03. Februar 2021 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Es gibt eine breite Mehrheit unter den Handballern im Harzhelden-Gebiet: Jenen, die sonst mit Leidenschaft auf dem Feld unterwegs sind, tut die erzwungene Untätigkeit weh. Außerdem sind sich (fast) alle darüber einig, dass die aktuell immer noch „nur“ unterbrochene Saison 2020/2021 nicht mal mehr eine komplette Halbserie zusammenbekommt. Kurze Formel: Alle unterhalb der 3. Liga sind keine Profis und haben zurzeit praktisch ein Hallennutzungs-Verbot. Dass die Drittligisten ebenfalls auf Eis liegen, wäre im Grunde eine eigene Geschichte: Nach der Definition etwa des Deutschen Olympischen Sportbundes sind sie durchaus dem Profisport zuzuordnen. Hier prallen allerdings Theorie und Praxis aufeinander und die Beteiligten sehen sich zu einem gar nicht kleinen Teil eben nicht als Profi-Sportler. Trotzdem überlegen manche Vereine zurzeit gemeinsam mit dem DHB, wie sich wenigstens eine Art freiwillige Aufstiegsrunde zur 2. Liga realisieren lassen könnte, dann etwa nach einer entsprechenden Vorbereitungszeit im April und Mai. In den Klassen darunter sollten sie bei einem ähnlich gelagerten Interesse die Daumen drücken, dass es einen solchen Plan demnächst tatsächlich gibt. Einfache Rechnung: Nur dann, wenn die 3. Ligen Vereine nach oben abgäben, würden entsprechend Plätze frei. Weil das alles Zukunftsmusik ist, die vielleicht nie gespielt wird, haben wir uns nach einem anderen Modus umgesehen. Der nicht ganz ernst gemeinte, aber erstaunlich aufschlussreiche Vorschlag: Man ändere die Durchführungs-Bestimmungen und schmeiße für das Kalenderjahr 2020 die entsprechenden Teile der abgebrochenen Serie 2019/2020 sowie die der seit über drei Monaten unterbrochenen Saison 2020/2021 in einen Topf. Danach stünden aus dem Kreis jener, die Ambitionen nach oben haben, drei Aufsteiger fest. TuSEM Essen II dürfte sich über den Aufstieg aus der Regionalliga in die 3. Liga freuen, Borussia Mönchengladbach aus der Oberliga Niederrhein würde in die Regionalliga marschieren und den Pulheimer SC aus der Oberliga Mittelrhein mitziehen.
Regionalliga Nordrhein
Wirklich berühmt hat in den ersten Monaten 2020 keiner der Top-Vereine abgeschnitten. Verblüffend: Die schlechteste Bilanz liefert ausgerechnet die SG Ratingen – jener Klub, der bereits seit einer gefühlten Ewigkeit zurück in die 3. Liga will – und es zuletzt trotz prominenter Zugänge nicht geschafft hat. Zu den müden 6:10 Zählern aus der alten Saison kommen 4:2 aus der neuen, sodass es unter dem Strich 10:12 sind. Da liegen selbst der damalige Fast-Absteiger HG Remscheid (5:11/6:0) und der Titel-Konkurrent TV Korschenbroich (7:9/4:2) mit jeweils 11:11 Zählern eine Kleinigkeit besser. Unangefochtener Spitzenreiter wäre jedoch TuSEM Essen II (9:7/8:0), denn die Mannschaft von Trainer Nelson Weisz kann 17:7 Zähler anbieten.
Sollte der Verband die Regeln noch mehr ausdehnen und etwa dem Aufsteiger OSC Rheinhausen eine Mischung aus alter Oberliga-Saison und neuer Regionalliga-Serie gestatten, würde im Übrigen das Team von Trainer Thomas Molsner (14:2/6:2) mit 20:4 Punkten auf direktem Weg in die 3. Liga befördert. Weil diese Klasse für den OSC kein Schreckgespenst ist, sondern ein mögliches mittelfristiges Ziel, würden sie im Ruhrgebiet eventuell sogar zugreifen. Unter anderem die Verpflichtung von Torhüter Matthias Puhle, der zur nächsten Saison vom VfL Gummersbach aus der 2. Bundesliga nach Duisburg kommt, belegt ja die allgemeinen Visionen des Klubs.
Oberliga Niederrhein
Es kann aus dem Kreis derjenigen, die vielleicht oder ganz bestimmt den Weg nach oben beschreiten wollen, zunächst nur einen geben: Borussia Mönchengladbach. Das hat einerseits mit Trainer Ronny Rogawska zu tun, der sicher nicht gekommen ist, um auf Dauer in der Oberliga zu bleiben. Sein Ziel ist zunächst mindestens die Regionalliga und anschließend darf es gerne noch ein bisschen mehr sein. Die Bilanz von 12:0 Punkten aus den ersten sechs Begegnungen in 2020/2021 belegt, dass es die Borussia ernst meint. In der Addition mit den unter der Regie des damaligen Trainers Tobias Elis erreichten 9:5 Zählern aus sieben Partien 2019/2020 landet die Borussia bei 21:5 Punkten. Die DJK Adler Königshof, die am 10. Oktober 2020 in einem Krimi mit 22:23 gegen Mönchengladbach den Kürzeren zog, folgt bei 16:10 Zählern (10:6/6:4) mit einem relativ klaren Abstand. In der Mischung aus alter Saison eine Klasse tiefer und neuer Saison eine Klasse höher gäbe es ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Bergischen HC II, der wie die Borussia in 2020/2021 eine weiße Weste hat – 12:0 Punkte. Zusammen mit den 12:4 Punkten aus der Verbandsliga 2019/2020 ergäbe das 24:4 Zähler, die dem Aufsteiger hauchdünn die „Meisterschaft“ brächten. Die „Löwen“ wären mit ihrem Unterbau fürs Bundesliga-Team wohl zu hundert Prozent dabei.
Oberliga Mittelrhein
Hier gibt es sowohl auf den ersten als auch auf den zweiten Blick einen, den die Corona-Folgen besonders getroffen haben. Beim Pulheimer SC werden sie sich vermutlich immer noch mit Schaudern an ein Spiel erinnern, das nun schon fast ein Jahr zurückliegt: Am 15. Februar 2020 verlor die Mannschaft von Kelvin Tacke in eigener Halle gegen den HC Gelpe/Strombach hoch mit 19:31. Die Niederlage war damals das Aus im Kampf um die Meisterschaft, die Gelpe/Strombach für sich entschied – unter dem Strich auch verdient. Was damals keiner ahnte: Jenes Duell war der Schlusspunkt unter die danach nicht mehr fortgesetzte Saison 2019/2020. Ebenfalls wenig erbaulich lief ein halbes Jahr später der Start in die Serie 2020/2021. Nach dem 24:25 gegen den TV Birkesdorf folgten zwar zwei Siege, doch mit dem 34:24 über Fortuna Köln am 3. Oktober 2020 war das Ganze erneut vorbei für die „Hornets“.
Im gesamten Kalenderjahr 2020 hat der Pulheimer SC bloß acht Meisterschaftsspiele bestritten – vermutlich Negativrekord, weil weniger kaum geht. Außerdem erreicht er schon in dieser Woche die Vier-Monats-Marke ohne Beschäftigung für die Serie 2020/2021 – ebenfalls rekordverdächtig. Dem steht gegenüber, dass die insgesamt acht Aufgaben saisonübergreifend zu 13:3 Punkten geführt haben (9:1/4:2). Da käme selbst die HSG Refrath/Hand, deren Ziel der Aufstieg ist/war, bei 18:6 Zählern nicht ganz mit – 10:6 damals, 8:0 „heute“. Über die Quotientenregelung lägen die Hornets trotz ihrer kleineren Anzahl an Spielen vor der HSG (1,62/1,50).
Spezielles Problem des Mittelrheins: Dort denkt offensichtlich überhaupt niemand daran, die Saison irgendwie fortzusetzen – nicht mal, um einen Meister zu ermitteln. In einem vor einer Woche veröffentlichten Beschluss des HVM-Präsidiums steht es deutlich: „Die Aussetzung des Spielbetriebs wird zunächst bis zum 15.03.2021 verlängert. Sollte danach keine umfassende Wiederaufnahme des Spielbetriebs möglich sein, wird die Runde nicht gewertet. In diesem Fall wird der Spielbetrieb weiterhin nach den gültigen Spielplänen fortgesetzt, um die Wiederaufnahme des Spielbetriebes für den Fall zu gewährleisten, dass die politischen Entscheidungen dies zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb der Spielsaison zulassen. Es verbleibt jedoch in jedem Fall dabei, dass die Runde nicht gewertet wird. Es wird keine Auf- und Absteiger in den Spielklassen des HVM sowie denjenigen der angeschlossenen Handballkreise geben.“ Etwas anders scheint es in der Regionalliga (Handball Nordrhein) und in der Oberliga Niederrhein auszusehen. Insbesondere einige Regionalligisten wie Ratingen und Korschenbroich sollen sich sehr intensiv dafür einsetzen, freiwillige Aufstiegsrunden zu planen. Die Wette gilt: Handball Nordrhein und der Niederrhein werden dem Beispiel des Verbandes Westfalen folgen. Dann könnten ja zum Beispiel auch die mitmachen, die in der ganz besonderen Jahreswertung vorne liegen.