Harz beiseite
Weihnachten in Kenia: Handball im Regen, Übernachten in der Garage
Der 20 Jahre junge Korschenbroicher Simon Gorholt macht ein Freiwilligenjahr in Nairobi. Im dritten Teil der Geschichte erzählt er auch viel über seine Gastfamilie und Freizeit-Aktivitäten.

Erstaunlich: Simon Gorholt stellte immer wieder fest, dass es beim Handball manchmal weniger auf Umgebung oder Spielkleidung ankommt. Die gemeinsame Leidenschaft für den Sport verträgt auch unterschiedliche Sprachen. (Foto: SG)

Weihnachten in Kenia? Silvester in Kenia? Ungewöhnlich. Spannend. Aufregend. Aufschlussreich. Bereichernd. Simon Gorholt hat vor gut drei Monaten den Niederrhein verlassen, um weit von der Heimat entfernt in einem vom Verein „Jugend im Ausland“ aus Kiel organisierten Freiwilligen-Jahr eine ganz andere Welt kennenzulernen – kulturell, sprachlich, sportlich, wirtschaftlich, im Umgang der Menschen miteinander. Bereits der erste Teil seines Kenia-Berichts über die Zeit von Ende September bis Anfang November gab beeindruckende Einblicke weit über den Sport hinaus. Wie sich bei ihm speziell die Sache mit dem Handball entwickelt hat, konnten wir im zweiten Teil der Geschichte lesen. Nun erzählt Simon natürlich wieder vom Handball. Im Mittelpunkt steht allerdings seine Gastfamilie, die Simon längst ins Herz geschlossen hat – was offensichtlich auf Gegenseitigkeit beruht. Hier ist Teil drei des Kenia-Abenteuers von Simon Gorholt:

 

Handballprojekt

Mit dem Start in den Dezember gab es einige wetterbedingte Probleme mit der Ausführung des Projektes. Es hat ziemlich viel geregnet, wodurch die Schulplätze, auf denen wir normalerweise trainieren würden, überflutet waren. Das wiederum führte zu viel Matsch und machte das Training unmöglich. Dies bedeutet dann leider, dass wir unter solchen Bedingungen das Training absagen müssen, da wir keine Ausweichmöglichkeit wie beispielsweise eine Halle haben. Diesen Fall hatten wir im Dezember leider ziemlich regelmäßig, sodass wir insgesamt nur eine Woche effektiv trainieren konnten. Hinzu kam, dass die Schulen in der Zeit vor den Weihnachtsferien ihre Prüfungen schreiben lassen und somit in diesem Zeitraum ebenfalls nicht trainiert wurde – weil die Schulen das untersagen.

In dieser einen Trainingswoche wollten und haben wir dann kognitiv nichts allzu Anspruchsvolles trainiert. Wir haben hauptsächlich Spiele gespielt, welche die Schülerinnen und Schüler bereits kannten. Andererseits sind wir gerade dabei, ein Turnier zu organisieren, bei dem die einzelnen Schulen und das Community-Team gegeneinander antreten können. Dieses Turnier wird aufgrund der schwierigen Trainingsbedingungen und der häufigen Ausfälle vermutlich erst Richtung Ende Februar/Anfang März stattfinden.

 

PAYO (Pendo Amani Youth Organisation)

Neben dem Handballprojekt standen im Dezember bei der Organisation auch zwei Besuche von Unterstützer-Organisationen aus Schweden an. Diese Unterstützung ist für PAYO extrem wichtig, da sie eine Nicht-Regierungs-Organisation ist und keinen Profit erwirtschaftet. Somit wird einerseits natürlich finanzielle Unterstützung benötigt, andererseits sind Utensilien wie Kameras, Computer und so weiter ebenfalls sehr hilfreich für die einzelnen Projekte und Angebote der Organisation. Der Fokus lag damit auch auf diesen Tagen. Die Kinder und die Freiwilligen aus Kenia haben Tänze aufgeführt und die Projekte/Arbeit erneut erläutert. Vor den Ferien fand ebenfalls das Final-Turnier der PAYO-Fußballiga statt. Dies ist eines der größten Events der Organisation, bei dem an die Teilnehmer auch Schulbücher und weitere Sachen vergeben werden – die alle dringend benötigt werden.

 

Jetzt gehts los: Ein paar kleine Pfützen halten in Kenia offensichtlich keinen vom Handball-Training ab. (Foto: SG)

Freizeit

In meiner Freizeit, also grundsätzlich am Wochenende, bin ich häufig ebenfalls bei der Organisation, da die Atmosphäre im Community-Zentrum einfach nur genial ist – was vor allem auch an den anderen Freiwilligen und den Kindern hier aus Kenia liegt. In dieser Zeit sind die Tanz- und Musik-Angebote, an denen ich teilnehmen, aber auch manchmal etwas vermitteln kann. Dies trifft nur zu, wenn es zu den Drums geht, da ich bereits seit etwa 14 Jahren selber leidenschaftlich gerne Schlagzeug spiele. Ebenfalls kann ich nun bald endlich anfangen, selber wieder aktiv zu sein, bezogen auf Handball. Das Team steht fest, in dem ich mittrainieren und vielleicht sogar mitspielen darf. Darauf freue ich mich einfach nur riesig.

Andererseits: Mit dem Kennenlernen von anderen Freiwilligen aus Deutschland und Einheimischen aus Kenia konnte ich Städte wie Nairobi und Nakuru und deren Umgebung am Tag und in der Nacht erleben. Bis heute habe ich noch in keiner Weise irgendwelche schlechten Erfahrungen gemacht, bezogen auf die Menschen hier. Und ich war bereits einige Male auch alleine unterwegs – beispielsweise bei der vierstündigen Fahrt nach Nakuru. Somit kann ich die Menschen hier einfach nur als extrem freundlich und hilfsbereit beschreiben.

 

Gastfamilie

Ich lebe in einer Gastfamilie in Juja in der Nähe des Community-Zentrums und somit auch der Schulen. Ich brauche circa 30 Minuten zum Projekt mit dem Fahrrad, welches ich mir zugelegt habe – sobald ich hier angekommen war, da ich so um einiges unabhängiger bin für den Weg zur Arbeit. Andernfalls müsste ich auf andere Verkehrsmittel wie Bodabodas (Motorräder), Matatus (kleine Busse) oder Tuktuks (Dreiradtaxis) zurückgreifen. Das würde sich in der Summe nicht rentieren und ich kann mit dem Fahrrad bereits sportlich aktiv sein.

Nach ein paar ersten Tagen der Eingewöhnung habe ich schnell gemerkt, wie liebe – und fürsorgevoll die Familie ist. Bernard und Jane, meine Gasteltern, haben fünf eigene Kinder und fünf weitere adoptiert. Davon leben allerdings nur noch zwei Gastschwestern dauerhaft hier. Alle anderen sind bereits ausgezogen, haben teilweise schon eine eigene Familie gegründet und Kenia wegen Arbeit/Familie verlassen.

Ebenfalls auf dem Grundstück meiner Gastfamilie lebt der Vater meines Gastvaters, welcher bereits über 100 Jahre alt ist. Mit ihm lebt hier ein junger Mann, dessen Hauptaufgabe es ist, sich um die Tiere zu kümmern. Darunter sind vier Ziegen, über 15 Hunde, viele Kaninchen sowie Hühner und Hähne.

Ich lebe natürlich ebenfalls auf dem Grundstück – allerdings alleine in einem anderen Haus, das trotzdem dauerhaft von Besuchern mitbewohnt wird. Somit ist hier immer einiges los, auch an Weihnachten und Silvester.​

 

Weihnachten

Als es zeitlich Richtung Weihnachten ging, kamen immer mehr Familienmitglieder nach Hause. Neben einer Tochter, die zurzeit in Mali lebt und dort für die Vereinten Nationen arbeitet, kamen drei weitere Söhne jeweils mit ihren Familien: Somit waren wir bereits über 25 Leute. Mit so viel Andrang hatten selbst meine Gasteltern nicht gerechnet und deshalb wurde teilweise auf Couchen geschlafen. Andere wurden in der Garage einquartiert. Am Dezember, also bei uns Heiligabend, fand noch nicht viel statt, da Weihnachten hier Kenia erst mit dem 25. Dezember startet.

Somit begann es dann am Morgen des 25. Dezember mit dem Schlachten – ein Hahn, zwei Kaninchen. Hierbei habe ich natürlich tatkräftig mitgeholfen. Mit Einzelheiten verschone ich euch an dieser Stelle mal. Allerdings verlief es, soviel kann ich sagen, traditionell… Zu den bereits geschlachteten Tieren wurde Schweinefleisch zubereitet. Das Essen war einfach nur köstlich.

Lasst uns feiern! Simon Gorholt kann die Atmosphäre und Lebensfreude seine kenianischen Gastgeber in vollen Zügen genießen. (Foto: SG)

Über den Tag hinweg herrschte eine sehr entspannte Stimmung. Es wurde viel erzählt, gelacht, Musik gehört und getanzt. Am Abend wurde dann gegessen und es gab das eine oder andere Bierchen. Am 26. Dezember sind wir dann um sieben Uhr morgens in die Kirche gegangen und haben später die Kaninchen und den Hahn zubereitet. Zwischen Weihnachten und Silvester mussten wir spontan eine der Ziegen meiner Gastfamilie schlachten und zubereiten – weil sie mit einer anderen gekämpft hatte und dabei verstorben war.

An Silvester und über Neujahr sind mit der Cousine meiner Gastmutter und ihrer Familie noch weitere Besucher gekommen, die als Geschenk ebenfalls eine Ziege zum Schlachten mitgebracht hatten. Silvester lief ähnlich wie Weihnachten – mit einfach unfassbar viel Essen, Musik, Tanz und jeder Menge Spaß.

Feuerwerk spielt in Kenia nicht so eine große Rolle. Allerdings konnten wir uns gut das Feuerwerk an den Hotels der Umgebung ansehen. An dieser Stelle will ich noch einmal anmerken, dass die beschriebene Menge an Fleisch beim Essen in keinem Fall üblich ist in Kenia. Nur aufgrund der Feiertage wurde so viel geschlachtet und zubereitet.“

 

Was Simon in seinem Beitrag nicht erwähnt hat: Das seit 2017 in Kenia aktive Projekt, das auch der DHB unterstützt, wird über das Entwicklungs-Programm „weltwärts“ gefördert. Das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) übernimmt allerdings nur einen Teil der Kosten. „Wir Freiwilligen sollen unsere Arbeit bewerben und möglichst die fehlenden Gelder für unsere Projekte durch Sammlung von Fördergelder/Spenden unterstützen“, erläutert Simon Gorholt. Wer mehr darüber wissen will, kann uns gerne eine Mail zukommen lassen (redaktion@harzhelden.news). Wir versuchen dann, den Kontakt zu Simon herzustellen.

Infos zum gesamten Projekt:
jugend-im-ausland.de/laender/kenia
https://play-handball.org/de/home-de/
https://play-handball.org/de/informieren/