14. Februar 2022 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Der einstmals 20 Jahre junge Korschenbroicher Simon Gorholt ist jetzt 21. Und er hatte vor Kurzem ein paar tausend Kilometer von der Heimat entfernt Geburtstag. In Kenia. Dort lernt Simon seit ein paar Monaten in einem vom Verein „Jugend im Ausland“ aus Kiel organisierten Freiwilligen-Jahr eine ganz andere Welt kennen – kulturell, sprachlich, sportlich, wirtschaftlich, im Umgang der Menschen miteinander. Bereits der erste Teil seines Kenia-Berichts über die Zeit von Ende September bis Anfang November gab beeindruckende Einblicke weit über den Sport hinaus. Wie sich bei ihm speziell die Sache mit dem Handball entwickelt hat, konnten wir im zweiten Teil des Abenteuers lesen. Im dritten Kapitel der Geschichte stand seine Gastfamilie im Vordergrund. Nun folgt der vierte Teil – der nicht weniger beeindruckend ist als die vorherigen. Simon Gorholt erzählt natürlich auch wieder vom Handball. Darüber hinaus geht es unter anderem um ein Umwelt-Projekt zum Thema Plastikmüll und um verschiedene Bräuche des Lebens in Kenia. Am Geburtstag gab es zum Beispiel nicht nur eine Torte, sondern auch ein „Bad“ mit eiskaltem Wasser. Auch die vermeintlich lockere Fahrradtour wird Simon nicht so schnell vergessen: „Es war wie in der Eifel.“ Hier sind die Einzelheiten:
„Im Beitrag für den Monat Januar wird der Schwerpunkt wieder mehr beim Handball liegen – und beim Umweltaspekt, welchen ich durch das Ecobrick-Projekt in Angriff nehmen möchte. Zudem hatten wir hier bei PAYO in Juja das abschließende Event für das GBV-Projekt (GenderBasedViolence) und ich konnte mit meinem Geburtstag und den damit zusammenhängenden Bräuchen hier aus Kenia ebenfalls ganz neue Erfahrungen sammeln.
Handballprojekt
Im Januar konnten wir nach den Weihnachtsferien endlich wieder mit dem Training durchstarten. Wir mussten dabei nicht wieder wetterbedingte Trainingsausfälle befürchten, da der Januar hier zu den trockensten und heißesten Monaten gehört. Hingegen haben wir bei den Einheiten häufigere Trinkpausen gemacht, die auch nötig waren.
Unser Ziel war es, mehr zu spielnahen Situationen in Spielen wie “Zoneball” zu kommen. Dies liegt natürlich auch daran, dass wir gegen Ende Februar, Anfang März ein Turnier zwischen den einzelnen Schulen organisieren möchten. Dazu benötigen die Schüler/Schülerinnen natürlich Erfahrungen im eigentlichen Spiel – und nicht nur die einzelnen Techniken wie Passen, Fangen oder Dribbeln. Somit lag unser Schwerpunkt nun darauf, Abwehr- und Angriffstechniken zu vermitteln. Wir haben zum Abschluss des Trainings häufiger Handball gespielt, wobei die Schüler/Schülerinnen das Erlernte anwenden konnten.
Damit sich dies alle besser vorstellen konnten (nachdem es zum Anfang erhebliche Verständnis-Probleme gegeben hatte), haben wir die Teams in das Community-Zentrum eingeladen, wo wir mit Hilfe eines Projektors auch Theorie-Einheiten gemacht haben. Dies half den Kids, das Abwehr- und Angriffsspiel beim Handball besser zu verstehen. Häufiger haben wir einfach ganze Handballspiele geschaut, wie beispielsweise das Europameisterschafts-Finale von 2016 zwischen Deutschland und Spanien.
Ecobrick-Projekt
Neben dem Handball steht ja der Umweltaspekt im Vordergrund meines Projektes. Da ich hier allerdings nicht angeleitet wurde, habe ich selber beschlossen, etwas mit Bezug darauf zu starten. Ich hatte von den vorherigen Freiwilligen vom Ecobrick-Projekt erfahren – und finde die Idee so gut und vor allem umsetzbar, dass ich mir als Ziel gesetzt habe, das auch in den Schulen und unseren Teams zu präsentieren. Dies habe ich nun mit Hilfe von Samuli und Nakileto, meinen Mitfreiwilligen aus Kenia, gemacht. Somit haben wir wieder einerseits Teams ins Center eingeladen, um ihnen das Projekt und unsere Ideen vorzustellen. Bei den Teams, wo dies nicht möglich war, sind wir mit dem Projektor in die Schulen gegangen und haben es ihnen vor Ort vorgestellt.
Was sind Ecobricks beziehungsweise Ecobricking?
Ecobricks ermöglichen, die problematischen Eigenschaften von Kunststoff für etwas Positives zu nutzen. Denn genau der Umstand, dass es hunderte, ja sogar tausende von Jahren dauert, bis sich das Plastik zersetzt, macht es zu einem unglaublich haltbaren und vielseitigen Werkstoff. Das Anwachsen von Plastik-Müllbergen kann dadurch reduziert werden. Ecobricks verkörpern ein regeneratives Prinzip. Außerdem bringt uns das Projekt zum Nachdenken – und hoffentlich auch zu einem Umdenken.
Kunststoffe in der Biosphäre stören Flora und Fauna gleichermaßen. Toxische Nebenprodukte gelangen ins Grundwasser, Flüsse verdrecken, Tiere verenden mit Plastiktüten um den Hals. Im Meer bilden sich riesige Teppiche aus Plastikmüll mit Ausdehnungen von vielen Kilometern. Durch die Verwendung von Ecobricks können Materialien, die schädlich für die Umwelt und die sensiblen Öko-Systeme sind, langfristig aufbewahrt und kontrolliert werden. Kunststoffe zerfallen und kontaminieren, wenn ihre Oberfläche den Elementen (insbesondere Sonne, Wasser, Reibung) ausgesetzt ist. Durch das Einschließen von Kunststoff-Produkten (Plastiktüten, Strohhalme, Verpackungen und vieles mehr) in eine Flasche wird die Netto-Oberfläche des Kunststoffs um den Faktor von mehreren tausend reduziert.
Die Herstellung von Ecobricks
Einer der wichtigsten Aspekte der Ecobrick-Herstellung ist die Bildung des ökologischen Bewusstseins. Die Arbeit ist zwar einfach, aber auch etwas mühselig und aufwendig. Man merkt schnell, was alles an Plastik anfällt. Wichtig ist, dass die Plastikflaschen wirklich gut mit anderem Plastikmüll gefüllt werden. Ist die Flasche nicht richtig voll, leidet die Tragekraft, da sie eingedrückt werden kann.
Aus den fertigen Ecobricks kann man Module zusammenfügen. Dies geschieht unter Verwendung von Silikon aus einer Silikonpistole. Aus den Modulen kann man Tische, Stühle und vieles mehr bauen.
Ecobricks statt Recycling
Recycling ist gut, Recycling verbraucht aber Energie. Es ist auch kein einfacher Prozess, denn es werden komplexe Maschinen und Anlagen dafür benötigt. Somit ist dies in Kenia im größeren Maßstab einfach nicht möglich. Das Plastik landet unweigerlich im Meer, am Strand, in den Flüssen, in Wald und Feld oder im „besten“ Fall wenigstens auf einer Müllkippe. Genau da ist Ecobricking eine Lösung. Denn zum einen bindet man den schädlichen Plastikmüll und man kann ihn zum anderen praktisch nutzen. Gerade hier im warmen Kenia kann hervorragend mit Ecobricks gebaut werden. Eine komplexe Isolationstechnik und eine komplizierte Bauweise sind nicht vonnöten.
GBV-Event
Das Gender-Based-Projekt (GBV) der Organisation zielte vor allem auf Prävention, da weltweit fast jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben geschlechterspezifische Gewalt erlebt. Dies Zahl steigt in Krisensituationen noch mehr an und somit ist dies aktuell durch die Covid-Pandemie nicht anders. Dabei sind die Ursachen systematische Ungleichheit und Diskriminierung, welche wir den Teilnehmern aufgezeigt haben, um dies verständlicher zu machen. Hier stehen Einzelheiten:
Beim Abschlussevent waren alle Eltern der Schüler/Schülerinnen aus PAYO eingeladen. An dem Tag selber wurde ein Schauspieltanz aufgeführt und ein vorab gedrehter Film gezeigt, die jeweils die Problematik dieses schwierigen Themas aufzeigten. Abschließend folgten noch ein paar Reden der PAYO-Leitung. Zusammenfassend: Das Projekt und das abschließende Event waren ein Erfolg.
Geburtstag in Kenia
Eine ganz neue Erfahrung durfte ich in Bezug auf das Feiern meines Geburtstages machen. Nachdem wir vom Training der Schule wieder zurück ins Community-Zentrum gekommen waren, wurde ich erst mal “gewaschen”. Das ist hier typisch für das Geburtstagskind. Dabei schütten alle, wenn du natürlich noch voll bekleidet ist, kaltes Wasser über dich. Im Anschluss haben wir die von mir besorgte Torte gegessen. Hier musste ich nach der Tradition auch, nachdem ich gegessen hatte, alle anderen füttern. Der Tag wurde erfolgreich mit einem Abendessen zusammen mit der Gastfamilie abgeschlossen.
Radtour
Ebenfalls im Januar haben wir zusammen mit ein paar anderen Freiwilligen eine Fahrradtour gemacht. Diese, so hieß es zuerst, sollte entspannt und gar nicht allzu anstrengend werden. Schlussendlich haben wir über 100 Kilometer an Strecke zurückgelegt – wobei mir der Großteil vorkam, als würden wir gerade in der Eifel fahren. Es ging nur rauf und runter. Meine Beine konnte ich noch drei Tage später spüren und im Nachhinein wundert es mich überhaupt, dass die Tour so gut mit den uns zur Verfügung stehenden Rädern geklappt hat.
Wer mehr über die Organisation „PAYO“ (Pendo Amani Youth Organization) erfahren oder sich mehr Bilder aus Kenia ansehen möchte, wird hier fündig: