01. September 2022 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Eine Entscheidung fällt natürlich nicht im ersten von 26 Spielen für jede Mannschaft. Aber es wird definitiv einen Hinweis geben, der den Weg für die Saison 2022/2023 in der Regionalliga weisen könnte – weil es die Terminplaner so eingerichtet haben, dass es mit einer Art Finale losgeht, mit einem wirklichen Kracher auf jeden Fall. Eine der zentralen Frage: Schafft Interaktiv.Handball, einst als SG Ratingen unterwegs, vielleicht im sechsten Anlauf die ebenso intensiv wie bisher erfolglos angestrebte Rückkehr in die 3. Liga? Dreimal gab es den zweiten Platz – zuletzt in einer knappen Entscheidung hinter dem verdienten Aufsteiger TV Aldekerk. Dieser Zieleinlauf war für die Ratinger dann der Anlass, die Zusammenarbeit mit dem bisherigen Coach Ace Jonovski zu beenden und das Amt des Cheftrainers im Anschluss an die gescheiterte Suche nach einer Lösung von außerhalb auf den bisherigen Co-Trainer Filip Lazarov und Kapitän Alexander Oelze zu übertragen, den neuen spielenden Co-Trainer. Weil das Personal für den Rückraum etwa durch den vom Zweitligisten TSV Bayer Dormagen gekommenen Ex-Profi Ante Grbavac erneut aufgestockt wurde, bleibt dem Du0 Lazarov/Oelze eigentlich nur die Meisterschaft – unabhängig davon, dass in Simon Ciupinksi ein Lenker und Denker zur DJK Adler Königshof in die Oberliga gewechselt ist. Es gibt allerdings einen, der dem großen Rivalen liebend gerne einen dicken Strich durch die Rechnung machen würde. Großer Gegenspieler der Ratinger ist – mal wieder – der TV Korschenbroich, der Interaktiv am Freitagabend um 20 Uhr in der Waldsporthalle zum Gipfeltreffen erwartet.
Der neue TVK-Trainer Gilbert Lansen (Nachfolger von Dirk Wolf) hatte sich vor ein paar Wochen mitten in der Vorbereitung eher etwas vorsichtig geäußert: „Intern haben wir uns mit der Mannschaft noch nicht auf ein Ziel verständigt.“ Dass die Korschenbroicher nicht nur ein bisschen oben mitschwimmen wollen, stand allerdings damals schon fest. Und inzwischen liegt sogar eine echte Kampfansage vor. „Für uns geht es in diesem Jahr um den Aufstieg“, betont der Sportliche Leiter Klaus Weyerbrock, „wir alle, Verantwortliche und Mannschaft. sind bereit, das große Ziel in diesem Jahr in Angriff zu nehmen.“ Den Optimismus stützen eine überzeugende Vorbereitung des im Schnitt 23,8 Jahre jungen Teams, in dem fünf Neuzugänge stehen: Torhüter Mika Schoolmeesters (Niederlande), Til Klause, Henrik Ingenpaß (beide Neusser HV), Oliver Brakelmann (OSC Rheinhausen) und Max Eugler (TSV Bayer Dormagen). Nicht mehr im Kader sind Torhüter Max Jäger, Philip Schneider, Sascha Wistuba, Tim Dicks und Justin Kauwetter. Unter dem Strich gehen trotzdem alle davon aus, dass der neue Kapitän David Biskamp und Co-Kapitän Mats Wolf das Team als Führungsspieler durch eine starke Saison steuern. Am Freitagabend gegen 21.30 Uhr werden die Beteiligten etwas mehr wissen.
Der Vorjahresdritte HC Gelpe/Strombach, den viele durchaus als ernsthaften Konkurrenten für Ratingen und den TVK einordnen, hält sich ziemlich bedeckt – obwohl er jetzt im Halbfinale des Mittelrheinpokals den ebenfalls in der Regionalliga angesiedelten BTB Aachen am Ende glatt mit 31:24 (14:13) bezwang. „Das war lange ein hartes Stück Arbeit. Dann haben wir die Abwehr ein bisschen besser in den Griff gekriegt – mit einem grandiosen Marvin Blech hintendrin, der 38, 39 Prozent der Bälle gehalten hat und teilweise auch völlig freie. Er war der Garant dafür, dass der Gegner nur auf 24 Tore kam. Wir selbst hatten 31 und bei einer Angriffs-Effektivität von unter 50 ist das erträglich“, findet der neue Trainer Markus Murfuni, „wir haben gesehen, dass wir athletisch und ausdauertechnisch schon weit sind. Wir haben aber gesehen, dass wir noch ein paar Baustellen haben. Das war klar aufgrund der wenigen Zeit, die du hast.“ Die nächste Bewährungsprobe wartet am Sonntag beim OSC Rheinhausen, der mit dem neuen Coach Lars Brümmer auf mehr Ruhe als in der turbulenten Serie 2021/2022 hofft. Das mit der sorgenfreien Saison wünscht sich nicht nur der knapp vor dem Abstieg gerettete OSC, sondern grundsätzlich der versammelte Rest des Feldes.
Die HG Remscheid, zuletzt immerhin Fünfter der Abschluss-Tabelle, backt diesmal sogar deutlich kleinere Brötchen. „Wir hatten eine durchwachsene Vorbereitung und fast nie eine halbwegs komplette Mannschaft zusammen“, sagt Trainer Alexander Zapf, „was sich zu früher verändert hat: Die Jungs, die da sind, brennen, sind motiviert und heiß. Die erfahrenen Achim Jansen und Felix Handschke gehen voran, das ist gut. Wir haben nicht die Leute bekommen, die wir gerne gehabt hätten. Wir haben einen 14-Mann-Kader, das ist für eine Saison mit 26 Spielen dünn.“ Eine Position im einstelligen Bereich wäre demnach bereits ein ordentliches Resultat für die HGR, die ab jetzt nicht mehr auf Michael Heimansfeld zurückgreifen kann: „Er hat zuletzt eine überragende Saison gespielt und immer wieder Lösungen gefunden, wenn sonst nicht so viel lief bei uns. Er fehlt uns einfach. Die Liga ist besser geworden, unser Kader nicht.“ In eine vergleichbaren Region hofft der Neusser HV zu landen, bei dem die Neuzugänge Marco Bauer (TV Angermund) und Justin Kauwetter (TV Korschenbroich) im Team als Kapitäne fungieren. „Ich glaube, die Klasse ist dieses Jahr etwas ausgeglichener. Ich gehe davon aus, dass die Saison sehr spannend wird“, sagt Co-Trainer Julian Fanenbruck als rechte Hand von Josip Juricisc, „für uns ist es die oberste Priorität, möglichst schnell mit dem Abstieg nichts mehr zu tun zu haben. Wir wollen den siebten Platz von letzter Saison bestätigen und festigen. Wir wollen weiter wachsen.“
Die Festlegung auf ein konkretes Ziel macht in den Augen von Trainer Frank Berblinger bei der TSV Bonn rrh. (in der vergangenen Saison Sechster) wenig Sinn. „Mein Kapitän Daniel Fischer hat sich das Kreuzband gerissen und Tim Wilhelms hat sich einen Mittelhandbruch zugezogen. Wir waren in der Vorbereitung viel mit A-Jugendlichen und Spielern aus der zweiten Mannschaft unterwegs. Das war dann auf der einen Seite positiv, dass wir die A-Jugendlichen weiter an den Seniorenbereich heranführen konnten. Insgesamt ist es relativ schwierig für mich, eine vernünftige Einschätzung für die Saison vorzunehmen. Wir werden noch zwei, drei, vier Wochen brauchen. Wäre die Vorbereitung optimal gelaufen, hätten wir schon gesagt, dass wir ins obere Drittel möchten und auch gehören. Jetzt müssen wir eher sehen, wie wir reinkommen, wie wir unsere Punkte sammeln, wie wir stabil werden. Nach einem Drittel der Saison können wir vielleicht sagen, wohin die Reise geht.“ Für manche Konkurrenten sieht Berblinger klarer: „Oben hast du die üblichen Verdächtigen mit Ratingen, Korschenbroich und so weiter. Ich schätze Gelpe/Strombach sehr stark ein. Der BHC II und Refrath sind keine klassischen Aufsteiger. Ich glaube, dass sie beide eine sehr gute Rolle spielen werden.“
Das hört Mirko Bernau als Coach des Bergischen HC II möglicherweise gerne – ohne sich darauf direkt einzulassen. „Ich sehe TuSEM Essen II, Korschenbroich und Ratingen auf den Spitzenplätzen. Zu uns sage ich erst einmal nichts. Ich möchte da die ersten sieben bis acht Spieltage abwarten, bevor ich eine Einschätzung abgebe.“ Aus seiner mittelfristig angelegten Idee macht er dennoch kein Geheimnis: „Die zweite Mannschaft eines etablierten Bundesligisten gehört in die 3. Liga.“ Sehr zurückhaltend sieht im Übrigen auch der interne Blick der Refrather auf die nächsten Wochen und Monate aus: „Wir wollen nicht absteigen.“
Trainer Christopher Braun richtet sich eher auf eine herausfordernde Zeit ein. „Für uns wird das eine schwierige Saison“, glaubt Braun, „ich halte die Regionalliga für sehr stark und sehr ausgeglichen – mit den Ausnahmen Korschenbroich und Ratingen. Ich kann mir vorstellen, dass der eine oder andere Überraschungs-Kandidat auch noch da oben erscheint. Wir werden von Spiel zu Spiel schauen, wo wir punkten können.“ Deshalb wird für Braun bereits der Auftakt beim HC Weiden eine spannende Angelegenheit, zumal die Weidener mit dem bisherigen Co-Trainer Marc Schlingensief als Chefcoach (Nachfolger von Andreas Heckhausen) einen personellen Umbruch vollzogen haben und mit ihrer verjüngten Mannschaft in der Halle Parkstraße sicher keine Geschenke verteilen wollen. Schlingensief erwartet gleichfalls eine enge Saison: „Jeder kann jeden schlagen.“
Ebenfalls eine eher vage Saisonprognose steuerte Simon Breuer bei, der Martin Becker als Cheftrainer bei den personell ebenfalls umgebauten Aachenern abgelöst hat: „Wir wollen uns möglichst schnell einen guten Platz erarbeiten und dann schauen wir, wie es läuft.“ Ob es ein Vorteil ist, dass die Aachener am Freitagabend in Solingen beim in die Regionalliga einsortierten und außer Konkurrenz angesiedelten HSV Gräfrath/Donezk antreten sollen? Die Partie hat den Charakter eines Freundschaftsspiels, in dem keine Zähler vergeben werden. Eine Niederlage wäre also kein größeres Problem. Ganz logisch: Das werden sie in Korschenbroich und Ratingen ein bisschen anders sehen.