fast menschenleeren Wittelsbacher Halle ein paar Fragen zu beantworten. Die erste war extrem höflich formuliert: Ob er es erklären könne, warum seine Mannschaft nicht ihr Leistungs-Optimum abgerufen habe? „Es ist schwierig zu sagen, warum wir so aufgetreten sind. Wir sind natürlich überhaupt nicht zufrieden. Wir haben keinen Zugriff in der Abwehr gefunden. Wir haben zwölf technische Fehler in der ersten Halbzeit gemacht – was nicht nur an uns liegt, sondern auch an der Stärke von Fürstenfeldbruck, wie sie gedeckt haben“, urteilte der einstige Weltklasse-Linksaußen, der anschließend sehr deutlich wurde: „Man hat heute einen Klassenunterschied zwischen einer Mannschaft, die unbedingt wollte und alles dafür getan hat – und wir eben nicht. Deswegen noch einmal herzlichen Glückswunsch an Fürstenfeldbruck und Respekt für die Leistung.“ Ob seine Mannschaft den Gegner unterschätzt habe und dann den Schalter im Spiel nicht mehr umlegen konnte? Sigurdsson gab jene Antwort: „Kann sein. Diese Theorie ist genauso gut wie jede andere. Aber so haben wir das nicht vorbereitet und so wollten wir auch nicht auftreten. Nachher kann man immer schlauer sein und das so formulieren. Ich habe es vor dem Spiel noch einmal betont, dass man immer vor jedem Gegner einen Riesenrespekt haben muss. Das gebe ich meinen Spielern immer mit auf den Weg. Heute haben wir Fürstenfeldbruck den nötigen Respekt nicht gezeigt und dafür müssen wir auch bitter bezahlen.“ Nach der Aufzählung der vielen Fehlerquellen fasste Sigurdsson den Abend so zusammen: „Wir haben uns das ganz anders vorgestellt, aber noch einmal, wir haben das bekommen, was wir verdient haben.“

Das darf nicht wahr sein: Alexander Hermann wird für viele Wochen nur Zuschauer sein können. (Foto: Thomas Schmidt)

Sigurdsson weiß, dass er als Verantwortlicher für die Auftritte der Mannschaft nun mehr denn je unter Beobachtung steht – was er als Spieler kannte und als Trainer in dieser Form zum ersten Mal  erlebt. Bestimmt hat er aber noch zwei Aussagen aus der Saison-Vorbereitung im Kopf. Erstens: „Ich will die Spieler besser machen. Wir wollen einen modernen und schnellen Handball spielen, der den Fans Spaß macht. Zweitens: „Ich habe 19 Jahre lang auf der Schulbank gesessen.“ Was er dabei von Trainer-Legenden wie dem deutschen Bundestrainer Alfred Gislasson und dem dänischen Weltmeister-Coach Nikolaj Jacobsen gelernt hat, könnte sich jetzt auszahlen.

Bereits am Mittwochabend steigt das Gipfeltreffen beim HSV Hamburg (33:5 Punkte), der durch einen Sieg über den VfL (29:7) vorläufig enteilt wäre, und der Dritte TuS N-Lübbecke (27:9) liegt im Kampf um die beiden Aufstiegsplätze auf der Lauer. In der Konsequenz viel gravierender als die Pleite in Fürstenfeldbruck ist allerdings die Verletzung von Alexander Hermann, der in der 37. Minute einen Ellenbogen ins Gesicht bekam. Diagnose in der Klinik: Nasenbein mehrfach gebrochen, leichte Fraktur des Stirnbeins, schwere Gehirnerschütterung. Ob der 29 Jahre alte Rückraumspieler in dieser Saison überhaupt noch einmal für den VfL auflaufen kann, ist zurzeit völlig offen.